Seit 50 Tagen keinen Lohn: Streik osteuropäischer Lkw-Fahrer auf Raststätte der A5
Der Streik osteuropäischer Lastwagenfahrer, die von ihrem polnischen Auftraggeber ausstehenden Lohn fordern, hat auch am Osterwochenende auf der Autobahnraststätte Gräfenhausen an der A5 in Südhessen angedauert.
Dort sind rund 50 Lastwagenfahrer seit Tagen im Ausstand. Unterstützt werden sie vom Beratungsnetzwerk Faire Mobilität und deutschen Gewerkschaftern. In dem Konflikt setzt der polnische Spediteur offenbar auch auf Einschüchterung. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) sollen die Männer seit mehr als 50 Tagen nicht mehr bezahlt worden sein.
Auch vorbeifahrende Autofahrer zeigten den vor allem aus Georgien und Usbekistan stammenden Lkw-Fahrern ihre Solidarität. So beobachtete ein dpa-Reporter, wie eine Familie den Fahrern Nudeln und eine Palette Tomatensoße überreichte und winkend weiterfuhr.
Auch Osterbrot gab es. „Die Stimmung ist gut. Wir sind sehr froh über so viel Unterstützung“, sagte einer der Fahrer. „Wir haben ehrlich gearbeitet – und das wollen wir auch weiterhin tun, für fairen Lohn.“
Katastrophale Bedingungen
„Der Vorfall in Gräfenhausen wirft ein Schlaglicht darauf, welche katastrophalen Bedingungen in Teilen des Transportgewerbes herrschen“, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Udo Schiefner (SPD), den Zeitungen des „RedaktionsNetzwerks Deutschland“. Die Einhaltung von Bestimmungen wie dem Mindestlohngesetz müsse noch besser kontrolliert werden.
„Was hier in Gräfenhausen passiert, das kann überall passieren – und oftmals sehen wir es nicht“, sagte der rheinland-pfälzische Arbeitsminister Alexander Schweitzer (SPD) bei einem Besuch am Sonntag. Eine Sache sei gut an dem Streik: „Endlich schaut Deutschland mal hin und sieht, was passiert auf deutschen Straßen.“
Er wolle den Streik zum Anlass nehmen, um Arbeitsbedingungen im internationalen Güterverkehr in der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister wieder auf die Tagesordnung zu setzen.
Wenig friedlich war es am Freitag
Am Freitag, 7. April, erschien der polnische Firmeninhaber mit einer einschüchternden Eskorte auf dem Rastplatz und löste einen größeren Polizeieinsatz aus, in dessen Verlauf er selbst sowie 18 weitere Beteiligte wegen schweren Landfriedensbruchs und anderer Delikte vorläufig festgenommen wurden. Der DGB sprach anschließend von einem „paramilitärischen Schlägertrupp“.
Die Polizei sprach von „Personen, die teilweise sehr martialisch auftraten und Schutzwesten trugen“. Demnach sollen die Begleiter des Speditionsunternehmers zum Teil versucht haben, sich gewaltsam der abgestellten Lastwagen der Streikenden zu bemächtigen. Eine gewaltsame Auseinandersetzung sei nur durch den Einsatz von Diensthunden und unter Androhung des Einsatzes von Pfefferspray und Schlagstock verhindert worden, teilte das Polizeipräsidium Südhessen in Darmstadt dazu mit.
Auf vom DGB auf Twitter veröffentlichten Bildern von der Auseinandersetzung auf der Rastanlage waren unter anderem auch ein militärisch anmutendes und gepanzert wirkendes Fahrzeug sowie Männer in schwarzer martialischer Kleidung zu sehen. Der Gewerkschaftsbund sprach von einem „ungeheuerlichen Vorgang“ und forderte unter anderem eine Ausweisung und ein Einreiseverbot für die Beteiligten. Außerdem forderte er deutsche Konzerne auf, nicht mit der Spedition zusammenzuarbeiten.
Mittlerweile sind der Spediteur und die Sicherheitsleute wieder auf freiem Fuß. Ihnen wird in unterschiedlicher Beteiligung schwerer Landfriedensbruch, Nötigung, Bedrohung, versuchte gefährliche Körperverletzung und Störung einer Versammlung vorgeworfen.
Die Sache mit den Standheizungen
Weitere Zwischenfälle soll es nicht geben: „Die Polizei ist permanent vor Ort und fährt Streife“, sagte ein Vertreter der Gewerkschaft Verdi der dpa. Er sei mit Schlauch und Treibstoff gekommen, da sich mittlerweile bei mehreren Fahrern die Diesel-Vorräte dem Ende neigten und sie nachts keine Standheizung mehr laufen lassen könnten. „Die frieren in ihren Kabinen.“
Zuspruch für die Fahrer gab es zum Beispiel auch von der SPD im hessischen Landtag. Der Fraktionsvorsitzende Günther Rudolph sagte am Sonntag: „Das, was am Freitag geschehen ist, darf sich ein Rechtsstaat nicht gefallen lassen.“
Unterdessen hat die Petition der Fahrer an die Auftraggeber der polnischen Spedition erste Erfolge, wie Edwin Atema von der Europäischen Transportarbeitergewerkschaft, der von den Streikenden zum Mediator ernannt wurde, sagte.
„Erste Unternehmen haben gesagt, dass sie die Zusammenarbeit eingestellt haben, als sie von den Arbeitsbedingungen erfuhren.“ Das sei zwar ein erster Erfolg, er hoffe aber, dass die Unternehmen nun ihren Einfluss geltend machten, um die Bezahlung der Fahrer durchzusetzen, sagte Atema.
Der Versuch, die Fahrer einzuschüchtern, sei nicht der erste gewesen. „Es gab auch Proteste von kleinen Fahrergruppen auf anderen Rastplätzen in Deutschland, zum Beispiel in Garbsen bei Hannover“, so Atema.
Diese hätten nach Einschüchterungsmaßnahmen die Rastplätze verlassen, einige seien nach Gräfenhausen gekommen, um weiterzumachen. Andere seien von einer Streikaktion in Italien gekommen. „Dort hat die Polizei nichts unternommen gegen die Schlägertrupps, anders als hier.“ (dpa/red)
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