Dehoga-Chef im Tourismusland Nr.1: Darauf müssen sich Urlauber vorbereiten – „An uns liegt es nicht“

Keine Gäste, keine Einkommen. Die Corona-Krise hat große finanzielle Löcher in die Budgets der Hotelbetreiber, Pensionen und Gasthöfe gerissen. Nun bereiten sie sich auf einen verspäteten Saisonstart vor. Doch so einfach wie sich das anhört, ist es nicht.
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Ein Blick auf die Dünen an der Ostsee.Foto: iStock
Von 15. Mai 2020

Die Hoteliers stehen in den Startlöchern. Auch an der Mecklenburgischen Seenplatte, entlang der Ostseeküste und in den vielen kleinen idyllischen Ecken des Tourismuslandes Nr. 1 in Deutschland werden die letzten Vorkehrungen für die Urlauber getroffen. Ab dem 18. Mai dürfen hier Hotels, Pensionen und Gasthöfe wieder ihre Pforten öffnen, zunächst nur für Gäste aus Mecklenburg-Vorpommern, ab dem 25. Mai dann für Reisende aus ganz Deutschland.

Allerdings gilt für die Beherbungsstätten eine Einschränkung. Eigentlich wollte die Landesregierung wie in Niedersachsen eine Belegungsquote von 50 Prozent verordnen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e.V. für Mecklenburg-Vorpommern (Dehoga MV) hielt dagegen. Schließlich einigte man sich auf 60 Prozent. Ansonsten wäre der Zeitpunkt für eine Öffnung noch immer ungewiss. „Die Regierung möchte das so“, sagte Lars Schwarz, Präsident des Dehoga MV, in einem Gespräch mit Epoch Times. Nun seien die Betreiber der Unterkünfte dazu verpflichtet, diese Einschränkungen zu befolgen. Schwarz hält diese Maßnahme jedoch für ein vorübergehendes „theoretisches Phänomen“. Er hofft, dass die Infektionszahlen weiterhin zurückgehen, sodass die Einschränkung der Bettenzahlen in den nächsten Wochen fallengelassen wird.

Nach Schätzungen des Dehoga-MV-Präsidenten sind 98 Prozent der Tourismusbranche von Kurzarbeit betroffen. Er rechnet für die Monate März bis Mai 2020 mit einer halben Milliarde Euro Umsatzverlust im Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern. Für die komplette Tourismuswirtschaft, also einschließlich aller Zulieferer, Wäschereien, Fensterputzer und anderen, geht er von einer Milliarde Euro Umsatzverlust in der Branche für sein Bundesland aus.

Einschränkungen am Urlaubsort

Doch so wie früher wird es am geliebten Urlaubsort nicht mehr sein. Denn auch wenn es die Möglichkeit gibt, dass Hotels wieder öffnen können, nehmen nicht alle diese Möglichkeit wahr. So hat sich das legendäre Hotel „Neptun“ in Warnemünde, von dem es nur noch wenige Schritte bis zur Ostsee sind, dazu entschieden, seine Zimmer und Suiten nicht vor dem 27. Juni 2020 zu vermieten. Als Grund dafür heißt es auf der Website: „Unser Unternehmen hat sich zu Beginn der Pandemie strukturiert, schnell und verantwortlich verhalten, sodass es keinen Verdacht auf Coronavirus in unserem Haus gab. Genauso sicher, verantwortungsvoll und umsichtig möchten wir jetzt die Wiederaufnahme unseres Hotels mit allen Beteiligten auf den verschiedensten Ebenen vorbereiten.“ Die „Neptun-Familie“ betont, dass ihr diese Entscheidung nicht leichtgefallen sei. Gleichzeitig sei sie davon überzeugt, dass dies der „einzig verantwortliche Weg für uns“ sei. Das Hotel „Am Weststrand“ in Kühlungsborn hingegen lockt die Gäste auf seiner Homepage: „Wir sind dort, wo das Salzwasser den Sand küsst und fragen uns gerade, wo Sie bleiben?“

Nach dem langen Winter stehen die Hoteliers, Pensionsbetreiber und Gasthöfe vor finanziellen Problemen. Sie starten spät in die Urlaubssaison, die eigentlich zu Ostern beginnt. Und auch für Reisewillige ist die Situation nicht einfach. Auch sie hat die Corona-Welle kalt erwischt. Kurzarbeitergeld, fehlende Umsätze bei Händlern oder Schließungen ihrer Betriebe wie beispielsweise der Friseursalons sorgen nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern für Frust. Selbst wenn man aufgrund der von der Weltgesundheitsorganisation ausgerufenen Pandemie den Urlaub im eigenen Land verbringen möchte, so fehlt inzwischen das dafür nötige Reisegeld. Viele Deutsche wissen noch nicht einmal, wie sie ihre Miete für den kommenden Monat bezahlen sollen – von Urlaub können sie nur träumen.

Herausforderungen vor Reiseantritt

Im Gespräch wies der Präsident des Dehoga MV auf ein weiteres Problem hin: Touristen, die aus deutschen Risikogebieten kommen, dürfen den von ihnen gebuchten Urlaub nicht antreten. Für einen besseren Überblick über die Landkreise und Städte mit einem besonders hohen Infektionsaufkommen, das den Grenzwert von 50 Infizierten auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen erreicht, wird das Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern ab dem 25. Mai in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut auf seiner Seite weitere Informationen veröffentlichen. Auf dieser Grundlage sollen die Beherbergungsstätten ihr Gäste-Management orientieren.

Konkret bedeutet dies: Hat ein Einwohner aus einem Gebiet mit erhöhtem Infektionsaufkommen seinen Urlaub gebucht, wird der Aufenthalt vom Hotel unter Hinweis auf die geltenden Rechtsvorschriften abgesagt. Besonders problematisch gestaltet sich die Situation für Reisende, die über Online-Plattformen ihren Urlaub gebucht haben. Den Hotels wird lediglich der „nackte Name“ gemeldet, schildert Matthias Dettmann, Geschäftsführer des Dehoga MV, die Situation. Keine Anschrift, keine Telefonnummer. Sollte sich erst bei Anreise der Gäste herausstellen, dass sie aus dem ausgewiesenen Risikogebiet kommen, dürfen sie ihren Urlaub nicht antreten.

Die Hoteliers sind alles andere als begeistert von dieser Regelung. „Wir haben bestimmt nicht ‚Hurra‘ geschrien“, sagt Schwarz. Er appelliert an die Selbstverantwortung der Touristen. Jeder Gast solle sich vor Antritt seiner Reise bei der Urlaubsunterkunft informieren, ob die Reise angetreten werden kann. So bleiben die Nerven von Gästen und Hotelbetreibern geschont. „An uns liegt es nicht. Wir haben uns das nicht ausgedacht“, betont der Hotelier aus Gnoien, der dort auch die „Nudeloper“ betreibt.

Ganz kommentarlos beugen sich jedoch nicht alle Betreiber diesen Regelungen. Einige von ihnen haben gegen die Auflagen der Regierung den Rechtsweg eingeleitet, aber eine gerichtliche Entscheidung liegt noch nicht vor. Zudem gibt es viele Fragen, die derzeit unbeantwortet bleiben: Darf ein Geschäftsreisender, der aus einem nicht betroffenen Gebiet einreist, aber in einem vom RKI gekennzeichneten Risikogebiet wohnt, seinen Urlaub antreten oder nicht? Was ist mit Einwohnern aus dem Gebiet, die bereits infiziert waren und damit als immun gelten? Noch sind diese Fragen unbeantwortet.

Maskenpflicht im Hotel

Fest steht hingegen die Maskenpflicht im Hotel – für Mitarbeiter. Sie müssen im Kontakt mit den Touristen einen Mund-Nasen-Schutz tragen, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht gewährleistet ist. Und auch Gäste tun gut daran, sich ein oder zwei Gesichtsmasken für den Urlaub einzupacken, auch wenn manche Hotels eigene Vorräte angeschafft haben. Denn ob in Warteschlangen an der Rezeption oder im Fahrstuhl, auch für Urlauber gilt in eingeengten Bereichen die Maskenpflicht.

Eine Enttäuschung könnte die neue morgendliche Situation für Touristen bereithalten: Auf das beliebte Selbstbedienungs-Frühstücksbuffet müssen Hotelbetreiber und Gäste ab sofort verzichten. Man könne sich das Frühstück auf das Zimmer bringen lassen oder direkt beim Kellner bestellen, erklärt Schwarz. Eine Alternative sei, dass ein Angestellter die Gäste am Buffet bedient. Zu groß scheint ansonsten die Gefahr, dass hier SARS-CoV-2 übertragen wird.

Sollte wider Erwarten in einem Hotel doch ein Infektionsherd auftreten, richten sich weitere Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Dann werden Kontaktpersonen ausfindig gemacht, getestet und unter Quarantäne gestellt. Falls dies innerhalb eines Hotels tatsächlich vorkomme, so richten sich Entschädigungszahlungen nach dem IfSG. „Für die dann verhängte Zwangsunterbringung, die diesen Maßnahmen geschuldet ist, müssen die Urlauber keine Zusatzkosten erbringen“, betont Schwarz.

Jedenfalls tut das Tourismusland Nr.1 alles, um seinen Gästen den Viruskontakt zu ersparen und den Urlaubsaufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Das zuvorkommende Lächeln der Hotelangestellten dürfte jedoch vielen Touristen hinter der verordneten Gesichtsmaske verborgen bleiben.



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