Ökonom: „Wer mit Bargeld auf Reisen geht, muss künftig damit rechnen, dass es konfisziert wird“

Wer mit Bargeld über 1.000 Euro aus der EU ausreisen will, könnte bald unversehens auf einer Geldwäsche-Verdachtsliste landen. In die erlaubte Summe von 10.000 Euro sollen künftig nämlich auch Guthabenkarten, Gold und Wertgegenstände einbezogen werden.
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Auch der Verkauf von Schmuck an Touristen kann durch die EU-Veränderungen des Begriffes "Barmittel" leiden.Foto: NARINDER NANU/AFP/Getty Images
Von 24. Dezember 2017

Wer mit „Barmitteln“ auf Reisen geht und aus der EU ausreisen will, könnte künftig unversehens auf einer Geldwäsche-Verdachtsliste landen.

Bisher ist erlaubt, bis zu 10.000 Euro an Barmitteln auszuführen. Jedoch sind damit nicht nur Scheine und Münzen gemeint. In Zukunft sollen zu Barmitteln auch Prepaid-Karten, Gold, Schmuck und Wertsachen zählen.

Grund ist eine Änderung der Definition „Barmittel“, den die EU-Ausschüsse für Wirtschaft und für „Bürgerliche Freiheiten“ durchgewunken haben. Laut Verordnung sind Barmittel künftig (Zitat, Artikel 2):

  •  „Bargeld“: Banknoten und Münzen, die als Zahlungsmittel im Umlauf sind oder als Zahlungsmittel im Umlauf waren und über Finanzinstitute oder Zentralbanken gegen Banknoten und Münzen, die als Zahlungsmittel im Umlauf sind, eingetauscht werden können;
  • „übertragbare Inhaberpapiere“: andere Instrumente als Bargeld, die den Inhaber/die Inhaberin berechtigen, einen Finanzbetrag gegen Vorlage der Instrumente zu verlangen, ohne einen Nachweis seiner/ihrer Identität oder seines/ihres Anspruchs auf diesen Betrag erbringen zu müssen;
  • „Rohstoffe als hochliquide Wertaufbewahrungsmittel“: Waren, die ein gutes Verhältnis zwischen ihrem Wert und ihrem Volumen aufweisen und auf zugänglichen Handelsmärkten einfach in Bargeld umgewandelt werden können, wobei nur geringe Transaktionskosten anfallen;
  • „Guthabenkarte“: eine anonyme Karte mit einem Geldwert oder Geldbetrag, die für Zahlungsvorgänge, für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen oder für die Auszahlung von Bargeld verwendet werden kann und die nicht mit einem Bankkonto verbunden ist.

Nach dem EU-Verordnungsentwurf Nr. 1889/2005 dürfen Zollbehörden Erkenntnisse über mitgeführte Barmittel sammeln und an alle EU-Staaten weitergeben – auch wenn sie unterhalb der erlaubten Summe von 10.000 Euo liegen.

Abgefragt werden u.a. die persönlichen Daten, die Herkunft des Geldes, den Verwendungszweck und der Wert und die Art der Barmittel.

Willkür und Geldwäsche-Verdachtsliste

Norbert Häring, Ökonom und Volkswirt, schreibt, dass man erfahrungsgemäß „ab knapp unter 1.000 Euro in den Gefahrenbereich kommen dürfte“.

Wer mit Bargeld in den Taschen auf Reisen geht, muss künftig jederzeit damit rechnen, dass es konfisziert wird, auch wenn die Menge weit unter der Meldeschwelle liegt.“

Die Formulierungen öffnen Raum für Willkür. Barmittel können für bis zu 30 Tage konfisziert werden. „Es reicht“, sagt Norbert Häring, „dass den Zollbeamten irgendetwas an Ihnen kriminell vorkommt, dass Sie zum Beispiel durch irgendwelche Umstände den Eindruck vermitteln, Sie könnten Steuern hinterzogen haben oder hinterziehen wollen“.

Wer beispielsweise mit Bargeld in Höhe von 6.000 Euro in die Schweiz fährt, um ein gebrauchtes Auto zu kaufen, muss damit rechnen „auf einer internationalen Geldwäsche-Verdachtsliste zu landen, wenn ein Zöllner sein Gepäck durchsucht und er die anschließende hochnotpeinliche Befragung über den Zweck des Geldes nicht hinreichend unterwürfig und mitteilsam über sich ergehen lässt,“ so Häring.

Weiter beklagt er:

Da man nichts davon weiß, dass man auf diese Listen gesetzt wird, kann man Missverständnisse nicht aufklären und kommt auch so gut wie nie wieder von ihr herunter.“

Was ist mit Cryptowährungen und E-Geld?

Bei der Entwicklung der neuen Verordnung wurde gleichermaßen über elektronisches Geld nachgedacht. Im Punkt 4 der Gründe und Ziele des Vorschlags wurde formuliert:

„Genauso wichtig ist es, dem sich rasch wandelnden Gesicht der Kriminalität und der Zunahme von Cyberkriminalität, Online-Betrug und illegalen Online-Handelsplätzen, die durch die Entwicklung des E-Geld-Marktes und dessen Produkte begünstigt werden, Rechnung zu tragen und dabei insbesondere Zahlungsinstrumente auf Guthabenbasis in den Blick zu nehmen. Eine Ausweitung der Definition des Begriffs „Barmittel“ auf solche Zahlungsmethoden ist erforderlich.“

In der veröffentlichten Fassung werden Cryptowährungen jedoch noch nicht erfasst.



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