Deutscher Weltmarktführer-CEO: Wir bewältigen Krisen, während „die Politik unseren Abstieg managt“
Die Lehnhoff Hartstahl GmbH in Baden-Württemberg stellt mit rund 240 Mitarbeitern Werkzeugsysteme für Baumaschinen verschiedenster Größen her. Ohne Baggerschaufeln baut sich nichts, dutzende Baggerhersteller von Caterpillar bis Volvo sind darauf angewiesen.
Das Unternehmen agiert eher im Hintergrund, ist jedoch ebenso systemrelevant wie ein Unternehmen, mit denen die meisten Menschen alltäglich zu tun haben. Die Baubranche und ihre Ausstatter bilden quasi das Fundament der deutschen Wirtschaft.
Der CEO von Lehnhoff, Michael Koenig, bot der Epoch Times einen exklusiven Einblick in die Unternehmensabläufe. Dazu nahm er Stellung zur marktwirtschaftlichen Lage des Industriebetriebes, dessen Problemen und wie er sie bewältigt.
Ihr Unternehmen produziert Baggerschaufel/-löffel und Schnellwechsler für Baumaschinen. Wie groß war die größte Baggerschaufel, die Sie produziert haben? Und die Kleinste?
Die Baggerschaufeln, die wir am Standort Baden-Baden produzieren, sind zwischen 30 kg und bis 10.000 kg, also bis zu zehn Tonnen schwer. Aber unser Hauptprodukt sind die Schnellwechsler (Adapterstücke zwischen Baggerschaufel und -arm). Für mechanische, hydraulische und vollhydraulische Schnellwechsler sind wir weltweit der einzige Anbieter. Wir stellen rund 3.000 unterschiedliche Varianten her – für jeden Bagger-Hersteller in unterschiedlichen Größen.
Wir haben bei diesen Produkten Marktanteile in Deutschland und auch in der Schweiz von über 80 Prozent. Damit sind wir mit diesen Schnellwechslern der unangefochtene Marktführer.
In diesen von Krisen geprägten Zeiten haben viele Unternehmen Schwierigkeiten. Was sind die derzeit größten Herausforderungen für Ihren Betrieb?
Momentan haben auch wir Schwierigkeiten und Krisen. Eine große Herausforderung ist für uns derzeit die Supply Chain, also unsere Lieferkette. Es gibt immer wieder Lieferprobleme. Infolgedessen liefern wir verspätet an unsere Kunden, weil einzelne Bauteile fehlen. Wenn ein Schnellwechsler nicht rausgeht, steht beim Hersteller das Band oder diese Produkte müssen dann aufwendig nachgerüstet werden.
Da Lehnhoff international agiert, haben wir jetzt auch große Probleme mit dem Wechselkurs. Der Dollar ist extrem stark geworden, das heißt für uns teilweise bis zu 15 Prozent Verteuerung nur durch den Wechselkurs – etwa, wenn wir Drehmotoren aus den USA brauchen. Auch diese Zulieferer haben wiederum Probleme mit ihrer Herstellung und ihren Lieferanten. Da ging es teilweise um Dichtungen aus China, die nicht rechtzeitig geliefert wurden. Uns betrifft das auch. Wir sind allein bei den Drehmotoren mit über 4.000 Einheiten im Rückstand. Demnach können wir 4.000 Schnellwechsler, die mit solchen Drehmotoren bestellt wurden, nicht ausliefern. Das ist schon gewaltig.
Wir selbst hatten auch schon das Problem mit fehlenden Kleinteilen, wie etwa Schrauben eines renommierten Herstellers aus China, weil Container aus China nicht pünktlich geliefert wurden. Einmal ist sogar ein ganzes Schiff verschwunden.
Eine weitere Last für unser Unternehmen sind die gestiegenen Zinsen. Dennoch haben wir keine Liquiditätsprobleme. Wir finanzieren uns aus dem Eigenkapital.
Inwiefern betrifft Sie die Energiekrise?
Die gestiegenen Energiepreise stellen für uns ein großes Problem dar. Unsere Energiepreise haben sich verdreifacht im Vergleich zu vor etwa einem Jahr. Das fällt ins Gewicht, da wir schweißen und energieintensive Maschinen haben. Im Zuge der Strompreisbremse werden wir auch einen Antrag stellen und Geld zurückbekommen. Aber wir sprechen hier von geschätzten Mehrkosten von über einer Million Euro für den Betrieb.
Das spüren wir auch beim Einkauf unseres Stahls. Wir beziehen unseren Stahl noch aus Deutschland. Unser Hauptlieferant ist seit 30 Jahren im Bereich Stahlguss ein deutsches Unternehmen aus Westfalen. Die haben uns am Jahresende mitgeteilt, dass sie uns allein aufgrund der Energiepreiserhöhungen den Preis für den Stahlguss um 35 Prozent erhöhen müssen. Da sind aber noch keine Lohn- und Gehaltsanpassungen oder sonstige Erhöhungen eingeschlossen.
Dennoch haben wir innerhalb des letzten Jahres unsere Preise nur um 3 bis 5 Prozent erhöht. Die Stahlpreise sinken wieder, der Euro wird im Vergleich zum Dollar wieder stabiler und man muss auch an die Konkurrenz in Indien und China denken, wo der Energiepreis keine Rolle spielt.
Jeder zweite Chef überlegt, seinen Betrieb zu verkleinern. Manche überlegen auch, ihre Firma ins Ausland zu verlegen. Sie auch?
Nein, uns trifft es nicht ganz so hart wie andere. Wir haben momentan in Summe die erfolgreichsten Geschäftsjahre der Unternehmensgeschichte. Auch hier am Standort Baden-Baden könnten wir wesentlich mehr machen. Wir haben einen unglaublich hohen Auftragsbestand. Die Lieferzeit beträgt derzeit zwischen sechs und zwölf Monaten – teilweise länger. Wir haben in diesem Marktsegment sehr positive Aussichten.
Wie betrachten Sie die Rolle der deutschen Politik angesichts der Krisen? Was könnte sie tun, um die Krisen zu entschärfen?
Eine große Krise ist der Ukraine-Krieg. Dieser schadet allen. Gleichzeitig läuft eine große Umverteilung. Europa und insbesondere Deutschland muss aufpassen, dass es durch diese Situation nicht deindustrialisiert wird. In der Solartechnologie waren wir mal führend, heute hat China hier die Vormacht. Da gibt es viele Beispiele.
In den goldenen 10er- und 20er-Jahren gab es in der Politik große Versäumnisse. Wir haben uns auf unserem Wohlstand ausgeruht. Nun geht es nur noch um ein Managen des Abstiegs. Mit der Dekarbonisierung sollte Deutschland in den „grünen“ Technologien wieder eine Führungsrolle übernehmen.
Der Weg der Grünen und auch das Abschalten der Atomkraftwerke sind ideologisch richtig, praktisch aber falsch, wenn man den Atomstrom letztlich aus Frankreich importiert.
Was können Sie unseren Lesern empfehlen, wie sie wirtschaftlichen Krisen erfolgreich begegnen können?
Hier sind wir Unternehmer gefragt. Wir müssen mehr mit der Politik kommunizieren. Die Politiker haben oft nur irgendwelche Lehrbücher gelesen und kennen sich mit der Praxis gar nicht aus. Hier müssen wir Sorge tragen, dass sie mit dem richtigen Wissen die richtigen Entscheidungen treffen.
Würden Sie Stand heute noch mal ein Unternehmen gründen? Wenn ja, was für eines?
Selbstverständlich würde ich als Unternehmer noch mal ein Unternehmen gründen. Das bedeutet Aufbruch. Wenn die Gesellschaft aufhört, aufzubrechen, dann hat sie schon verloren. Ohne diese Gründergene, ohne den Willen etwas bewegen zu wollen, werden wir in die Bedeutungslosigkeit versinken.
Die heutige Generation hat da leider eine ganz andere Wertvorstellung. Es wird immer schwieriger, sie in die Verantwortung zu ziehen. Aber eine gewisse Disziplin und Bereitschaft, was leisten zu wollen, ist wichtig. Nur so kann man etwas erreichen.
Der Wohlstand fällt nicht vom Himmel. Wenn wir unseren gewohnten Wohlstand behalten wollen, müssen wir auch dran arbeiten und auch wieder Firmen mit neuen Ideen gründen.
Sie haben 2015 eine neue Endmontagehalle gebaut. Hat sich dieser Neubau für Sie gelohnt? Würden Sie weiter expandieren, wenn Sie die Fläche hätten?
Definitiv. Wir haben uns in den letzten Jahren von einer Schweißerei und Schlosserei in einen industriellen Fertigungsbetrieb mit einem hohen technologischen und innovativen Verständnis gewandelt. So konnten wir durch Umschichtung im Unternehmen mehrere Arbeitsplätze gewinnen. Roboter automatisieren den Betrieb, um die Produktivität zu erhöhen.
Dabei wollen wir keinesfalls Mitarbeiter entlassen, sondern sie betriebsintern an anderer Stelle einsetzen. Personalmangel ist bei uns auch ein großes Problem. Erst letzte Woche haben wir ein vollautomatisches 5-Achs-Bearbeitungszentrum gekauft und im Mai wird ein neuer Schweißroboter mit Handlingsautomat installiert. So können wir durch Umschichtung im Unternehmen mehrere Arbeitsplätze gewinnen.
Die Auslagerung unserer Montageprozesse in unsere neue Montage- und Logistikhalle zeigt, dass unsere Produkte technologisch weiterwachsen.
Gibt es in der Baubranche auch Überlegungen über E-Bagger? Also E-Baumaschinen ohne Diesel-Antriebe?
Elektrisch betriebene Baumaschinen gibt es bereits in verschiedenen Größen – von 2 bis 100 Tonnen Eigengewicht. Das größte Problem ist dabei jedoch die Infrastruktur und das Versorgungsproblem. In vielen Bau- oder Abbaugebieten gibt es die nötige Infrastruktur zum Nachladen gar nicht.
Allerdings bieten diese Umwälzungen wiederum Chancen für Veränderungen. Elon Musk hat die Automobilbranche revolutioniert. Elektroautos gab es zwar schon 1908 in Berlin von Siemens, aber sie haben sich damals nicht durchgesetzt. Es braucht die richtige Zeit und die Infrastruktur.
Wo sehen Sie ihr Unternehmen in fünf oder zehn Jahren?
Wir wollen uns auch international ausdehnen. Ein Zielmarkt sind die USA, aber auch Japan. Da sind noch unglaubliche Potenziale. Wir müssen aber organisch wachsen. Wir haben derzeit Wachstumsraten von 25 bis 30 Prozent erreicht und das können wir auch in Zukunft erreichen.
Was benötigt ein Unternehmer, um einen Betrieb erfolgreich zu führen?
Zunächst braucht ein Unternehmer ein gutes und zuverlässiges Produkt und das Fachwissen. Dabei beträgt die Halbwertszeit des Wissens in der Baubranche etwa 20 Jahre. Außerdem müssen Sie den Kunden überzeugen sowie die nötigen Strukturen und Freiräume für die Mitarbeiter schaffen. Sie brauchen eine gewisse Weitsicht, eine strategische Planung und dürfen nicht nur kurzfristig auf Quartalszahlen schauen.
Auch muss ein Unternehmer auf die Liquidität und den Ertrag achten. Gleichzeitig muss er die Gewinnschwelle baldmöglichst erreichen. Eine weitere wichtige Eigenschaft ist, technologieoffen zu sein. Dazu gehört auch, die eigenen Mitarbeiter von neuen Wegen zu überzeugen. Nicht zuletzt muss sich ein erfolgreicher Unternehmer mit vielen Bereichen beschäftigen und einen offenen Horizont haben.
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