Um Unternehmen zu entlasten: Mehrwertsteuer hoch auf 21 Prozent?
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner sind sich einig: Um der im Abstiegsmodus befindlichen Wirtschaft in Deutschland wieder Impulse geben zu können, sind steuerliche Maßnahmen erforderlich. Vor allem bei den Unternehmenssteuern liegt die tatsächliche Belastung bei 29 Prozent – zehn Punkte über dem EU-Durchschnitt. Die Minister sind sich nicht einig über den Weg zur Finanzierung einer Steuersenkung. Ökonomen sehen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer als Option.
Lindner und Habeck uneinig über Weg zur Finanzierung der Unternehmenssteuersenkung
Minister Habeck hatte jüngst in Leipzig von einer Wirtschaft in Deutschland gesprochen, deren Zustand „dramatisch schlecht“ sei. Sein Kollege Lindner nannte die zuvor von 1,3 auf 0,2 Prozent korrigierte Wachstumsprognose der Bundesregierung „peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich“.
Habeck will die Schuldenbremse aufweichen oder zumindest über neue Sondervermögen umgehen. Dazu hatte er sogar Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer angeboten, die Union ins Boot zu holen. Dieser lehnte ab und verwies auf die DDR, die am Ende auch an den Folgen ihrer Schuldenpolitik zusammengebrochen sei.
Lindner wiederum möchte die Schuldenbremse beibehalten. Um Einnahmeausfälle durch geringere Unternehmenssteuern auszugleichen, müsste es Einsparungen oder Steuererhöhungen an anderer Stelle geben. Hier bringen Ökonomen im „Focus“ die Mehrwertsteuer ins Spiel.
Zuletzt hatte Merkel 2006 die Mehrwertsteuer erhöht
Die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um eine strukturell schädliche spezifische Steuerbelastung zu lindern, das war zuletzt das Wahlkampfargument von Angela Merkel. Im Jahr 2005 hatte sie als Oppositionsführerin angekündigt, die Mehrwertsteuer von damals 16 auf 18 Prozent erhöhen zu wollen. Im Gegenzug sollen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um zwei Prozent sinken. Die Große Koalition unter ihrer Führung erhöhte sie am Ende zum 1. Januar 2007 sogar auf 19 Prozent.
Trotz der Erhöhung erlebte Deutschland damals einen Wirtschaftsboom, der erst durch die Weltfinanzkrise unterbrochen wurde. Grund dafür war aber weniger die Senkung der Lohnnebenkosten, die im Gegenzug stattgefunden hatte. Vielmehr kamen die Arbeitsmarktreformen der Regierung Schröder zum Tragen – und die günstigen Energiepreise, die diese sichergestellt hatte.
Heute sind jedoch die Sozialabgaben höher, die Energiepreise sogar deutlich höher – und Bürger halten ihr Geld zurück, weil die Inflation vorwiegend beim Einkauf für den täglichen Bedarf spürbar ist. Derzeit klagt nicht zuletzt die Gastronomiebranche über Umsatzeinbußen, weil die vorübergehend auf 16 Prozent gesenkte Mehrwertsteuer seit Jahresbeginn wieder bei 19 Prozent liegt.
Einheitliche Mehrwertsteuer? Erhöhung eines Satzes bei Senkung des anderen?
Der Ökonom Bernd Rürup plädierte im „Focus“ dennoch für eine noch weitere Anhebung der Mehrwertsteuer auf 21 Prozent. Dies könnte Mehreinnahmen von rund 25 bis 30 Milliarden Euro für den Staat bewirken, die dieser an die Unternehmen weitergeben könnte. So ließen sich dadurch die Abschaffung des Solidaritätszuschlages und die Senkung der Körperschaftsteuer kostenneutral durchführen.
Rürup verweist darauf, dass in fast allen EU-Mitgliedstaaten die Mehrwertsteuersätze noch höher seien, beispielsweise in Österreich mit 20 und in Ungarn mit sogar 27 Prozent. Um noch stärkere soziale Verwerfungen zuungunsten von Geringverdienern zu verhindern, solle der ermäßigte Satz weiter sinken. So könne dieser künftig vier oder fünf statt sieben Prozent betragen.
ifo-Chef Clemens Fuest hingegen plädiert für eine Abschaffung des ermäßigten Satzes und eine einheitliche Mehrwertsteuer von 16 Prozent. In vielen Fällen sei es nicht nachvollziehbar, warum bei ähnlichen Waren jetzt schon unterschiedliche Sätze zur Anwendung kämen. Allerdings sei der Einnahmeeffekt des Staates gering.
Erst ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent würde dem Bund einem Bericht des Bundesrechnungshofes zufolge rund 35 Milliarden Euro Mehreinnahmen bescheren. Für Verbraucher wäre dies jedoch ein Signal, das Geld noch enger zusammenzuhalten.
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