Rentner-Protest: 3,3 Millionen Direktversicherungen mit doppelten Sozialabgaben belastet

Mit Slogans wie "Direktversicherung = Geldvernichtung" und "Abzüge treiben Rentner auf die Straße" kritisiert der 'Direktversicherungsgeschädigte e.V.' die doppelte Beitragspflicht für alte Direktversicherungen. Künftig dürften noch 3,3 Millionen Menschen betroffen sein. Den kürzlichen Kompromiss der GroKo hält er für "Krümel".
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Symbolbild.Foto: iStock
Von 20. November 2019

Wer bis 2004 eine Direktversicherung abgeschlossen hat, zahlt doppelte Sozialabgaben. Dagegen protestiert der ‚Direktversicherungsgeschädigte e.V.‘ (DVG).

Die Direktversicherung ist eine Kapitallebensversicherung, die der Arbeitgeber abschließt, aber dem Arbeitnehmer zusteht. Die Einzahlung erfolgt vom Gehalt des Arbeitnehmers.

Rückwirkende Abgabenpflicht auf Direktversicherungen

Im Jahr 2004 wurde das Gesundheitsmodernisierungsgesetz eingeführt. Für bis 2004 abgeschlossene Direktversicherungen war das ein herber Schlag.

So sollten nun ab 2004 auf Auszahlungen von Direktversicherungen Kranken- und Pflegeversi­cherungsbeiträge abgeführt werden – und zwar rückwirkend auf alle bis dato abgeschlossene Verträge. Die Abgaben machen rund 20 Prozent der Versicherungssumme aus.

Eigentlich sollten die Altverträge komplett sozialversicherungsfrei sein. Denn auf die Beitragszahlungen wurden während der Einzahlungsphase schon Abgaben gezahlt.

Geänderte Spielregeln machen Versicherung zu schlechtem Geschäft

Viele merken die Doppelbelastung erst, wenn sie in Rente gehen. So auch Gerhard Kieseheuer, der „als der Brief der Barmer Ersatzkasse bei ihm eintraf (…) in Ohnmacht gefallen“ ist, berichtete die „Welt“.

Kieseheuer kritisiert, dass die „Politik mitten im Spiel die Spielregeln [änderte], weil die Kassen leer waren“. Bei geänderten Spielregeln hätte ein Arbeitnehmer keine Direktversicherung abgeschlossen. Denn man rechnete doch damit, dass das komplett eingezahlte mit Zinsen zu Beginn der Rente ausgezahlt wird.

Im Oktober 2015 gründete Gerhard Kieseheuer daher den Verein ‚Direktversicherungsgeschädigte e.V.‘. Damit will er „die Interessen aller, die sich von der Politik um Teile ihrer Altersvorsorge geprellt fühlen“, fördern.

Gerichte schmettern Klagen ab – nur Petition hilft

Auch wenn Kieseheuer das grundgesetzliche Recht des Vertrauensschutzes, wonach Gesetze nicht rückwirkend zum Nachteil geändert werden können, verletzt sieht, haben Gerichte eine andere Auffassung.

Wer dagegen klagt, läuft regelmäßig gegen eine Wand. Die Gerichte schmettern Klagen in allen Instanzen ab“, beklagt Kieseheuser.

Kieseheuer sieht daher nur eine Lösung auf politischer Ebene. Dazu führt der DVG eine Petition „UN-RECHT seit 2004 an mehr als zehn Millionen Menschen mit bAV-Ansprüchen wiedergutmachen“. Darin fordert er sofortigen Stopp der Mehrfachverbeitragung und eine finanzielle Entschädigung der Betroffenen.

Rund 6 Millionen Versicherte betroffen

Offizielle Statistiken über die Anzahl von Betroffenen gibt es zwar nicht. Doch eine einfache Rechnung ergibt: Per 31.12.2003 gab es laut Statista 5,82 Millionen Altverträge. Und bislang soll es nur zu insgesamt 2,5 Millionen Auszahlungen gekommen sein und jährlich zu 250.000 neuen Auszahlungen kommen.

Also mehr als die Hälfte dürfte noch von den Abgaben überrascht werden. „Das Thema bleibt also dauerhaft erhalten“, meint Kiesehauer. Im Mittel betragen die Kapitalauszahlungen 30.000 Euro, sodass die Belastung bei rund 6.000 Euro liegt.

War das Gesetz ein Versehen?

Aus aktuellen Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten schließt Kiesehauer, dass den damaligen Abgeordneten das finanzielle Ausmaß nicht klar war. „Eine ordnungsgemäße und angemessene Beratung zu diesem Gesetz [hat] im Jahr 2003 also nicht stattgefunden“, folgert Kiesehauer.

Er betont, dass auch der GKV Spitzenverband die Änderungsnotwendigkeit bereits im August 2018 bestätigt habe.

Groko-Entlastungen sind „Murks“

Doch von den von der GroKo kürzlich zusammen mit der Grundrente beschlossenen Entlastungen hält Kieseheuer nichts. Im Wesentlichen wurde die bisherige Freigrenze, bis zu der keine Abgaben zu leisten waren, in einen Freibetrag umgewandelt und auf 159 Euro erhöht.

Kieseheuer findet, dass die Direktversicherten „mit ein paar Krümel abgespeist“ wurden. Denn die wahre Doppelverbeitragung wurde nicht angegangen.

Was können Betroffene tun?

Wer noch in der Ansparphase ist: SUPER.MARKT rät zunächst, keine neuen Verträge mehr abzuschließen. Für den Arbeitnehmer lohnt sich der Vertrag nur, wenn der Arbeitgeber mindestens 15 Prozent bezuschusst oder das Gehalt entsprechend erhöht wird. Alternativ können Arbeitnehmer Verträge ruhend stellen.

Hinweis: Der Arbeitnehmer kann die Direktversicherung nicht kündigen, sondern nur ruhen lassen – trotzdem erfolgt die Auszahlung erst bei Rentenbeginn.

Wer in Rente geht oder ist: Im Zweifel rät Kieseheuer, schriftlichen Widerspruch einzulegen und den Eingang von der Krankenkasse bestätigen zu lassen. Sein Vorschlag: “Gegen Ihren Bescheid über die Neufestsetzung meiner Krankenversicherungsbeiträge vom … lege ich Widerspruch ein”. Der DVG berät bei der weiteren Vorgehensweise.

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Ein Buch für alle, denen das Schicksal der Welt am Herzen liegt: „Wie der Teufel die Welt beherrscht“. Foto: Epoch Times

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