VW muss Milliarden für CO2-Reduktion ausgeben
Volkswagen setzt sich nach dem Beschluss des sogenannten Green Deal der EU neue und erweiterte Klimaziele. Bis Ende des Jahrzehnts solle der durchschnittliche CO2-Ausstoß der VW-Pkw in Europa um 40 Prozent sinken.
Der Gesamtkonzern peilt bis 2030 – ebenso bezogen auf das Basisjahr 2018 – eine Senkung um 30 Prozent an. Man werde die „Elektro-Offensive jetzt nochmals beschleunigen“ sagte Markenchef Ralf Brandstätter der Deutschen Presse-Agentur. Unter anderem soll die Produktionskapazität für reine E-Autos erweitert werden.
Hinzu kommen noch einmal entsprechend erhöhte Ausgaben. „Insgesamt werden wir in den nächsten fünf Jahren 14 Milliarden Euro in die Dekarbonisierung von Volkswagen investieren“, so der Markenchef. Dies umfasse zum Großteil (13 Mrd Euro) den weiteren Ausbau der Palette elektrifizierter VW-Modelle, aber auch ergänzende Projekte, etwa für eine CO2-ärmere Fertigung. Zuletzt hatten die Wolfsburger für ihre Hauptsparte mit 11 Milliarden Euro für die E-Mobilität bis inklusive 2025 kalkuliert. Im Konzern belaufen sich die zugehörigen Investitionen auf 35 Milliarden Euro. Die VW-Gruppe war bisher für schätzungsweise ein Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.
Damit das Angebot mit den eigenen Klimazielen Schritt halten kann, sollen in Europa künftig mindestens 300 000 reine E-Autos zusätzlich pro Jahr gebaut werden. Bis 2030 soll die Elektroquote der verkauften Wagen hier dann die Schwelle von 70 Prozent erreichen, in China und Nordamerika wenigstens 50 Prozent. „Der Kampf gegen den Klimawandel kann aus unserer Sicht nur gewonnen werden, wenn wir Dekarbonisierung von Wirtschaft und Verkehr mit aller Kraft vorantreiben“, sagte Brandstätter.
Aktuell gelte es, die Balance zwischen diesem Umbau und kurzfristigen Belastungen zu halten: „Wir befinden uns einer anspruchsvollen Situation“, so Brandstätter. „Auf der einen Seite geht es derzeit vor allen Dingen darum, die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Auf der anderen Seite muss Volkswagen gleichzeitig die eigene Transformation weiter vorantreiben.“ Ende 2020 war es nach dem zwischenzeitlichen Pandemie-Einbruch wieder besser gelaufen. Zahlen zum ersten Quartal 2021 will VW am 6. Mai vorlegen.
Die CO2-Bilanz eines E-Autos ist nur dann wirklich gut, wenn es mit Ökostrom fährt. VW beteiligt sich am Ausbau erneuerbarer Energien. „Wir unterstützen zwischen 2021 und 2025 mit mehr als 40 Millionen Euro den Aufbau von Wind- und Solarparks.“ So ließen sich bis zu 7 Terawattstunden an Grünstrom erzeugen. „Das entspricht in etwa 300 Windrädern und würde den Strombedarf von jährlich 600 000 Haushalten decken. Damit sollte es uns gelingen, unsere vollelektrische ID-Flotte in Europa auch bilanziell CO2-neutral zu stellen.“
Für das Werksnetz werden die internen Klimaziele ebenso angehoben. Der CO2-Fußabdruck der Fertigung soll sich bis 2025 verglichen mit 2015 halbieren, ab 2030 sollen dann sämtliche Fabriken weltweit – China vorerst ausgenommen – mit Ökostrom versorgt werden. „China ist energiepolitisch sicher in einer Sondersituation“, so Brandstätter. „Aber auch hier wird der Anteil erneuerbarer Energien schnell ansteigen.“ Für die jetzt gebaute neue E-Auto-Fabrik in Anhui etwa gelte: „Das Werk wird ausschließlich mit grünem Strom betrieben werden. Also: Es gibt einen klaren Fahrplan, auch in China.“
In Europa weitet der Konzern die Batteriezell-Fertigung stark aus – auf insgesamt sechs Standorte. Neben Salzgitter, wo als Pilotprojekte schon eine Zellfertigung und Recycling-Anlage laufen, ist Skellefteå in Schweden bekannt. Bis 2030 folgen vier weitere Fabriken.
Porsche-Chef Oliver Blume hatte kürzlich angekündigt, dass die VW-Tochter ein Zellwerk in Tübingen bauen möchte. Brandstätter sagte, von Vorteil sei „natürlich, dass man die Batteriezellen dort hat, wo auch die Fahrzeuge gebaut werden. Also zum Beispiel in Europa für Europa. Wir streben immer auch lokale Wertschöpfung an.“ Wo genau die übrigen Werke entstehen sollen, sei derzeit noch nicht entschieden.
CO2-Reduktion solle zudem in den Lieferketten vorankommen. „Natürlich schauen wir uns alle Bauteile an, die von Zulieferern bezogen werden: Welche haben mehr oder weniger Einfluss auf die CO2-Bilanz?“ Es gehe etwa um Batteriegehäuse oder die Glasproduktion. „Wir sind überzeugt davon, dass uns die Zulieferer mit diesen Initiativen folgen. Das machen viele aber auch schon von sich aus und kommen mit Vorschlägen.“ Es gebe hier ein gemeinsames Interesse der Branche.
Den EU-Grenzwert für den CO2-Flottenausstoß hatte die Kernmarke im vorigen Jahr eingehalten, während der Gesamtkonzern ihn noch knapp verfehlte. Brandstätter gab sich überzeugt, dass es 2021 in beiden Fällen klappe – auch dank der Autos mit dem VW-Emblem. „Wir haben angekündigt, dass wir in diesem Jahr nun 450 000 elektrifizierte Fahrzeuge in den Markt bringen wollen. Wir sind da gut im Plan.“
Skeptisch sieht er die nochmaligen Verschärfungen für Stickoxide (NOx) aus Verbrennerfahrzeugen (Euro-7), die in Brüssel diskutiert werden. „Die Verbrenner werden uns noch eine ganze Zeit lang erhalten bleiben – aber eben so effizient wie möglich.“ Schon mit Euro-6 habe es bei der NOx-Reduktion „große Schritte nach vorne“ gegeben.
Die Euro-7-Norm „legt jetzt noch einen drauf. Das bedeutet noch einmal eine Anstrengung, mit noch mehr Technik die Grenzwerte erfüllen zu können.“ Dabei sei zu bedenken, dass diese Technik zusätzliche Kosten beim Autokauf bringen werde – überproportional bei kleinen Modellen. „Das bedeutet, dass Mobilität im Einstiegsbereich spürbar teurer wird“, betonte Brandstätter. „Darüber muss man sich im Klaren sein.“ (dpa)
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