Trotz Ukraine-Krieg und Inflation: Luxus boomt

Viele Menschen müssen zurzeit den Gürtel enger schnallen. Doch bei anderen sitzt das Geld trotz Ukraine-Krieg und drastischer Inflation bei Energie und Lebensmitteln nach wie vor locker.
Eine Passantin vor einer Boutique des Schweizer Uhrenhersteller Omega in Hamburg.
Eine Passantin vor einer Boutique des Schweizer Uhrenhersteller Omega in Hamburg.Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Epoch Times16. August 2022

Wegen der dramatischen Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln müssen immer mehr Menschen in Deutschland den Gürtel enger schnallen. Es wird gespart – bei Lebensmitteln ebenso wie bei Schmuck und Kleidung. Überall? Nein. Dem Luxusgütermarkt scheinen Ukraine-Krieg und die galoppierende Inflation bisher nichts anhaben zu können. Das Geschäft mit dem Luxus brummt.

Gerd Müller-Thomkins vom Deutschen Mode-Institut (DMI) beobachtet im Modehandel eine „extreme Polarisierung“ des Marktes. „Je teurer, desto besser oder je billiger, desto besser. Aber die Mitte verschwindet“, sagte er kürzlich am Rande einer Modemesse in Düsseldorf. Axel Augustin vom Handelsverband Textil Schuhe Bekleidung (BTE) beobachtet, dass sich die Läden mit gut situierter Kundschaft aktuell deutlich besser schlagen als die Konkurrenz. Es gebe eben zahlreiche Kunden, die auch jetzt nicht auf ihr Geld achten müssten.

Gute Entwicklung bei hoher Preislage

Auch die Elektronikketten Media Markt und Saturn klagen zwar über eine insgesamt sinkende Kauflust der Kunden, beobachten aber markante Unterschiede je nach Preislage. „Die Kaufzurückhaltung betrifft eher das untere und mittlere Segment“, sagte Finanzvorstand Florian Wieser. Der Premiumbereich entwickele sich dagegen weiter positiv.

Tatsächlich zeigt sich die Luxusbranche bislang weltweit weitgehend immun, was die Herausforderungen durch Pandemie, Krieg und Inflation angeht. Luxusgüterkonzerne wie LVMH (Louis Vuitton Moet Hennessy), Kering (Gucci, Yves Saint Laurent, Balenciaga), Hermes oder Prada glänzten im ersten Halbjahr allesamt mit hohen Umsatzzuwächsen und üppigen Gewinnen. Vor allem in Europa und den USA liefen die Geschäfte hervorragend.

Zweistellig bei Umsatz und Gewinn

LVMH berichtete, die Erträge bei den hauseigenen Modemarken wie Luis Vuitton, Dior oder Fendi hätten neue Rekordhöhen erreicht. Aber auch das Geschäft mit Champagner, Cognac und Uhren sei hervorragend gelaufen. Der Umsatz des Luxuskonzerns stieg in den ersten sechs Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr um 28 Prozent auf fast 37 Milliarden Euro. Der operative Gewinn wuchs um 34 Prozent auf mehr als 10 Milliarden Euro. Auch Wettbewerber wie Kering, Hermes oder Prada wuchsen bei Umsatz und Gewinn deutlich zweistellig.

Dabei hatte die Corona-Krise der Luxusgüterindustrie im Jahr 2020 noch den größten Einbruch ihrer Geschichte beschert. Doch war das ein eher kurzes Zwischenspiel. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Bain übertraf der weltweite Markt für persönliche Luxusgüter wie Kleidung und Schmuck schon 2021 mit 288 Milliarden Euro wieder das Vor-Corona-Niveau. Und der Aufwärtstrend scheint aktuell ungebrochen.

„Bislang kaum Auswirkungen auf die Edelmarken“

„Der Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie die daraus resultierende hohe Inflationsrate samt Konjunkturabschwächung haben bislang kaum Auswirkungen auf die Edelmarken“, stellen die Experten von Bain in ihrer zusammen mit dem italienischen Luxusgüterverband Fondazione Altagamma erstellten aktuellen Studie zum Luxusgütermarkt fest.

„Die Luxusgüterindustrie zeigt einmal mehr hohe Resilienz, was Krisen angeht“, betonte die Bain-Branchenexpertin Marie-Therese Marek. In diesem Jahr könne der Gesamtumsatz der Luxusgüterindustrie trotz Ukraine-Krieg und Inflation sogar auf 320 bis 330 Milliarden Euro ansteigen.

Inflation trifft besonders einkommensschwache Familien

Einer aktuellen Studie zufolge leiden Familien mit niedrigem Einkommen weiterhin am meisten unter der hohen Inflation. Während sich die Warenkörbe für die deutschen Haushalte insgesamt im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,5 Prozent verteuerten, mussten Familien mit niedrigem Einkommen für ihre typischen Einkäufe sogar 8,4 Prozent mehr zahlen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in seinem am Dienstag veröffentlichten Inflationsmonitor. Noch am wenigsten trafen die Preissteigerungen demnach Singles mit hohem Einkommen. Ihre Lebenshaltungskosten erhöhten sich um 6,4 Prozent.

Dass Haushalte mit niedrigen Einkommen besonders stark von der Inflation belastet sind, liegt laut IMK daran, dass die aktuell größten Preistreiber – Haushaltsenergie und Lebensmittel – bei ihren Ausgaben eine besonders große Rolle spielen.

Die IMK-Konjunkturexperten warnten: „Wenn demnächst die Inflation zusätzlichen Schub erhält, weil 9-Euro-Ticket und Tankrabatt auslaufen und die Gasumlage eingeführt wird, dürfte die soziale Schere bei den Belastungen sogar noch weiter aufgehen.“ Denn zusätzliche Preissteigerungen bei der Haushaltsenergie schlügen bei Haushalten mit niedrigeren Einkommen besonders stark durch.

Die vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagenen Steuerentlastungen würden die soziale Schieflage nicht mildern, warnten die Experten. „Denn damit würde gerade jenen Personen wenig oder gar nicht geholfen, die nach den Ergebnissen unserer Forschung besonders stark belastet sind.“ Um in den nächsten Monaten eine soziale Schieflage zu vermeiden, seien eine weitere Energiepauschale für alle Haushalte sowie ein Preisdeckel für einen Grundverbrauch beim Gas besser geeignet, urteilte IMK-Direktor Sebastian Dullien. (dpa/mf)



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