Eisen- und Stahlwerke könnten zwei Jahre Welt-CO₂-Emissionen sparen
Die Produktion von Eisen und Stahl verursacht mehr als dreimal so hohe CO₂-Emissionen wie Deutschland. Die Branche trägt mit etwa sieben Prozent zu den gesamten weltweiten Kohlenstoffemissionen bei, entsprechend hoch sind die Einsparpotenziale, so eine neue Studie unter der Leitung von Forschern des University College London (UCL).
Demnach könnte die frühzeitige Modernisierung oder Nachrüstung der weltweiten Eisen- und Stahlverarbeitungsanlagen die Kohlenstoffemissionen bis 2050 um bis zu 70 Gigatonnen reduzieren. Das entspricht in etwa den globalen Netto-Kohlenstoffemissionen von zwei Jahren.
Ein Großteil der Einsparungen – 58,7 Gigatonnen – entfalle dabei auf die Umrüstung alter Anlagen. Sprich, wenn bestehende Anlagen zur nächsten planmäßigen Umbaumaßnahme auf den neusten Stand gebracht werden. Weitere 10,9 Gigatonnen könne man einsparen, wenn Betreiber die Modernisierung um fünf Jahre vorziehen.
Zum Vergleich: Die Gesamtemissionen Deutschlands betrugen 2022 etwa 750 Megatonnen CO₂. Das heißt, die Modernisierung einer Branche, könnte fast so viele Emissionen einsparen, wie Deutschland insgesamt in zehn Jahren erzeugt.
Eisen- und Stahlwerke nach 15 bis 27 Jahren selbst Schrott
Konkret untersuchten die neun Autoren der Universitäten Cambridge, Tsinghua und Peking sowie des UCL insgesamt 19.678 einzelne Verarbeitungseinheiten in 4.883 Eisen- und Stahlwerken auf der ganzen Welt. In einer Datenbank inventarisierten sie die technischen Merkmale, einschließlich Standort, Verarbeitungstechnologien, Betriebsdetails, Status und Alter.
Dabei fanden sie heraus, dass im Jahr 2019 weltweit 74,5 Prozent des produzierten Stahls in kohlebefeuerten Anlagen hergestellt wurden. Der Rest entfällt auf meist neuere gasbetriebene und elektrische Anlagen. Das zeigt, dass es bereits kohlenstoffreduzierte oder sogar kohlenstoffneutrale Herstellungsverfahren gibt. Aufgrund der nötigen Investitionen und des Zeitaufwands werden Umbaumaßnahmen jedoch im Regelfall erst am Ende der Betriebsdauer einer Verarbeitungseinheit vorgenommen.
Zugleich wurden bislang 43,2 Prozent der Eisen- und Stahlwerke weltweit nachgerüstet oder anderweitig verbessert, um ihre Betriebsdauer zu verlängern. Die Häufigkeit der Nachrüstungen hängt von der eingesetzten Technik und dem Alter der Anlagen ab, in der Regel werden sie jedoch nach 15 bis 27 Jahren Betriebszeit vorgenommen.
Aufgrund der Komplexität und der Vielfalt der Methoden zur Stahlproduktion gebe es jedoch keine einheitliche Dekarbonisierungstechnologie oder -lösung. Nicht nur sollte jedes Werk und jede Hütte, sondern auch jede Verarbeitungseinheit entsprechend ihrer technischen Spezifikation individuell nachgerüstet werden, so die Forscher.
Umrüstung von Eisenhütten nur ein Baustein
„Durch die Nachrüstung bestehender Anlagen mit kohlenstoffarmen Technologien […] kann der Eisen- und Stahlsektor seine Kohlenstoffemissionen drastisch reduzieren“, erklärte Hauptautor und UCL-Professor Dabo Guan. Die Mitte September in „Nature“ veröffentlichte Studie liefere einen „anschaulichen Hintergrund“ und gebe Aufschluss, was möglich sei.
Laut den erfassten Daten erfolgt etwa 63 Prozent der weltweiten Stahlproduktion in einer Art Sauerstoffhochofen. Der größte Teil der verbleibenden Kapazität werde in Elektrolichtbogenöfen erzeugt. Ähnlich verhalte es sich bei den möglichen Einsparungen durch Modernisierung: Mit 74 Prozent und großem Abstand bietet die Umrüstung von Sauerstofföfen die größten Netto-Kohlenstoffeinsparungen.
Die zweithöchsten Netto-Kohlenstoffeinsparungen – etwa 16 Prozent der prognostizierten Gesamteinsparungen – könne man durch die Nachrüstung von Elektrolichtbogenöfen erzielen. Allerdings könnte dies durch die weltweit verfügbare Gesamtmenge an Schrott begrenzt sein, da sie vom Recycling vorhandener Metalle abhängig ist. Vor diesem Hintergrund regen die Forscher an, auch die Schrottsammlung und das Recycling einzubeziehen und zu verbessern.
0,1 Prozent der Werke erzeugen 7 Prozent des CO₂ …
Die erfassten Daten geben jedoch noch mehr Details preis. Demnach neigen Eisenhütten und Stahlwerke dazu, die jeweils in ihrer Region verfügbaren Technologien und Rohstoffe sowie darauf aufbauend unterschiedliche Technologien und Techniken zu verwenden.
So befindet sich ein Großteil der kohlebasierten Anlagen in China, Japan und Indien. Im Nahen Osten und in Nordamerika finden sich hingegen eher erdgasbasierte Anlagen. Entsprechend verteilen sich die Emissionen:
Lediglich fünf – in Zahlen 5 – Eisen- und Stahlwerke tragen sieben Prozent der gesamten CO₂-Emissionen der weltweiten Eisen- und Stahlindustrie bei. Gleichzeitig machen sie aber nur 0,1 Prozent der insgesamt 4.883 Werke aus.
Konkret handelt es sich dabei um Anshan Iron & Steel (China), Posco – Pohang Iron & Steel (Südkorea), Shanghai Baosteel (China), Jiangsu Shagang (China) sowie Maanshan Iron & Steel Group (China).
Die Nachrüstung dieser Anlagen mit dem Ziel der Senkung ihrer Kohlenstoffemissionen könne die Machbarkeit für andere ähnliche Anlagen beweisen, sind sich die Forscher sicher.
… aber auch fünf Prozent des Stahls
Wer viel produziert, macht im Regelfall auch mehr Dreck. Mit einem Weltmarktanteil von etwa 65 Prozent der Roheisenproduktion ist China mit großem Abstand Weltmarktführer. Auch bei der Stahlproduktion belegt das kommunistisch geführte Land mit über einer Milliarde Tonnen den ersten Platz.
Während die fünf genannten Werke zwar sieben Prozent der Branchenemissionen ausstoßen, liefern sie auch knapp fünf Prozent des weltweiten Stahls:
Baosteel gehört zum weltgrößten Stahlproduzenten, der staatlichen Baowu Steel Group (131 Mio. Tonnen im Jahr 2022). Dass groß indes nicht zwangsläufig mit hohen Emissionen verbunden ist, beweist ArcelorMittal aus Luxemburg auf Platz 2 (69 Mio. Tonnen).
Wiederum belegen die chinesischen Anshan-Werke der Ansteel-Group in dieser Liste Platz drei (56 Mio. Tonnen), Jiangsu Shagang Platz fünf (41 Mio. Tonnen). Posco aus Südkorea steht auf Platz sieben (39 Mio. Tonnen).
Die größten Abnehmer von Stahl sind übrigens die USA – gefolgt von Deutschland.
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