Corona-Soforthilfe: Kleinunternehmern und Freiberuflern drohen Rückzahlungen

Faires Vorgehen oder Erbsenzählerei? Viele Kleinunternehmer, die der Corona-Lockdown zur sofortigen Schließung ihres Betriebs zwang, befürchten nun eine Rückforderung der Soforthilfe durch die Bundesregierung. Auch zu großer Fleiß nach Ende des Lockdowns ist gefährlich.
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Viele Kleinunternehmer sind irritiert über die Corona-Hilfen für Selbstständige.Foto: Lars Baron/Getty Images
Von 20. Juli 2020

Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und sein Amtskollege in NRW, Andreas Pinkwart, lobten die Corona-Soforthilfe für Kleinunternehmer, die der Lockdown zu einer abrupten Schließung ihres Betriebs zwang, als eindrucksvollen Beweis dafür, dass der Staat seine Leistungsträger nicht im Stich lässt.

Unter den Betroffenen machte sich hingegen schon bald Skepsis breit. Einige sprachen von einem immensen bürokratischen Aufwand im Vorfeld, verzögerten Auszahlungen und mehrfach wechselnden Bedingungen und Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme. Nun haben die ersten Unternehmen, die den Zuschuss in Anspruch nahmen, Rückforderungen zugestellt bekommen.

Manche Kleinunternehmen standen völlig ohne Einnahmen da

Wie der „Focus“ berichtet, zeigt sich der Staat gegenüber einigen Freiberuflern und kleinen Gewerbetreibenden derzeit von seiner kleinlichen Seite. Sehr trennscharf versuchen Finanzbehörden nun zu unterscheiden, ob ein Empfänger von Mitteln aus dem Corona-Soforthilfeprogramm die bis zu 9.000 Euro tatsächlich nur für Betriebskosten wie Büromieten aufgewendet hat oder ob er sich selbst damit für Umsatzausfälle schadlos gehalten hat – was vom Programm nicht umfasst war.

Auch Investitionen sollten nicht durch Soforthilfe-Mittel finanziert werden, auch wenn es sich um unaufschiebbare wie beim Ersatz eines kaputten Laptops gehandelt habe.

Der Kölner Sounddesigner Torsten Zumhof soll gar den gesamten Betrag zurückbezahlen, den er Ende März erhalten hatte, obwohl er, weil keine Dreharbeiten stattfanden, keine Einkünfte hatte. Seine Steuerberaterin teilte ihm jedoch mit, dass die Regierung die Bedingungen für die Gewährung der Soforthilfe abgeändert hatte – und er nun durch den Rost falle, weil er zu Hause arbeite. Dort jedoch habe er keine abdeckungsfähigen Betriebskosten.

Für Zumhof ein Akt der Kleinlichkeit am falschen Platz: „Die Regierung gibt Milliarden für die angeschlagene Lufthansa, zahlt Kurzarbeitergeld ohne Ende, aber wir Selbständigen werden alleine gelassen.“

Frisörin muss Corona-Hilfe zurückzahlen: In sechs Wochen Lockdown-Verluste wettgemacht

Eine andere Unternehmerin, die ihr Ladenlokal schließen musste, klagt, die Regierung wolle 95 Prozent der Soforthilfe von ihr zurück, obwohl sie zehn Wochen lang keinerlei Einnahmen erzielt hätte.

Auch Dienstleister wie ambulante Fußpfleger oder Gastwirte sehen sich häufig Rückforderungen ausgesetzt. Betroffen sind auch Unternehmen, die sich in der Lockdownphase Mietzahlungen stunden ließen. In vielen Fällen sind die Rückforderungen fällig, weil die Regeln nachträglich modifiziert wurden.

Der „Kölner Express“ berichtet über eine Frisörin, die nun ebenfalls ihre Soforthilfe zurückzahlen soll. Grund: „Überkompensation“. Die Unternehmerin hatte unmittelbar nach Wegfall des Lockdowns ihre Öffnungszeiten ausgeweitet, um die Verluste wieder hereinzuholen – und hatte dies nach sechs Wochen erfolgreich geschafft.

Aus Sicht der Regierung fiel damit jedoch nachträglich die Grundlage für die Gewährung der Soforthilfe weg, obwohl Altmaier davon gesprochen hatte, dass die Mittel nicht als Kredit, sondern als Zuschuss gewährt werden sollten.

NRW will Bedingungen nachverhandeln

FDP-Minister Pinkwart drängt nun zu einer Überarbeitung der Richtlinien, sodass insbesondere Solo-Selbstständige, denen mit dem Lockdown alle Aufträge wegbrachen, die Soforthilfe auch für den Lebensunterhalt nutzen dürfen.

Immerhin betreffe dies etwa zwei Millionen Einzelkämpfer, von denen nicht jeder in der Lage ist, so hohe Rücklagen zu bilden, dass er damit monatelange Stillstandsphasen überbrücken könne.

Die Regierung in NRW hat nun in der Vorwoche einen vorläufigen Rückmeldungsstopp von Soforthilfebeziehern verfügt. Man will nun mit dem Bund über das Abrechnungsverfahren nachverhandeln. Immerhin könnten auf bis zu 426.000 Betroffene in NRW, die ihre Finanzierungsengpässe belegen sollen, unliebsame Überraschungen zukommen.



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