Wir sind „ungewollte Schmarotzer“ – Familotel Ebbinghof öffnet für Geschäftsreisende
Straßensperren, Polizeifahrzeuge, Ordnungsamt. Noch bevor die ersten Gäste am 16. April das Familotel Ebbinghof von Daniela Tigges in Schmallenberg im Sauerland erreichten, waren Beamte vor Ort. Aufgrund der zuvor in einer Pressemitteilung angekündigten Hotelöffnung für Geschäftsreisende waren die Behörden alarmiert. Acht Gäste stornierten ihre Buchungen aus Angst, als sie auf die Straßensperren rund um das gleichnamige Bauerndorf stießen. Andere reisten wie geplant an. Am ersten Öffnungswochenende war beinahe die Hälfte aller Zimmer belegt.
Ganz allein war die Hotelbetreiberin bei ihrer Öffnung nach dem Lockdown nicht. Sie hatte ein Anwaltsteam an ihrer Seite, das den Ordnungshütern in aller Deutlichkeit die Vorschriften erläuterte, sodass der Betrieb dann doch schließlich weiterlaufen konnte.
In den letzten 13 Jahren hat die Unternehmerin ungefähr zehn Millionen Euro investiert. Lange Zeit stand ihr Vier-Sterne-Hotel mit Hallenbad und Reiterhof wegen der Corona-Maßnahmen still. Mit ihrem neuen Konzept für geschäftsreisende Familien und Alleinerziehende will die Hotelbetreiberin ihren Gästen endlich wieder eine Lösung bieten. Am Kinderbetreuungskonzept wird gerade gearbeitet.
Der Epoch Times schilderte die Unternehmerin, die gleichzeitig Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Arnsberg ist, die aktuelle Situation. „Wir sind jetzt im achten Monat des Lockdowns inklusive Frühjahr 2020.“ Die Mitarbeiter seien total verunsichert, teilweise hoffnungslos und nicht alle gesundheitlich auf der Höhe. Neben einem geregelten Ablauf fehle auch der Lebenssinn, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Mit dem Kurzarbeitergeld komme nicht jeder klar. Mit der Zeit habe sich die Unternehmerin mit der rechtlichen Situation auseinandergesetzt.
„Ich habe angefangen, unangenehme Fragen zu stellen und bin dabei auf das EU-Recht gestoßen. Demnach sind die auferlegten Maßnahmen gar nicht rechtmäßig!“
Staatliche Hilfen erzeugen „ungewollte Schmarotzer“
Die erhaltenen Corona-Hilfen wiegen die Ausfälle während des Lockdowns nicht auf, schildert die Hotelbetreiberin. „Außerdem will ich gar keine Hilfe haben, sondern selber etwas leisten.“ Das gelte auch für ihr Team und auch ihre Gäste hätten Erholung verdient.
„Letztlich gehören wir zum Mittelstand und der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.“ Statt selber in die Gemeinschaft einzuzahlen, sollen die Unternehmen jedoch staatliche Hilfen in Anspruch nehmen.
Jetzt sind wir sozusagen die ungewollten Schmarotzer, dabei wollen und können wir arbeiten und auch die Verantwortung übernehmen“, kritisiert Tigges.
Der Mittelstand werde „zum Dienste der Gesundheit“ zerstört. Die Hotelbetreiberin versteht natürlich, dass die Gesundheit sehr wichtig ist, und hält es auch für sinnvoll, dass Krankenhäuser nicht überlastet werden sollen. „Aber ich sehe nicht, dass wir hier die Pandemietreiber sind, die Krankenhäuser überlasten könnten.“
Während der gesamten Öffnungszeiten im Jahr 2020 gab es in ihrem Hotel keinen einzigen Corona-Fall, weder bei Mitarbeitenden noch bei Gästen. Auch in den Hotels der Kollegen ist ihr kein Fall bekannt. Deswegen sieht sie kein Problem, ihren Hotelbetrieb mit Hygienekonzept zu öffnen.
Deutschlandweit gäbe es nur hier und da vereinzelte Fälle in Hotels. „Nicht umsonst hat das RKI in einer Studie die Hotels als sicherstes Setting ausgewiesen. Das steht überhaupt nicht im Verhältnis“, so Tigges. Dabei seien die Hoteliers die Branche, die sich am längsten im Lockdown befindet. Einen Sinn kann die IHK-Vizepräsidentin darin nicht erkennen.
Früher habe sie gedacht, wenn es eine Pandemie gäbe, würde sie sicher auch ganz viele Leute kennen, die daran erkranken und sterben. Aber dieser Fall sei nicht eingetreten. „Jeder einzelne Fall ist natürlich tragisch. Dennoch: Das hat mich persönlich auch ein bisschen irritiert, dass das so wenige sind und es trotzdem weiterhin Pandemie heißt.“
Kritik von IHK, Einigung mit Ordnungsamt
Die IHK Arnsberg verwehrte sich am Öffnungstag gegen den Eindruck, dass die Hotelbetreiberin und IHK-Vizepräsidentin im Namen der IHK argumentiert und gehandelt hat. „Das ist definitiv nicht der Fall“, hieß es in einer Erklärung vom 16. April, auch wenn die IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Ilona Lange „großes Verständnis für die außerordentlich schwierige Situation“ zeigte.
Mehrfach habe man sich an die Politik auf Landes- und Bundesebene gewandt mit der Forderung, den besonders betroffenen Branchen Öffnungsperspektiven in Aussicht zu stellen. Von Tigges‘ Aktion aber distanzierte sich die IHK „in aller Deutlichkeit“.
Mit dem Ordnungsamt hatte die Hotelchefin zwischenzeitlich vereinbart, dass dieses regelmäßig die notwendigen Daten erhält, um zu prüfen, ob der Reisezweck eine Geschäftsreise ist. Im Nachhinein wollen die Beamten dann zusätzlich stichpunktartig die Gäste anschreiben und Nachweise über ihre berufliche Tätigkeit während des Hotelaufenthalts einholen.
Es sei keine Zeit für falschen Stolz, sondern für mutige Vorbilder, betonte Tigges. Das sei sie ihrem Team, den Eltern und Kindern schuldig. In der Schweiz, in Luxemburg und auf Mallorca hätten die Hotels auch geöffnet. „Wieso nicht im Sauerland, wo sich Gäste aus Ballungsgebieten vom Stress erholen und in der Natur auftanken können – zumal die Anreise im Auto mir sicherer erscheint als stundenlang eng an eng in einem Flugzeug?“, fragt Tigges, die sich rechtlich umfassend informiert hat. Neben anwaltlicher Unterstützung, die sie erhielt, ist sie auch unter anderem mit der Organisation „Unternehmer Aktiv“ in Kontakt.
Harte Maßnahmen nicht nur in der Hotelbranche, nicht nur bei der Wirtschaft, sondern auch bei Kindern – das kann die Hotelchefin und zweifache Mutter nicht vertreten. „Wenn ich nichts unternehme, sondern einfach nur hoffe und hoffe und Briefe schreibe, dann unterstütze ich das Vorgehen der Regierung“. Das könne sie mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren. Es gebe tatsächlich einige Dinge, die gegen das Infektionsschutzgesetz und die Coronaschutzverordnung sprechen, erklärt sie weiter. Das habe ihr zusätzlich den Rückenwind gegeben, um zu sagen: „Ich mache auf!“
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