Energiekosten und politische Unsicherheit: BASF will in Ludwigshafen Milliarden Euro sparen

„Ohne Ludwigshafen kann ich mir die BASF schlicht nicht vorstellen“, erklärt der neue BASF-Chef Markus Kamieth. Eine Verlagerung des Konzernsitzes, wie von manchen befürchtet, stehe nicht zur Debatte. Aber „der Standort wird sich ändern müssen.“
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Industrieanlagen des Chemiekonzerns BASF am Rheinufer. Nicht nur die Chemieindustrie sorgt sich um die Zukunft vieler mittelständischer Betriebe.Foto: Uwe Anspach/dpa/dpa
Epoch Times25. April 2024

Der weltgrößte Chemiekonzern BASF reagiert mit einem weiteren milliardenschweren Sparprogramm und erneutem Stellenabbau im Stammwerk Ludwigshafen auf sein schwächelndes Geschäft. Am Sitz des DAX-Konzerns sollen bis Ende 2026 zusätzlich jährlich Kosten von einer Milliarde Euro eingespart werden, kündigte Vorstandschef Martin Brudermüller in Ludwigshafen an.

In Europa bremsten weiter die vergleichsweise hohen Energiepreise und ein „von hoher Unsicherheit geprägten Marktumfeld“ die Entwicklung. Im Januar hatte auch der Pharma- und Chemiekonzern Bayer einen Stellenabbau angekündigt, ohne genaue Zahlen zu nennen.

Keine Maßnahmen ausgeschlossen

„Die Situation ist ernst, daher schließen wir explizit keine Maßnahmen aus“, sagte der scheidende Konzernchef. „Mit dem weiteren Programm wird leider auch ein zusätzlicher Stellenabbau verbunden sein.“ Einsparungen soll es sowohl in der Produktion als auch in den Bereichen außerhalb geben.

Die Fixkosten sollen durch Effizienzsteigerungen gesenkt und die Produktionskapazitäten dem Markt angepasst werden. Zur Höhe der geplanten Stellenkürzungen gab es noch keine Angaben. Details würden derzeit erarbeitet und Arbeitnehmervertreter in den weiteren Prozess eng einbezogen, hieß es.

Der Vorstand werde sich weiter stark für den Standort Ludwigshafen engagieren, versicherte Brudermüller. Das Management und sein Nachfolger Markus Kamieth, der nach der BASF-Hauptversammlung Ende April das Ruder übernimmt, würden aber das Zielbild und die längerfristige Positionierung des Stammwerks aktualisieren.

Details dazu soll es zweiten Jahreshälfte geben. Demnach soll Ludwigshafen zum „führenden CO2-armen Chemiestandort mit hoher Profitabilität und Nachhaltigkeit entwickelt“ und auf die Belieferung des europäischen Marktes ausgerichtet werden.

Neuer Chef gibt Garantie für Stammsitz

„Der neue BASF-Chef Markus Kamieth gab bereits eine Garantie für den Stammsitz des Konzerns. „Ludwigshafen bleibt der zentrale Standort für uns in der Welt. Ohne Ludwigshafen kann ich mir die BASF schlicht nicht vorstellen“, zitiert das Nachrichtenmagazin „Focus“ den neuen Konzernchef. Kamieth fügte aber an: „Der Standort wird sich ändern müssen.““

Eine Verlagerung des Konzernsitzes, wie von manchen befürchtet, stehe jedoch nicht zur Debatte, bekräftigt Kamieth im „Focus“. Darüber mag der neue Vorstandschef nicht mal nachdenken: „Diese Frage stellt sich nicht“.

Kamieth, ein promovierter Chemiker, übernimmt mit der Hauptversammlung am Donnerstag offiziell den Vorstandsvorsitz der BASF von Martin Brudermüller. Der scheidende BASF-Chef hatte in der Vergangenheit mehrfach geklagt, dass der Konzern überall auf der Welt Geld verdiene, nur nicht in der Heimat.

Betriebsgewinn sinkt um fast 29 Prozent

Auch für das laufende Jahr rechnet der BASF-Vorstand mit keiner deutlichen Besserung. Die Schwäche der Weltwirtschaft aus dem vergangenen Jahr dürfte sich 2024 fortsetzen, teilte der Konzern weiter mit. Das Wachstum werde sich voraussichtlich erst im Jahresverlauf etwas verstärken.

BASF peilt für dieses Jahr ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie Sondereinflüssen zwischen 8,0 und 8,6 Milliarden Euro an. 2023 ging der bereinigte Betriebsgewinn um fast 29 Prozent auf knapp 7,7 Milliarden Euro zurück. 2022 musste BASF wegen des Krieges in der Ukraine milliardenschwere Abschreibungen auf Öl- und Gasgeschäfte der Tochter Wintershall Dea vornehmen.

BASF erwarte, dass die Schwäche der weltwirtschaftlichen Dynamik sich 2024 noch fortsetzen wird, erklärte der Konzern. Dennoch rechnet er mit einem höheren Betriebsgewinn vor Sondereinflüssen als 2023, in einer Spanne zwischen 8,0 und 8,6 Milliarden Euro. Die Erlöse lagen im vergangenen Jahr bei 68,9 Milliarden Euro, gut ein Fünftel weniger als im Vorjahr, und der Gewinn unterm Strich bei 225 Millionen Euro.

Der Konzern rechnet künftig vor allem mit Wachstum in China. In der südlichen Provinz Guangdong baut der Konzern gerade einen Chemiekomplex im Wert von zehn Milliarden Euro. In der Region Xinjiang dagegen will BASF nach Berichten über Menschenrechtsverletzungen den Verkauf von Anteilen an zwei Joint-Ventures beschleunigen.

Abbau von rund 3.300 Jobs weltweit

Bereits 2022 hatte die Leitung wegen verschlechterter Geschäfte und schwierigerer Rahmenbedingungen in Europa ein Sparprogramm angekündigt. Damit sollen die jährlichen Kosten bis Ende 2026 um insgesamt 1,1 Milliarden Euro gesenkt werden.

Zu den Maßnahmen zählen der Abbau von rund 3.300 Jobs weltweit, davon 700 Stellen in der Produktion in Ludwigshafen, sowie die Stilllegung mehrerer energieintensiver Chemieanlagen etwa für Ammoniak, wie BASF vor einem Jahr konkretisiert hatte.

Von den knapp 112.000 Mitarbeitern waren zuletzt in Ludwigshafen 38.710 beschäftigt, davon zwei Drittel in der Produktion. BASF als größter industrieller Gasverbraucher in Deutschland leidet wie viele Chemieunternehmen unter den hohen Energiepreisen und der Unsicherheit der politischen Rahmenbedingungen hierzulande.

Betriebsrat: Belegschaft fühle sich „ohnmächtig“

BASF-Betriebsratschef Sinischa Horvat fordert von dem künftigen Vorstandsvorsitzenden Markus Kamieth eine „massive Fokussierung“ auf das Werk Ludwigshafen. „Unser Anspruch ist, dass er daran arbeitet, dass der Standort hier in eine gute Zukunft geführt wird“, sagte Horvat dem „Mannheimer Morgen“.

Anders als in Krisen zuvor, erklärt Horvat, fühle sich die Belegschaft ohnmächtig. Sie zweifle an den Perspektiven des Werks, in dem rund 34.000 Menschen für BASF SE arbeiten. „Wir brauchen jetzt auch Maßnahmen als Signale, dass es weitergeht, dass mehr geht, als nur abzuschalten“, so der Betriebsratschef.

Er will auch so schnell wie möglich über eine neue Standortvereinbarung verhandeln. Die aktuelle Vereinbarung läuft noch bis Ende 2025 und schließt betriebsbedingte Kündigungen aus. Wichtig sei festzulegen, dass auch künftig in den Standort Ludwigshafen jährlich investiert wird, so Horvat. (dpa/dts/red)



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