Über 300 Milliarden US-Dollar Schulden: Chinas wertvollstes Immobilienunternehmen wankt
Evergrande, einer der am höchsten verschuldeten Immobilienentwickler der Welt, ist Berichten zufolge so hoch verschuldet, dass das Unternehmen am Rande des Bankrotts steht.
Die Shanghaier Börse teilte am 6. September mit, dass sie den Handel mit der 6,98 prozentigen Unternehmensanleihe der China Evergrande Group vom Juli 2022 aufgrund „abnormaler Schwankungen“ vorübergehend ausgesetzt habe. Die Börse hatte den Handel mit der Anleihe bereits einmal am Freitag, dem 3. September, ausgesetzt.
Die Anleger zweifeln daran, dass das Unternehmen seine Schulden zurückzahlen kann. Der Handel brach teilweise um 25 bis 35 Prozent ein. Im Juli dieses Jahres wurden die Aktien noch mit über 25 US-Dollar pro Aktie gehandelt. Am 3. September waren es nur 3,90 US-Dollar. Damit verlor die Aktie in diesem Jahr mehr als 70 Prozent ihres Wertes.
Evergrande erklärt, dass ihre Gesamtverbindlichkeiten auf schwindelerregende 1,97 Billionen Yuan (entspricht 305 Milliarden US-Dollar) angewachsen sind. Evergrande-Anleihen werden nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert.
Mehr als 3,8 Millionen Arbeitsplätze in Gefahr
Die Evergrande Group, die auch als Evergrande Real Estate Group (früher Hengda Group) bekannt ist, war seit 2018 das wertvollste Immobilienunternehmen der Welt. Am Umsatz gemessen ist die Gruppe das zweitgrößte Immobilienunternehmen Chinas. Der Sitz des Unternehmens ist in Shenzhen, die Holdinggesellschaft ist auf den Cayman Inseln eingetragen.
Der Gründer und Präsident des Unternehmens, Xu Jiayin, wurde in einem kürzlich erschienenen Vermögensbericht von Hurn als fünftreichste Person in China eingestuft. 2019 wurde sein Vermögen auf 34 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Das Unternehmen ging im Oktober 2009 an die Börse. Es besitzt Immobilienprojekte in mehr als 280 chinesischen Städten. Einige der höchsten Wolkenkratzer der Welt wurden durch das Unternehmen geplant und entwickelt – darunter auch Ocean Flower Island in Hainan.
Evergrande beschäftigt selbst mehr als 200.000 Menschen, indirekt wird von 3,8 Millionen Arbeitsplätzen innerhalb von China gesprochen.
Beginn eines Bank-Runs
Mindestens zwei der größten Treuhandgesellschaften, die das Vermögen wohlhabender Einzelinvestoren bündeln und eine wichtige Finanzierungsquelle für das angeschlagene Unternehmen sowie für andere chinesische Investoren darstellen, haben die sofortige Rückzahlung einiger Kredite gefordert. Das berichtete Bloomberg unter Berufung auf Insider.
Die Forderungen scheinen der Beginn eines Bank-Runs zu sein. Die Gelder der beiden Gläubiger stellen eine wichtige Quelle für die „Schattenfinanzierung“ von Evergrande und anderen chinesischen Bauunternehmen dar. Bei einem „Bank-Run“ lösen Bankkunden ihre Kontoguthaben bei den bisherigen Banken auf.
Ob der chinesische Staat dem Unternehmen aus dem Finanzierungsproblem hilft, ist noch unklar. Laut Bloomberg waren „Schatten-Trusts“ für Evergrande eine wichtige Finanzierungsquelle. Demnach hätten sie Ende 2019 etwa 40 Prozent ausgemacht.
Ein Konkurs des Unternehmens hätte verheerende Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft.
Im Bericht über die Ergebnisse des ersten Halbjahres am 31. August erklärte Evergrande, wie es Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Lage im Immobilienbereich ergreifen will. Zugleich warnte es davor, dass es, falls dies nicht gelingen sollte, möglicherweise zu Kreditausfällen und weiteren Rechtsstreitigkeiten kommen könnte. Verbessert werden soll der Cashflow, Zeitpläne der Projektentwicklung und die Verlängerung von Krediten. Zudem sollen Beteiligungen und Vermögenswerte veräußert werden.
Von Bank bis Fußballverein
Evergrande ist hauptsächlich im Immobilienbereich tätig. In den vergangenen Jahren versuchte es, seine Geschäftsaktivitäten zu diversifizieren und wurde vor allem bekannt für seinen Fußballverein Guangzhou FC, früher Guangzhou Evergrande.
Das Unternehmen besitzt Tochtergesellschaften wie die Real Estate (Marktführer am chinesischen Immobilienmarkt zusammen mit Vanke und Country Garden) und die Automotive-Produktion von E-Autos (die Hengchi-Serie).
Darüber hinaus ist das Unternehmen mit seiner Marke Evergrande Spring in einem florierenden Mineralien- und Lebensmittelmarkt tätig. Das Unternehmen baut und betreibt auch Vergnügungsparks wie „Hengda Kinder der Welt“ und „Hengda Wasserwelt“, die nach eigenen Angaben größer sind als die des Rivalen Disney.
Evergrande ist der größte Aktionär der Shengjing Bank und besitzt die Hälfte der „Sino-Singapore Great Eastern Life Insurance Company“, die heute „Evergrande Life“ heißt.
„Chinas Lehman“
Experten vergleichen die Lage mit der Immobilienblase 2007. Ihren Höhepunkt hatte die Krise im Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers am 15. September 2008. Der Begriff „Chinas Lehman“ macht die Runde. Möglicherweise droht nun Ähnliches.
Zur Erinnerung: Am 5. Oktober 2008, einem Sonntag, versicherten unvermittelt Kanzlerin Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück den deutschen Bürgern vor der Kamera, dass ihre Einlagen und Ersparnisse sicher seien. Marc Friedrich und Matthias Weik schrieben dazu:
„Die Absicherung der Ersparnisse durch die Bundesregierung war eine Beruhigungspille für die Bürger, um einen Banken Run zu verhindern, der nämlich schon im Gange war. Weltweit wankte der Finanzsektor bedrohlich und die Notenbanken sahen sich gezwungen, neues Terrain zu betreten. In einer historisch einmaligen koordinierten Aktion der Notenbanken wurde über Nacht massiv interveniert und Gesetze ad acta gelegt, um das Finanzsystem zu reanimieren.“
Welche Auswirkung ein Zusammenbruch von Evergrande auf Europa hätte, bleibt abzuwarten. Ganz folgenlos wird es nicht bleiben.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion