Corona-Krise: Spuckschutz, Abstandsregeln, Leergutmangel und Toilettenpapier als Prämie
Mit Mundschutz schiebt ein Mann seinen Einkaufswagen durch die Regalgänge. Schilder in Geschäften appellieren an Menschen, Abstand zu halten oder erstmal zu klingeln. Das sind im Handel wegen der Coronavirus-Krise inzwischen übliche Szenen.
Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, ergreifen auch die Supermärkte in Deutschland allerhand Maßnahmen: Abstandsmarkierungen am Boden, „Spuckschutz“ an den Kassen, mehr bargeldloses Bezahlen sowie Desinfektionsmittel und Handschuhe für Mitarbeiter. Doch die Läden haben auch noch mit anderen Problemen zu kämpfen: Mitarbeiter sind erschöpft, einige Kunden „hamstern“ und Leergut fehlt.
Abstandsregeln und Plexiglasscheiben
Zum Schutz der Kassierer und Kassiererinnen werden in vielen Filialen von Aldi, Lidl, Netto, Rewe und Penny derzeit Plexiglasscheiben als „Spuckschutz“ an den Kassen installiert, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter Supermarkt- und Discounterketten am Wochenende ergab. Der Hintergrund: Das neuartige Coronavirus wird vor allem durch Tröpfcheninfektion übertragen.
„Als eine von vielen Präventionsmaßnahmen werden kurzfristig zusätzliche Desinfektionsmittel sowie Einmalhandschuhe zum Schutz unserer Mitarbeiter zur Verfügung gestellt“, erklärte ein Sprecher von Aldi Nord. Solche Maßnahmen haben auch die anderen Unternehmen getroffen. Überall werde den Kunden zudem empfohlen, möglichst ohne Bargeld zu bezahlen, sondern stattdessen mit Karte – damit es wenig direkten Kontakt zwischen Menschen gibt. Kein befragtes Unternehmen gab jedoch an, dass Kundenströme durch Zutrittsbeschränkungen gedrosselt würden.
Zum Schutz der Kunden lassen die Ketten im Kassenbereich vieler Filialen Fußbodenmarkierungen verkleben, bei den Netto-Marken-Discount-Filialen einer Sprecherin zufolge beispielsweise im Abstand von zwei Metern. Ähnliche Hinweise werden in Aldi- und Lidl-Filialen angebracht. Die Netto-Sprecherin verwies zudem auf Selbstbedienungskassen in mehr als 100 Netto-Filialen.
Eine Sprecherin von Aldi Süd erklärte: „Wir bitte unsere Kunden auch, auf die wichtigen Hygiene- und Abstandsregeln zu achten.“ Dabei geht es etwa um die sogenannte Husten- und Niesetikette: in die Armbeuge statt in die Hand oder gar völlig ungeschützt quer durch den Raum.
Erschöpftes Personal und rücksichtslose Hamsterkäufer
Um den Andrang in Supermärkten zu entzerren, hat Bayern die möglichen Ladenöffnungszeiten ausgeweitet – auch auf Sonn- und Feiertage. Doch davon macht keines der befragten Unternehmen Gebrauch. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen Ruhephasen, um Kräfte zu sammeln, sich zu erholen, Zeit mit ihren Partnern und Familien zu verbringen“, erläuterte die Sprecherin von Aldi Süd.
Zusätzlich zu schaffen machen den Läden sogenannte Hamsterkäufe – etwa bei Klopapier. Zu einem besonders ungewöhnlichen Vorgehen greift Einzelhändler Michael Glück im rheinland-pfälzischen Rengsdorf: Er verlangt ab der zweiten Packung Klopapier einen Aufschlag, um Hamsterkäufer abzuschrecken, wie er der dpa sagte. Eine Lieferung sei innerhalb von fünf bis zehn Minuten ausverkauft. Das führe auch zu Streit. „Es herrscht Krieg um Klopapier. Die Kunden holen sich das gegenseitig aus dem Einkaufswagen“, sagte Glück. Mancherorts wird nun hart durchgegriffen: Die Stadt Hanau und der Kreis Marburg-Biedenkopf in Hessen etwa wollen Hamsterkäufe unterbinden.
Versorgung sicher, aber manches aktuell knapp
Der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Christoph Unger, sagte dem „Tagesspiegel am Sonntag“: „Vorratshaltung ist gut, Hamstern ist unsinnig.“. Natürlich könnten mal Backhefe oder Mehl ausverkauft sein. „Grundsätzlich ist die Lebensmittelversorgung jedoch nicht gefährdet.“ Es gibt Unger zufolge im Moment auch „keine Planung, die staatlichen Nahrungsmittelreserven in irgendeiner Form anzutasten“. Die Notreserven sind für die Versorgung der Bevölkerung im Krisenfall gedacht.
Doch nicht nur Klopapier, Mehl und Nudeln werden gebunkert: Die Getränkebranche appelliert an ihre Kunden, Getränke nicht massenweise in Kellern und Kammern zu lagern. Es müsse ausreichend Leergut in den Kreislauf des Mehrwegsystems zurückkommen, sagte Julian Schwarzat vom Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (GFGH). Angespannt sei die Lage vor allem bei Mineralwasser, wenngleich das System nicht vor dem Kollaps stehe.
Not macht erfinderisch
Verbraucher sollten beim Einkauf das genutzte Leergut bei Mehrweg – Flaschen ebenso wie Kästen – „so bald wie möglich wieder über den Handel zurückzubringen“, fordern große Verbände wie der GFGH, der Deutsche Getränke-Einzelhandel und der Verband Deutscher Mineralbrunnen in einer gemeinsamen Erklärung. Es gebe aber trotzdem ausreichend Nachschub, versicherten die Branchenvertreter.
Ein findiger Getränkehändler aus Stuttgart verbindet die Sorge um das Leergut unterdessen mit dem Run auf das Produkt der Stunde: „Kunden, die bei uns Leergut zurückbringen, bekommen als Belohnung eine Rolle Toilettenpapier“, sagte Hans-Peter Kastner. Er habe gleich eine ganze Ladung von dem begehrten Gut in Krisenzeiten im Internet bestellt. (dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion