Umwelthilfe: Zu viel Verpackungsmüll in Supermärkten
Paprika-Trios in Plastik, Pappkartons um Zahnpastatuben und so gut wie keine Verpackung mit Pfand im Milchregal – ein Einkauf im Supermarkt oder Discounter sorgt schnell für viel Verpackungsmüll zu Hause.
Liegt das an den Entscheidungen der Verbraucher? Nein, sagt die Deutsche Umwelthilfe – nach Angaben des Lobbyverbands wird weiterhin viel zu viel Ware in Verpackungen und Einweg-Gebinden angeboten. In einem „Verpackungscheck“ verteilte der Verband fast durchweg schlechte Bewertungen an die Supermärkte und Discounter – lediglich drei getestete Bioketten kamen mit einer guten Beurteilung davon.
Nach Angaben der Umwelthilfe wurden in fünf der untersuchten Ketten keine Mehrwegverpackungen bei Milch- und Joghurtprodukten angeboten, in einem weiteren Geschäft lag die Quote demnach bei 97 Prozent. Beim ersten Check kam die DUH Anfang 2022 zum selben Ergebnis. Der Anteil an verpacktem Obst und Gemüse ist tendenziell etwas gesunken, allerdings nur um wenige Prozentpunkte.
Aldi und Lidl
Besonders hart fiel die Kritik an Aldi Nord und Süd sowie Lidl aus: Bei den drei Discountern fand die DUH weder im Milchregal noch im Getränkesortiment irgendeine Mehrwegverpackung – Anfang 2022 sah es genauso aus. Aldi Süd teilte mit, dass im kommenden Jahr der Einsatz von Mehrwegflaschen im Getränkebereich getestet werden soll.
Aldi Nord und Süd erklärten zudem, dass bis Ende 2025 40 Prozent der Obst- und Gemüseartikel unverpackt angeboten werden sollen. Derzeit sei das bei einem Drittel der Artikel in der Warengruppe der Fall. „Auch setzen wir im Rahmen unserer Verpackungsstrategie darauf, den Einsatz von recyceltem Kunststoff stetig zu erhöhen“, hieß es.
Seit Januar gilt ein neues Verpackungsgesetz, laut dem viele Gastronomen für Essen zum Mitnehmen Mehrwegverpackungen anbieten müssen. Rund läuft das aber noch nicht: Erst Mitte Mai forderte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) strengere Kontrollen. „Die Gastronomen sind gefragt, ihre gesetzliche Mehrwegpflicht auch zu erfüllen, und Kommunen und Länder sollten deutlich besser kontrollieren“, sagte sie damals der „Bild am Sonntag“.
Pfand ist nicht gleich Mehrweg
Nicht alle Pfandflaschen sind auch gleich Mehrweg: Flaschen, die zum Beispiel von den Rückgabeautomaten zerquetscht und später zerschnitten und recycelt werden, gehören zur Kategorie Einweg. Bei Mehrwegverpackungen wird in der Regel das Gebinde lediglich gesäubert und dann wiederbefüllt.
„Unsere Testbesuche zeigen unnötig viel Einweg, zu viel Plastik und Müll. Sogar robuste Standardprodukte wie Karotten, Äpfel oder Paprika werden häufiger in Einweg verpackt als unverpackt angeboten“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz zu den Ergebnissen. „Wenn wir die Plastikkrise nicht noch weiter verstärken wollen, brauchen wir eine Halbierung des Verpackungsmülls bis 2027 und eine zusätzliche Einweg-Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Plastikflaschen, Dosen und Getränkekartons.“
Mehr als 225 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf und Jahr
Der Verpackungsmüll ist in Deutschland in den vergangenen Jahren tendenziell immer mehr geworden. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums fielen 2020 rund 18,8 Millionen Tonnen Verpackungsabfälle an – im Vergleich zu 16 Millionen Tonnen zehn Jahre zuvor. Pro Kopf gerechnet verbraucht jeder Mensch in Deutschland 225,8 Kilogramm an Verpackungen.
Mehr als 8,3 Millionen Tonnen des gesamten Verpackungsmülls in Deutschland sind Papier, Pappe und Karton. An Kunststoffmüll fielen 2020 rund 3,22 Millionen Tonnen an, Glasmüll mehr als drei Millionen Tonnen. Besonders auffällig ist die Entwicklung beim Aluminium von 90.600 Tonnen im Jahr 2010 auf fast 140.000 Tonnen im Jahr 2020.
Geschälter Spargel, Salat-Mix – stets eingepackt in Plastik
„Der Anteil der Ein- und Zweipersonenhaushalte sowie von Senioren nimmt zu. Beides hat zur Folge, dass kleinere Füllgrößen und/oder vorportionierte Einheiten gekauft werden, was sich wiederum erhöhend auf den Verpackungsverbrauch auswirkt“, schreibt das Umweltbundesamt online über die Zunahme des Verpackungsmülls. Zudem hätten sich die Verzehr- und Konsumgewohnheiten verändert. Fast Food, To-Go-Produkte sowie Fertiggerichte sind weiterhin sehr beliebt.
Die DUH geht in ihrem Bericht davon aus, dass für viele Kunden die Nachhaltigkeit der Produkte ein wichtiges Kaufargument ist. „Um jedoch eine Entscheidung im Sinne der Umwelt treffen zu können, brauchen sie das entsprechende Angebot im Lebensmitteleinzelhandel“, heißt es. Unverpackt-Läden bieten zwar vor allem in den Städten immer öfter die Möglichkeit zum verpackungsmüllfreien Einkauf, ihr Marktanteil ist bislang gering.
Der Handelsverband HDE teilte mit, dass sich der Lebensmittelhandel bereits aktiv für die Reduzierung von Verpackungsmüll einsetze.
„So haben etwa alle großen Lebensmittelhändler Mehrwegnetze im Obst- und Gemüsebereich eingeführt, um die Menge an sehr leichten Tüten zu verringern. Auch die Materialreduktion bei Eigenmarkenverpackungen durch dünnwandigere Milchverpackungen oder Getränkeflaschen trägt dazu bei, dass weniger Verpackungen im Umlauf sind“, sagte Antje Gerstein, HDE-Geschäftsführerin Europapolitik und Nachhaltigkeit, laut Mitteilung. Zudem sei das Sammelsystem für pfandpflichtige Einweggetränkeverpackungen sehr effektiv.
(dpa/red)
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