Unter Generalverdacht: DIHK beklagt „Misstrauen“ durch Politik
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Peter Adrian, hat eine zunehmend kritische Haltung der Politik gegenüber der Wirtschaft beklagt. „Ich erhalte dazu viele Rückmeldungen, insbesondere aus dem Kreis mittelständischer Unternehmen“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Gerade diese Menschen, die selbst 50, einige Hundert oder Tausend Mitarbeiter beschäftigten, fühlten sich immer wieder unter „eine Art Generalverdacht“ der Politik gestellt.
„Sie spüren mehr Misstrauen als Rückenwind“, so der DIHK-Präsident weiter. „Ein solches Unternehmensklima hilft uns überhaupt nicht, vor allem nicht jetzt in der Krise.“ Die notwendige Transformation der Wirtschaft lasse sich nicht mit starren Vorgaben aus Berlin und Brüssel gestalten. Denn angesichts der Komplexität wirtschaftlicher Entscheidungen würden sich damit selbst die besten Politiker übernehmen. „Gleichzeitig empfinden viele Verantwortliche in Unternehmen eine solche Gefahr.“
Mehr Spielräume für die Wirtschaft gefordert
Adrian appellierte an die politischen Entscheidungsträger, der Wirtschaft mehr Spielräume bei der Gestaltung der ökonomischen Transformation einzuräumen. „Trauen Sie den deutschen Unternehmen wieder mehr zu! Es sind ja gerade die konkreten Anpassungen vor Ort und die Flexibilität von Betrieben, die unsere Wirtschaft über Jahrzehnte stark gemacht haben“, sagte er.
Der Verbandsvertreter forderte außerdem, mehr unternehmerische Vielfalt zuzulassen, da nur der Wettbewerb die besten und nachhaltigsten Lösungen hervorbringe. „Nachhaltig sind nur Lösungen, die auch auf mittlere Sicht wirtschaftlich erfolgreich sind.“
Adrian äußerte sich aus Anlass der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammern am Donnerstag. Bereits im Vorfeld hatten sich die Kammern auf ein Positionspapier verständigt, in dem sie ihre Perspektive auf die UN-Nachhaltigkeitsziele wie Bildung, bezahlbare und saubere Energie, menschenwürdige Arbeit und nachhaltigen Konsum darlegen.
„Bei Nachhaltigkeitsthemen wie dem Schutz des Klimas, der natürlichen Ressourcen und der Menschenrechte müssten sich Unternehmen nicht nur mehr einbringen, sie wollten es auch“, fasste der DIHK-Chef die Position zusammen. „Die deutsche Wirtschaft steht zu den Nachhaltigkeitszielen.“
Erfahrungen der Betriebe stärker berücksichtigen
Es sei aber wichtig, bei den Mitteln zum Erreichen dieser Ziele viel stärker die Perspektive aus der betrieblichen Praxis zu beachten. „Vieles könnte besser und schneller laufen, wenn diese Erfahrungen stärker berücksichtigt würden“, so Adrian.
Kritisch äußerte sich der DIHK-Chef zur Debatte über eine Extrasteuer auf besonders hohe Gewinne. „Stattdessen bräuchten wir Vorschläge, die mehr Investitionen in den Betrieben möglich machen – etwa über eine Steuerreform oder den Abbau von Bürokratie“, sagte er.
Derzeit allerdings würde die Politik eher an neuen Verpflichtungen als an Möglichkeiten für die Wirtschaft arbeiten. Dass jetzt selbst Betriebe mit weniger als 100 Mitarbeitern für mehrere Tausend Euro pro Jahr aufwendige Compliance-Systeme aufsetzen müssen, schlage auch auf die Stimmung, kritisierte der DIHK-Präsident. (dts/red)
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