„Passungsproblem“: Migranten schlecht auf Ausbildungsmarkt vorbereitet – kultureller Unterschied zu groß
Die deutsche Berufsausbildung in Deutschland passt nicht zu dem, was die meisten Asylsuchenden an Kenntnissen aus ihren Herkunftsländern mitbringen.
Das zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zum „Bildungsstand von Geflüchteten“, berichtet die „Welt“. IW-Forscherin Kristina Stoewe stellt darin ein klares „Passungsproblem“ auf dem deutschen Ausbildungsmarkt fest – Betriebe und junge Menschen finden einfach nicht zueinander.
In diesem Jahr bleiben rund 49.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, obwohl knapp 25.000 Migranten bei Jobcentern und Arbeitsagenturen Interesse an einer Berufsbildung angemeldet haben. Innerhalb eines Jahres hat sich diese Zahl fast verdreifacht und wird in den kommenden Jahren noch einmal deutlich steigen.
Die IW-Forscherin hat für ihren Report untersucht, was Kinder und Jugendliche an den Schulen und Berufsschulen in den sechs Hauptherkunftsländern Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea, Iran und Somalia gelernt haben. Die Menschen aus diesen sechs Ländern haben – mit Ausnahme von Afghanistan – grundsätzlich eine gute Bleibeperspektive in Deutschland.
Stoewe wollte herausfinden, warum sich zwar viele deutsche Unternehmen für Flüchtlinge als Azubis oder künftige Mitarbeiter interessieren, warum es aber zugleich so schwierig ist, sie auf einen Ausbildungsplatz oder in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. Bei der Berufsausbildung fand sie sehr viele Gemeinsamkeiten in den sechs Ländern – und gravierende Unterschiede zum deutschen System.
Die Berufsausbildung genießt in allen Herkunftsländern ein gesellschaftlich sehr geringes Ansehen im Vergleich zum Studium. Eine duale Berufsausbildung wie in Deutschland gibt es nicht. Stattdessen ist das Prinzip „Learning by Doing“ in Bäckereien, Frisörsalons oder Werkstätten verbreitet.
Mit Ausnahme des Iran lassen sich im offiziellen System viel weniger Berufe erlernen. In Syrien und dem Irak werden an den technischen Sekundarschulen beispielsweise 20 Berufe angeboten. In Deutschland können Schüler zwischen 330 anerkannten Ausbildungsberufen wählen. Umgekehrt sind einige Berufe, für die man in Deutschland eine Ausbildung braucht, in den sechs Ländern akademisch angelegt.
Wer zum Beispiel in Syrien oder dem Irak Augenoptiker oder Zahntechniker werden will, muss an einem technischen Institut studieren. Den wenigsten Jugendlichen ist daher klar, dass jemand, der lange Zeit in einer Autowerkstatt im Irak gearbeitet hat, in Deutschland deshalb noch lange kein ausgebildeter Kfz-Mechaniker ist. Dass eine Berufsausbildung hierzulande bedeutet, zunächst viele Jahre zur Berufsschule zu gehen und fachliche Prüfungen zu machen, ist für sie schwer nachvollziehbar.
Außerdem müssen viele Azubis noch die deutsche Sprache verbessern oder sie sogar erst noch erlernen. Um das „Passungsproblem“ zu beheben, müssten zukünftige Azubis viel stärker über das deutsche Bildungssystem, die Ausbildung und den Arbeitsmarkt informiert werden, fordert Stoewe. Integrationskurse und Deutschlernklassen an den allgemeinbildenden Schulen sollten über die Strukturen aufklären: „All diese Informationen müssten fester Bestandteil der Berufsorientierung sein“, sagte die Forscherin. (dts)
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