VW muss stärker sparen – Einstellungsstopp
Keine Neuzugänge von außen, bessere Führung nach innen: Volkswagen muss beim Personal noch stärker sparen und will den Kostendruck für klarere Schwerpunkte im Umbau zu E-Mobilität und Digitalisierung nutzen.
„Der Vorstand fährt wegen Corona und Liquiditätssicherung einen Einstellungsstopp bis mindestens Ende des Jahres“, sagte Betriebsratschef Bernd Osterloh der VW-Firmenzeitung „Mitbestimmen“.
„Ich denke, das bringt Druck auf ein Thema, was wir dringend brauchen: Transformation. Wir müssen uns überlegen, was wesentlich ist.“ Der neue Kernmarkenchef Ralf Brandstätter sagte, Auslieferungen und Umsatz brächen vielfach weg. „Daher haben wir uns entschieden, zunächst einmal keine neuen Menschen an Bord zu holen.“
Der Manager, der Konzernchef Herbert Diess kürzlich in der Leitung der VW-Hauptmarke abgelöst hatte, betonte, grundsätzlich gelte im Unternehmen die Beschäftigungssicherung weiter bis zum Jahr 2029. Durch den vorläufigen Verzicht auf externe Neueinstellungen werde nun aber eine bessere Priorisierung der Personalressourcen sowie eine Balance zwischen dem Wegfall alter und dem Aufbau neuer Jobs angestrebt.
Osterloh räumte ein: „Wir haben zu wenig Zeit investiert in das Thema Transformation.“ Jetzt sei VW an einem Punkt, an dem man auch mit Blick auf den zunehmenden Sparbedarf erkennen müsse: „Zu sagen, dass man nicht mehr extern einstellt, führt natürlich dazu, sich verstärkt überlegen zu müssen, wie ich Beschäftigte weiterentwickele.“
Laut Brandstätter muss der Autohersteller trotz hoher Gewinne im vergangenen Jahr vorsichtig sein: „Wir müssen auch festlegen, was wir verstärkt weglassen. Es gilt jetzt wirklich, jeden Euro umzudrehen, bevor wir ihn ausgeben – und mit absoluter Kostendisziplin zu arbeiten.“ Die Belegschaft „kontinuierlich mitzunehmen“, sei wichtig. „Das Unternehmen ist in einer wirklich schwierigen Situation.“
Die Autobranche ist aufgrund der Zurückhaltung der Verbraucher unter Druck, der Absatz sank zuletzt stark. Die Lager und viele Autohäuser sind voll, der Abverkauf fertiggebauter Modelle ist – trotz der auf E- und Hybridautos beschränkten Zuschüsse – schwierig. „Corona wird uns weiter viel abverlangen – dem gilt meine ganze Aufmerksamkeit“, sagte Brandstätter. Bei den Auftragseingängen verzeichne VW eine leichte Erholung, in Deutschland spüre man zudem wieder Nachfrageimpulse. „Aber wir sind noch lange nicht auf dem Niveau wie vor Corona.“
Nach Einschätzung Osterlohs dürfte der VW-Konzern – die größte Autogruppe der Welt – im laufenden Jahr „natürlich nicht wieder auf 11 Millionen Fahrzeuge kommen und in der Marke auch spürbar verlieren“. Für die Folgejahre zeichne sich ebenso ab, „dass wir eben leider nicht so schnell auf den alten Stand zurückkommen“. Er sorge sich überdies um Zulieferer. Nach dem Auslaufen der Kurzarbeit könne es „noch brutale Erkenntnisse geben“, so Osterloh: „Wenn Schlüsselzulieferer insolvent sind und abgewickelt werden müssen, kriegen wir unter Umständen keine Teile mehr.“ Brandstätter versprach zur Auslastung der VW-Standorte: „Wir wollen eine optimale Lösung für alle Werke finden.“
Jüngst hatte es heftigen Streit über die Kommunikation des Managements rund um den schleppenden Anlauf des Golf 8 gegeben. Viele Beschäftigte fühlten sich allein gelassen. Der Konflikt hatte sich so sehr hochgeschaukelt, dass sich Diess im Aufsichtsrat zu den Technik- und Softwareproblemen erklären musste. Osterloh mahnte: „Wir müssen noch stärker sagen und erklären, was nicht funktioniert. Wir müssen intern ehrlicher sagen, was nicht läuft und wo wir noch nicht auf dem Stand sind, den wir eigentlich wollen. Das ist auch Führungsaufgabe.“
Osterloh war Diess im Frühjahr wegen dessen Management-Stils und Technikproblemen beim neuen Golf hart angegangen. Zuletzt stellte er sich bei einer Befragung durch Investoren hinter den Konzernchef. Er habe Diess die „volle Unterstützung der Gewerkschaften“ zugesagt und betont, dass IG Metall und Management in strategischen Fragen voll übereinstimmten, hieß es in einem Bericht eines Finanzdienstleisters jüngst. Zuvor hatte die „Wirtschaftswoche“ darüber berichtet.
Seinem Eindruck nach funktioniere das beim Golf-Anlauf inzwischen besser. „Ich hoffe, dass wir dieses Auto jetzt noch einmal mit neuem Schwung beim Händler präsentieren können“, so Osterloh. Brandstätter meinte zu Beratungen mit Vertrauensleuten der IG Metall im Juni: „Das war ein gutes Treffen.“ Er bekannte sich zur Belegschaftsmitsprache: „Streitpunkte müssen wir zusammen lösen im Sinne des Unternehmens und dann auch sauber an die Belegschaft kommunizieren. Die Mitbestimmung und auch der intensive Dialog mit dem Betriebsrat gehören zu Volkswagen wie der Käfer, wie der Golf und wie die VW-Currywurst.“ (dpa)
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