Industrieverband: Der Standort Deutschland hat mehr Probleme, als viele wahrhaben wollen
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) muss bei seinem Kongress zur „Nationalen Industriestrategie 2030“ am Montag in Berlin mit heftigem Gegenwind aus der Wirtschaft rechnen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) wird ebenso wie der Industrieverband BDI mit einem eigenen Forderungskatalog antreten: In insgesamt zehn Punkten rechnen die Autoren des DIHK-Papiers, über das die „Welt am Sonntag“ berichtet, mit Altmaiers Vorschlägen für eine nationale Industriestrategie ab, die der Wirtschaftsminister Anfang Februar vorgelegt hatte.
„Vor Ort zählen zu den relevanten Standortfaktoren insbesondere eine gut ausgebaute Infrastruktur, das heißt Verkehrsanbindung, Versorgung mit digitalen Netzen sowie die Verfügbarkeit von erschlossenen Industrie- und Gewerbeflächen“, heißt es in dem DIHK-Papier.
Forderungen der Wirtschaft werden seit Jahren nicht beachtet
Seit Jahren sind das Forderungen der Wirtschaft, die bislang nicht entsprechend umgesetzt werden. Gleiches gilt für die DIHK-Rufe nach schnelleren Planungs- und Genehmigungsverfahren, einem stärkeren Engagement der Politik für Bildung, einem innovationsfreundlichem Umfeld und einer technologieoffenen, bürokratiearmen Forschungsförderung.
Der Fokus auf europäische Champions und das Vorhaben, diese vor Wettbewerb oder Übernahmen zu schützen, ließen den für Deutschland so relevanten Mittelstand außen vor, heißt es in dem Papier weiter. „Größe bedeutet nicht automatisch mehr Wettbewerbsfähigkeit“, schreiben die Autoren des DIHK-Papiers.
Und mit der Benennung förderwürdiger Zukunftstechnologien laufe der Staat Gefahr, den Blick auf künftige technologische Entwicklungen zu verengen und dabei zu übersehen, dass auch andere Branchen oder Technologien hoch innovativ seien.
Große Ankündigungen, nichts passiert
Ein ähnliches 31 Seiten langes Papier hat der BDI erarbeitet. Neben vergleichbaren Forderungen wie der DIHK fordert der Industrieverband vor allem eines von der Bundesregierung: mehr Debatte und Engagement. „Die in konjunkturell guten Zeiten entstandene industriepolitische Gelassenheit sollte nun einem ernsten und selbstbewussten Anpacken der wirtschaftspolitischen Aufgaben weichen“, heißt es in dem Papier, über das die „Welt am Sonntag“ berichtet.
Sorgen angesichts der wirtschaftspolitischen Ausrichtung Deutschlands machen sich allerdings nicht nur Verbandsvertreter. Adidas-Chef Kasper Rorsted erklärt, angesprochen auf die Versäumnisse der Politik:
Der Standort Deutschland hat mehr Probleme, als viele wahrhaben wollen.“
Seit 2005 kündige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits an, die Digitalisierung stehe ganz weit oben auf ihrer Agenda. „Aber es geschieht nichts. Sie wird diese Regierung verlassen ohne Erfolg in diesem Bereich“, so der Adidas-Chef.
Über autonomes Fahren zum Beispiel müsse Deutschland nicht nachdenken, solange bei einer Autofahrt zwischen Nürnberg und München ständig die Telefonverbindung abreiße. Zudem seien die Behörden kaum digitalisiert, die Schulen ebenfalls nicht. „Wir haben Überschüsse bei den Staatsfinanzen“, so Rorsted weiter. Die digitale Infrastruktur habe Defizite, „wie es schlimmer nicht geht“.
Altmaier selbst umgarnt seine Kritiker schon vor dem Treffen: „Mit meinen Vorschlägen habe ich eine breite Diskussion in Gang gesetzt“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Damit rücke die Wirtschaftspolitik „erstmals wieder in den Mittelpunkt der politischen Debatte“, so der Wirtschaftsminister weiter. Ihm sei wichtig, dass dabei auch Vertreter der mittelständischen Wirtschaft ausreichend zu Wort kommen. (dts)
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