Whistleblower: Uber hatte heißen Draht zu Biden und Macron
Neben den jüngsten Vorwürfen gegen den Uber-Konzern wegen sexueller Belästigung steht der Fahrvermittler seit einiger Zeit wegen unlauterer Geschäftspraktiken in Kritik.
Ein Whistleblower hat der britischen Zeitung „The Guardian“ interne Dokumente des Unternehmens aus den Jahren 2013 bis 2017 zugespielt. Sie enthalten 124.000 E-Mails, Memos, Textnachrichten sowie andere Unterlagen. Als Quelle gab sich der ehemalige Europa-Cheflobbyist Mark MacGann zu erkennen.
Die Unterlagen enthüllen unter anderem Kontakte zu Spitzenpolitikern in den USA, Europa sowie weltweit. Aber auch andere zweifelhafte Methoden des Konzerns kommen zur Sprache.
Aggressive Expansionspolitik
MacGann gehörte bis 2016 zu der Top-Riege des Unternehmens. Der damalige Uber-Chef Travis Kalanick setzte auf eine aggressive internationale Expansion und scheute auch nicht vor illegalen Praktiken zurück. Kalanick trat 2017 als CEO von Uber zurück, behielt jedoch seinen Sitz im Verwaltungsrat des Unternehmens bis Ende 2019. Die heutige Unternehmensführung hat sich wiederholt von den Geschäftspraktiken seines Vorgängers distanziert.
Kalanick zufolge soll Uber unter anderem versucht haben, Zusammenstöße zwischen Taxifahrern und seinen Chauffeuren zu Lobbyzwecken zu nutzen. Die Unterlagen belegen Berichten zufolge auch den bereits seit Jahren bekannten und umstrittenen Einsatz von Software-Werkzeugen.
An der Auswertung der Uber-Files sind das Internationale Konsortium von Investigativjournalisten (ICIJ) und mehr als 180 Journalisten verschiedener Medien beteiligt. Darunter „Le Monde“, „El País“ und „Washington Post“. In Deutschland arbeiteten Reporter von NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ mit.
Gefälligkeiten von Politikern
Einem Bericht des ICIJ (10. Juli) zufolge haben Uber-Führungskräfte, darunter auch Ex-Uber-Chef Kalanick, führende Politiker der Welt um Gefälligkeiten gebeten.
Insgesamt soll es 100 Treffen mit hochrangigen Politikern aus 17 Ländern der Welt gegeben haben, darunter 34 mit hochrangigen EU-Politikern, neun mit EU-Kommissaren und zwölf weitere mit Vertretern der EU-Kommission, die nicht öffentlich bekannt wurden.
Unter den durchgesickerten Dokumenten befindet sich eine fünfseitige Notiz über Ubers globale Expansionsstrategie, in der es heißt: „Sich die US-Regierung zu Nutze machen, um das internationale Uber-Geschäft auszubauen.“
Treffen zwischen Biden und Kalanick
Den Informationen nach trafen sich Biden und Kalanick 2016 am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos (Schweiz). Das Treffen war streng vertraulich und wurde über eine Verkettung mehrerer ehemaliger Obama-Mitarbeiter eingefädelt. Biden war damals US-Vizepräsident und sollte in Davos eine Rede halten.
Kalanick war offenbar nicht erfreut, dass Biden zu spät zu ihrem Treffen in Bidens Suite im InterContinental Hotel erschien. In einer Textnachricht an einen Kollegen soll Kalanick seinem Unmut Ausdruck verliehen haben: „Ich habe ihm über meine Leute ausrichten lassen, dass jede Minute, die er zu spät kommt, eine Minute mit mir weniger ist.“
Laut ICIJ-Bericht soll Biden von Kalanicks Ausführungen so beeindruckt gewesen sein, dass er seine geplante Rede für das Weltwirtschaftsforum überarbeitete. In der Rede sagte Biden:
„Ride-Sharing-Unternehmen beschäftigen Zehntausende neue Mitarbeiter. Ich habe mich heute mit dem CEO eines dieser Unternehmen getroffen. Er sagte, dass er in diesem Jahr zwei Millionen neue Arbeitsplätze schaffen wird und den Mitarbeitern bei freier Zeiteinteilung die Freiheit lässt, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es wollen.“
Den Namen Uber oder Kalanick nannte er darin jedoch nicht. Uber soll besonders darauf bedacht gewesen sein, das Treffen zwischen Kalanick und Biden vertraulich zu behandeln.
Die Uber-Realität: Viel Arbeit für wenig Geld
Ubers Werbeversprechen sah in der Praxis jedoch anders aus. Viele Fahrer fühlen sich vom Konzern betrogen. Darunter auch Abdurzak Hadi aus London. Er kam 2014 wegen der verlockenden Boni zur Plattform. Das war jedoch nicht von Dauer, sagte der 44-jährige Somalier gegenüber „The Guardian“.
Schon nach kurzer Zeit habe Uber die Vermittlungsprovision für die Fahrten so drastisch erhöht, dass er sehr viel länger für den gleichen Lohn arbeiten musste. Im vergangenen Jahr verdiente der dreifache Familienvater rund 23.000 Dollar. Pro Woche musste er 40 bis 50 Stunden arbeiten.
Der Journalistenverband ICIJ bat um Stellungnahme des Weißen Hauses zu den Vorwürfen gegen Biden. Die Pressesprecherin teilte daraufhin mit: „Biden hat sich verpflichtet, sich für Arbeitnehmer einzusetzen, denen wichtige Leistungen und Schutz vorenthalten werden, wie Mindestlohn, Überstunden und Urlaub aus familiären und medizinischen Gründen.“
Macrons „geheimer Deal“ mit Uber
In dem ICIJ-Bericht taucht auch der Name des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf. Recherchen der französischen Zeitung „Le Monde“ nach habe Uber mit allen Tricks der Lobbykunst versucht, die Gesetze in Frankreich zu seinen Gunsten zu ändern.
Macron soll in dem Ganzen eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Kurz nach seiner Ernennung zum Finanzminister soll er sich mit Uber verbündet haben.
Dem ICIJ-Bericht zufolge schrieb MacGann eine Textnachricht an Macron. Grund dafür waren örtliche Proteste von Taxifahrern in Marseille im Oktober 2015, woraufhin die Stadt den Uber-Dienst zum Teil einstellte.
In einer Nachricht von MacGann an Macron heißt es: „Könnten Sie Ihr Kabinett bitten, uns zu sagen, was da vor sich geht?“
Macron soll kurz darauf geantwortet haben: „Ich werde mich persönlich darum kümmern. Schicken Sie mir alle Fakten und wir werden bis heute Abend eine Entscheidung treffen. Lassen Sie uns in dieser Phase ruhig bleiben, ich vertraue Ihnen.“
Stunden später hoben die Behörden in Marseille das Uber-Verbot wieder auf.
Jahrelange Kontakte zwischen MacGann und Macron
Dieser Dialog ist nur einer von vielen zwischen MacGann und Macron. Zwei Jahre lang hatte der Cheflobbyist von Uber in Europa zahlreiche Treffen, Anrufe und Textnachrichten mit dem damaligen französischen Finanzminister geführt.
Auch später noch im Jahr 2016, als MacGann bereits nicht mehr aktiv im Unternehmen tätig war. MacGann bot Macron sogar an, ihn bei seiner Präsidentschaftskampagne zu unterstützen, schreibt „Le Monde“.
Das Büro von Marcon hat mittlerweile auf die Uber-Akten reagiert: Macron habe damals häufig Kontakte zu Unternehmen gehabt, die die Dienstleistungsbranche umkrempelten. Das sei sehr wohl angemessen, weil es helfe, bürokratische Hürden zu erleichtern, schreibt „Le Monde“.
Am 12. Juli hat Macron selbst zu den Vorwürfen Stellung genommen: „Ich bin sehr stolz darauf.“ Ohne Unternehmen und ohne Unternehmer sei es schwierig, Arbeitsplätze zu schaffen. Und: „Ich würde es wieder machen.“
Rutte riet Kalanick, Uber-Image aufzupolieren
Ex-Uber-Chef Kalanick soll sich laut ICIJ-Bericht 2016 auch mit dem niederländischen Premierminister Mark Rutte getroffen haben. In vorliegenden Gesprächsnotizen soll Rutte zu Kalanick gesagt haben: „Im Moment werden Sie als aggressiv wahrgenommen.“
Rutte schlug Kalanick zudem vor, „versuchen Sie doch die öffentliche Wahrnehmung zu ändern, indem Sie die positiven Aspekte des Unternehmens hervorheben.“ „Das wird Sie knuddelig erscheinen lassen“, sagte Rutte.
Über den Autor
Frank Fang ist ein in Taiwan lebender Journalist. Er berichtet über Nachrichten aus den USA, China und Taiwan. Er hat einen Masterabschluss in Werkstoffkunde von der Tsinghua-Universität in Taiwan.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Uber Had Access to Joe Biden During Obama Administration: Leaked Documents (redaktionelle Bearbeitung und Ergänzung nh)
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