US-Zölle: Autoexperte erwartet Jobverlagerung – Ökonom befürchtet 0,5 Prozent weniger Wachstum

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet mit immensen Auswirkungen der von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle. Die Maßnahmen „markieren einen fundamentalen handelspolitischen Einschnitt“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. „Die angekündigten Maßnahmen sind zudem eine massive Belastung und Herausforderung sowohl für die Unternehmen als auch die globalen Lieferketten der Automobilindustrie.“
Die Folgen der 25 Prozent-Zölle, die ab heute auf Pkw gelten, seien noch schwer einzuschätzen, so Müller weiter. „Klar ist allerdings schon jetzt, dass diese Entwicklung weltweit negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben wird. Das wird auch Arbeitsplätze betreffen.“
Die EU sei jetzt gefordert, geschlossen „und mit entsprechender Stärke“ aufzutreten, müsse aber zugleich weiter Verhandlungsbreitschaft zeigen, forderte Müller. „Die EU muss jetzt Verfechter für den freien und fairen globalen Handel sein. Deutschlands und Europas Wirtschaft benötigt starke Allianzen und belastbare Netzwerke.“
Die USA sind ihr wichtigster Exportmarkt für die deutsche Autoindustrie. Laut VDA wurden 2024 fast 450.000 Fahrzeuge aus deutsche Produktion in die USA exportiert. Damit ist das Land der wichtigste Auslandsmarkt. Fast jeder vierte Porsche wurde in den USA verkauft, bei BMW und Mercedes lagen der Anteil jeweils bei gut 16 Prozent, bei Audi und der Marke VW bei 8 bis 12 Prozent.
Experte erwartet Verlagerung deutscher Autoproduktion in die USA
Nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer werden die US-Autoimportzölle zu einer weiteren Verlagerung deutscher Produktion in die USA und zum Jobabbau in Deutschland führen.
„Wenn die Zölle langfristig bleiben, werden deutsche Autobauer ihre Produktion weiter in die USA verlagern“, sagte der Direktor des CAR Center Automotive Research den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Damit fielen weitere Arbeitsplätze in Deutschland weg. „Heute arbeiten noch rund 780.000 Menschen in der deutschen Automobilindustrie, bald können es schon nur noch 500.000 sein. Dieser Industriezweig blutet aus.“
„Die deutschen Autohersteller und Zulieferer werden durch die Zölle extrem geschädigt und hart bestraft“, so Dudenhöffer. „Trump drängt die Konzerne in die Verluste und saugt die Arbeitsplätze ab. Trump ist somit für uns wirtschaftlich wahrscheinlich ein größerer Feind als Putin.“
Die Zölle würden vor allem Porsche zusetzen, so Dudenhöffer. Das Unternehmen setze 30 bis 40 Prozent seiner Autos in den USA ab, habe dort aber kein Werk. „Diese Autos müssen mit kräftigen Preisabschlägen verkauft werden, damit sind ihre Gewinne futsch.“ Audi sei in den USA schon immer schlecht aufgestellt, ihnen werde es künftig noch schlechter gehen.
„Für den VW-Konzern ist der chinesische Markt wichtiger. BMW ist in den USA stark und produziert dort viele SUV, die nach China exportiert werden“, so der Autoexperte.
Allerdings sei damit zu rechnen, dass auch China mit Gegenzöllen reagiere, worunter wiederum BMW leiden würde. „Alle, also auch BMW und Mercedes leiden, denn die Limousinen wie BMW 3er, 5er, 7er oder C-Klasse, E-Klasse, S-Klasse werden nach USA exportiert.“
Ökonom: „Könnte Deutschland 0,5 Prozent Wirtschaftswachstum kosten“
Der Kieler Handelsökonom Julian Hinz befürchtet, dass die von Donald Trump angekündigten „reziproken“ Zölle Deutschland im Jahr nach dem Inkrafttreten 0,5 Prozent Wirtschaftswachstum kosten könnten. „Wir sehen, wie sich die USA aus dem Freihandel verabschieden“, so Hinz gegenüber der FAZ.
„Die Zölle würden eine Belastungsprobe für einige deutsche Sektoren und Firmen, für die die USA ein wichtiger Markt sind.“ Für die Pharma-, Chemie und die Autoindustrie sowie den Maschinenbau sind die Vereinigten Staaten einer der wichtigsten Märkte.
Das Wachstumsminus von 0,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts entspricht umgerechnet mehr als 20 Milliarden Euro. Das Kieler Szenario enthält noch keine möglichen Gegenmaßnahmen der EU.
Dax stürzt nach Trumps Zollankündigung ab
Die europäischen Aktienmärkte sind am Donnerstag eingebrochen. Am deutlichsten sackte mit Minus 2,2 Prozent der deutsche Leitindex Dax an der Frankfurter Börse ab.
Gegen 9:45 Uhr wurde der Dax mit rund 22.045 Punkten berechnet, was einem Minus von 1,6 Prozent gegenüber dem Handelsschluss am Vortag entspricht. An der Spitze der Kursliste rangierten Vonovia, Eon und Daimler Truck, am Ende Adidas, die Commerzbank und die Deutsche Bank. Die Zollankündigung von US-Präsident Donald Trump sorgte für Schockwellen.
„Beim Dax rückt jetzt die Marke von 22.000 Punkten wieder in den Fokus“, so Thomas Altmann von QC Partners. „Am Montag wurde das kurzzeitige Unterschreiten der 22.000 von vielen Schnäppchen-Jägern zu Käufen genutzt.“ Es sei allerdings gut möglich, dass sich diese Schwelle, an der Käufer in den Markt kommen, jetzt schrittweise nach unten verschiebe.
Auch andere Börsen in Europa mit deutlichen Verlusten
Der französische CAC 40 verzeichnete Verluste von 2,0 Prozent und der Londoner FTSE 100 verlor 1,2 Prozent. Auch andere europäische Börsen starteten mit einem Minus in den Handelstag.
Trump hatte am Mittwoch neue Zölle für Handelspartner weltweit verhängt, die in den kommenden Tagen in Kraft treten sollen. Importe aus der Europäischen Union werden demnach mit Aufschlägen von 20 Prozent belegt, solche aus China sogar mit einem Zoll von 34 Prozent. Als „Mindestsatz“ für andere Länder nannte der US-Präsident zehn Prozent. Dieser Satz gilt unter anderem für Großbritannien, die nicht Teil der EU sind.
Die Börse in New York schloss vor Trumps Ankündigung am Mittwoch nach einigem Auf und Ab noch im Plus. Der Kurs des US-Dollars gab während Trumps Ansprache gegenüber dem Euro zunächst nach, erholte sich dann aber wieder.
Der japanische Leitindex Nikkei fiel am Donnerstag im frühen Handel deutlich um 3,4 Prozent und auch der breiter gefasste Topix-Index sackte ab. Der Aktienmarkt in Hanoi brach um fünf Prozent ein, nachdem Trump Vietnam mit besonders heftigen Zollaufschlägen von 46 Prozent belegt hatte. Auch die Börsen in Hong Kong und Australien starteten mit Verlusten in den Handelstag.
Die europäische Gemeinschaftswährung war am Donnerstagmorgen deutlich stärker: Ein Euro kostete 1,0969 US-Dollar (+1,30 Prozent), ein Dollar war dementsprechend für 0,9117 Euro zu haben.
Der Ölpreis sank unterdessen stark: Ein Fass der Nordsee-Sorte Brent kostete gegen 9 Uhr deutscher Zeit 72,46 US-Dollar; das waren 249 Cent oder 3,3 Prozent weniger als am Schluss des vorherigen Handelstags
Goldpreis: Trumps Zollpaket treibt Kurs auf Rekord
Den Goldpreis hat Trumps Zollpolitik in der Nacht dagegen erneut auf einen Rekord getrieben. Gold ist einer der wenigen Rohstoffe, der aktuell nicht von Zöllen betroffen ist.
In der Nacht auf Donnerstag ist die Notierung für eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) an der Börse in London auf die neue Bestmarke von 3.167,84 US-Dollar gestiegen, zuletzt notierte der Kurs etwas darunter. Gold hat sich damit in diesem Jahr bereits um ein Fünftel verteuert, nachdem der Preis für das Edelmetall in den drei Jahren davor bereits um fast die Hälfte gestiegen war. Neben der Unsicherheit infolge von Kriegen und Konflikten ist einer der Kurstreiber auch die US-Zollpolitik.
Investoren setzen in unruhigen Zeiten unter anderem auf Gold als sogenannter sicherer Hafen. Die außerordentliche hohe Nachfrage, die zu einer Wertschätzung von Gold bei Investoren weit über einem sonst normalen Niveau geführt hat, werde weiter Bestand haben, meint Deutsche Bank-Experte Michael Hsueh. Zusätzliche Nachfrage sei unter anderem weiterhin von Zentralbanken und auch von chinesischen Versicherungen zu erwarten. (dpa/dts/red)
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