Vergessen, vergammelt, verbrannt – wie Notenbanken das Schwinden der offiziellen Geldmenge erklären

Obwohl die Notenbanken monatlich 100 Milliarden US-Dollar Geld produzieren, schwinden trotzdem die offiziellen Bargeldbestände. Auch die Goldströme sind seit einigen Jahren nicht erklärbar. Zentralbanken kommen zu dem Ergebnis, dass das Geld einfach in Vergessenheit geraten oder zerstört worden sein könnte.
Von 2. Januar 2020

Zentralbanken drucken immer mehr Geld, aber trotzdem scheint Geld zu verschwinden, wie Zentralbanken feststellten. Wohin, ist nicht nachweisbar, wie der US-Nachrichtendienst „The Wall Street Journal“ („WSJ“) recherchierte.

„Jeder sagt, dass er kein Bargeld hortet, aber das Geld ist eindeutig irgendwo“, sagt Henk Esselink, Leiter der Abteilung für Emissionen und Umlauf in der Abteilung für Währungsmanagement der EZB, berichtete „WSJ“.

Überall verstecken die Menschen ihr Geld

„Überall verstecken die Menschen ihr Geld“ – „unter dem Bett, hinter dem Schrank, aber auch in Tresoren“, so Sven Bertelmann, Leiter des Nationalen Analysezentrums der Bundesbank in Mainz und Philip Lowe, Gouverneur der Reserve Bank of Australia gegenüber WSJ  „sowohl in Australien als auch anderswo auf der Welt“. Mitunter würden Geldscheine auch auf dem Dachboden versteckt, im Garten vergraben oder aus Versehen geschreddert.

Doch auch Verstecke, auf die niemand kommen kann, sind möglich, zum Beispiel in einem Heizkessel, der versehentlich vom Freund des Inhabers während des Urlaubs angestellt wurde. Das Geld verbrannte nahezu vollständig. Der Mann verklagte seinen Freund, aber erfolglos. Der Grund: mit Geld im Kessel muss man nicht rechnen.

In Australien haben Bauarbeiter geschätzt 140.000 US-Dollar in Paketen verpackt ausgegraben. Die Polizei ermittelte. Aber egal, ob das Geld verbrannt oder verrottet ist, in vielen Fällen kann die Notenbank den Schein rekonstruieren und ersetzen, wie Sven Bertelmann versicherte.

Deutschland: Jeder Bürger müsste 2.800 Euro Bargeld lagern

Deutsche Bürger lagern mit 235 Milliarden Euro inzwischen mehr als doppelt so viel Geldscheine zu Hause wie vor zehn Jahren (102 Milliarden Euro). Bei einer Bevölkerungszahl von 83 Millionen entfallen demnach durchschnittlich rund 2.800 Euro auf einen Bürger. Dies berichtete der Nachrichtendienst „Reuters“.

Davon könnte ein Teil verloren gegangen sein – wie viel, ist unbekannt. Aber immerhin soll die EZB nach Informationen von „WSJ“ um Mithilfe bei Aufklärung gebeten haben, wohin das Geld verschwunden ist. Im Umlauf sollen insgesamt 726 Milliarden Euro Geldscheine sein.

Der australische Bargeldbestand ist von der Höhe ähnlich dem deutschen. Lowe schätzt, dass auf einen Bürger 2.000 Dollar entfallen. Nach Schätzungen der australischen Zentralbank könnten in Australien bis zu 10 Prozent des Bargeldes oder 5,2 Milliarden US-Dollar verloren gegangen sein. Der Bestand an australischen Banknoten im Verhältnis zur Größe der Wirtschaft sei im Übrigen fast der höchste seit 50 Jahren, wie „WSJ“ berichtete.

Dollar wandert in Krisenländer aus

Natürlich sind auch kriminelle Machenschaften und die Absicherung vor Krisen ein Grund für nicht auffindbare Gelder. Der FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler sagte daher zur Mitteilung von Reuters Ende November:

Bürger und Unternehmen würden immer mehr Bargeld horten, weil sie die Enteignung durch Negativzinsen fürchteten. Ohne eine wirkliche Zinswende sei dies erst der Anfang.“

Vor allem US-Dollar-Scheine werden als Schutz gegen „wirtschaftliche Turbulenzen, besonders in Ländern mit einem Rekord an Instabilität in ihren eigenen Finanzsystemen“ eingesetzt, so die Analyse von Ruth Judson, Ökonomin bei der Federal Reserve.

Nach ihren Recherchen soll bis Ende 2016 ein Betrag von 900 Milliarden US-Dollar oder 60 Prozent des US-Bargeldbestandes die USA verlassen haben. Betrachtet man die 100-Dollar-Scheine separat, sind sogar 75 Prozent aus den USA abgewandert.

Auch der Bestand an US-Dollar-Scheinen ist erheblich angestiegen. So Betrug nach Angaben der US-Notenbank das im Umlauf befindliche Bargeld rund 1,7 Billionen Dollar, während es in 2013 noch 0,5 Billionen Dollar betrug, so „WSJ“ weiter.

Goldströme im Wert von 57 Milliarden Dollar nicht erklärbar

Auch beim Gold gibt es ungeklärte Zahlungsströme, bei denen alles dafür spricht, dass diese angesichts von Negativzinsen und politischen Risiken als Krisenschutz eingesetzt werden, sagt der Nachrichtendienst „Zerohedge“.

Goldman Sachs zufolge sind in den letzten drei Jahren 1.200 Tonnen oder 57 Milliarden Dollar an Goldströmen auf

unerklärliche Weise aus den offiziellen Aufzeichnungen verschwunden“.

Offiziell sind sie nirgendwo festgehalten, wie zum Beispiel bei Zentralbanken oder an der Börse über ETFs. Die Reserven müssten sich somit als physische Goldbarren im privaten Besitz befinden. Diesen Trend bestätige auch die weltweite Nachfrage nach Tresoren.



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