Waffenbrüder von morgen: Rüstungskonzern-Chef für strategische Kooperationen

Europa investiert „gar nicht so wenig in seine Verteidigung“, sagt Roberto Cingolani. Für den CEO des italienischen Rüstungskonzerns liegt das Problem in der Effizienz der nationalen Verteidigungsausgaben. Jeder koche sein eigenes Süppchen.
Titelbild
Roberto Cingolani, CEO von Leonardo SPA, während eines Interviews mit AFP während der Farnborough International Airshow 2024, südwestlich von London, am 23. Juli 2024 (Symbolbild).Foto: Justin Tallis/AFP via Getty Images
Epoch Times2. Januar 2025

Der Chef des italienischen Rüstungskonzerns Leonardo Aerospace, Roberto Cingolani, fordert eine intensivere Zusammenarbeit der Branche.

„Wir wollen Allianzen in der europäischen Verteidigungsindustrie vorantreiben“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Europas Unternehmen seien „groß, aber längst nicht so groß wie etwa US-amerikanische Unternehmen“.

Daher habe sich sein Unternehmen das strategische Ziel verordnet, „europäische Giganten zu schaffen, die auf Kooperation gründen“. Er sagt, „Europa muss sich selbst organisieren“.

CEO: Wichtig sei nicht, „wie viel wir investieren, sondern wie wir investieren“

Der italienische Konzern hat sich auf Luft- und Raumfahrt, Verteidigung und Sicherheit spezialisiert. Leonardo hat im Oktober 2023 die Verträge für ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Düsseldorfer Panzerhersteller Rheinmetall unterzeichnet und hält knapp 23 Prozent am Münchner Sensorik-Experten und Rüstungsunternehmen Hensoldt.

Seit 2023 ist Roberto Cingolani CEO des Unternehmens. Der promovierte Physiker war zuvor Professor mit Expertise in Robotik und KI. Im Kabinett von Mario Draghi war er als Umweltminister tätig.

Cingolani betont, Europa investiere „gar nicht so wenig in seine Verteidigung“. Das Problem liege jedoch in der Effizienz der nationalen Verteidigungsausgaben.

Wichtig sei nicht, „wie viel wir investieren, sondern wie wir investieren“, so der Manager aus Rom. „Jeder arbeitet an seiner eigenen Strategie und seinen eigenen Waffensystemen und Plattformen“, diese Arbeit müsse besser koordiniert werden.

„Löchriges Fass“ oder gemeinsamer Verteidigungshaushalt

Die Ernennung eines EU-Kommissars für Verteidigung sei ein „wichtiger Schritt nach vorn“. Nun sei allerdings auch ein gemeinsamer europäischer Verteidigungshaushalt notwendig, um die Investitionen zu bündeln.

„Sie können in ein löchriges Fass noch so viel Wasser gießen, immer mehr und immer mehr – es läuft an allen Seiten eh wieder heraus“, so der Manager.

Das Ziel müsse sein, „von einer Finanzierung durch die nationalen Haushalte auf einen europäischen Fonds“ umzusteigen. Dies sei „keine banale Angelegenheit“ und gehe „nicht von heute auf morgen“. Man habe allerdings „auch keine zehn Jahre mehr Zeit für solche Schritte“.

Ein Militärhubschrauber landet neben einem italienischen Eurofighter im albanischen Kucove. Der Luftwaffenstützpunkt wurde nach einer Modernisierung feierlich neu eröffnet, es ist der erste Nato-Stützpunkt seiner Art in der Region.

Ein Militärhubschrauber neben einem italienischen Eurofighter im albanischen Kucove. Foto: Armando Babani/AP/dpa

Über einen Europäischen Verteidigungsfonds wird bereits länger diskutiert. Neben einer besseren Autonomie der EU-Verteidigungsindustrie soll der Fonds Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit bis zu 100 Prozent der förderfähigen Kosten finanzieren.

Kritiker hinterfragen, ob dazu der EU-Haushalt genutzt werden muss oder die Finanzierung nicht durch koordinierte Mittel der Mitgliedstaaten erfolgen kann. 

Für den Zeitraum 2021 bis 2027 wurden im April 2021 etwa 8 Milliarden Euro beschlossen und bereitgestellt, davon 2,7 Milliarden für Forschung und 5,3 Milliarden Euro für Entwicklungsprojekte.

Der Konzern als „Zehnkämpfer“

Leonardo ist unter anderem in den Bereichen Elektronik, Cybersicherheit und Luft- und Raumfahrt aktiv. „Wäre Leonardo ein Sportler, wären wir vermutlich ein Zehnkämpfer“, sagte Cingolani. „Wir machen Hochsprung, Weitsprung, 100-Meter-Lauf, Kugelstoßen.“

Beim Decathlon sei man „vielleicht in keiner dieser Disziplinen Weltmeister. Aber man ist immer unter den ersten fünf, und vor allem: Man kann alles.“

Gemessen am Umsatz 2020 von über 15 Milliarden Euro war der Konzern mit Sitz in Rom der zwölftgrößte Rüstungskonzern der Welt. Er hat fast 60.000 Beschäftigte. Die italienische Regierung hält einen Anteil am Unternehmen von rund 30 Prozent.

Leonardo gliedert sich in fünf Geschäftsbereiche und entwickelt, produziert und wartet Hubschrauber, Flugzeuge, Flugzeugkomponenten, Elektronik und Cybersicherheit.

Das Unternehmen arbeitet bereits zu einem Netzwerk von Joint Ventures und Produktpartnerschaften. Dazu zählen das Global Combat Air Programm (Großbritannien, Japan und Italien) mit BAE Systems und Mitsubishi Heavy Industries für ein Kampfflugzeug der 6. Generation, der Eurofighter und Überschall-Projekte mit der Airbus-Gruppe. (dts/red)



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