Traditionswerften: Eine staatlich gerettet, die andere insolvent

Während Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag die Rettung der Meyer Werft in Papenburg ankündigte, meldete die Fosen Werft in Stralsund gleichzeitig Insolvenz an. Betroffen sind 45 Mitarbeiter. Zuvor hatte die Stadt dem Unternehmen einen Pachtvertrag gekündigt. Für Fosen in Stralsund der Todesstoß.
Blick auf die Volkswerft in Stralsund
Archivbild: In der Schiffshalle baut Fosen in Stralsund ihre Schiffe. Die Stadt hat dem Unternehmen nun den Pachtvertrag gekündigt.Foto: Klugschnacker - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Von 24. August 2024

Die Ampelregierung möchte die traditionsreiche Meyer Werft in Papenburg retten. Das war die Botschaft, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für die Belegschaft der Werft am vergangenen Donnerstag bei seinem Besuch im Gepäck hatte. Details seien noch zu klären. „Aber eines kann ich heute klar zusagen: Der Bund trägt seinen Teil der Lösung bei“, so Scholz auf der Betriebsversammlung der Werft. Und weiter: „Die Meyer Werft ist ein Trumpf, den wir nicht aufgeben dürfen und den wir nicht aufgeben werden“. Die Stellung Deutschlands als drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt erfordere eine starke maritime Wirtschaft.

Offensichtlich ist der Plan der Bundesregierung und der Landesregierung in Niedersachsen, dass Bund und Land zumindest zeitlich begrenzt 80 bis 90 Prozent der Mehrheitsanteile der Werft übernehmen. Damit würden Bund und Land nicht mehr nur mit jeweils 900 Millionen Euro bürgen, sondern die Werft zeitlich begrenzt bis 2027 zu einem Staatsbetrieb machen. Im Gespräch heißt laut dem NDR, dass Bund und Land für eine Erhöhung des Eigenkapitals um rund 400 Millionen Euro sorgen. Die rund 18.000 Werft-Beschäftigten in Papenburg dürften die Nachrichten am Donnerstag erfreut aufgenommen haben. 

Stralsunder Werft meldet Insolvenz an

Am selben Tag dann aber eine Nachricht aus Stralsund: Die Fosen Werft hat Insolvenz angemeldet. Von der Insolvenz sind 45 Mitarbeiter betroffen. Zuvor hatte schon am Mittwoch die Stadt Stralsund in einer Pressemitteilung veröffentlicht, dass die Stadt den Pachtvertrag mit der Fosen Werft GmbH gekündigt habe. Die Schiffshalle in Stralsund gilt als eines der Wahrzeichen der Stadt, wurde noch zu DDR-Zeiten erbaut und beheimatete bis 2010 die Volkswerft, eine der bekannten Werften in der DDR. 

Das Ziel von Stralsunds Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) ist es, die ehemalige Volkswerft wieder zu einem attraktiven Industriestandort zu machen. „Die Hansestadt Stralsund hat sich in den vergangenen Jahren mit erheblichem Engagement für die Stärkung ihres maritimen Industrie- und Gewerbeparks Volkswerft eingesetzt. Mit umfangreichen Investitionen in die Infrastruktur wurden hier beste Voraussetzungen geschaffen, um auf den attraktiven Flächen mit wirtschaftlichen Pacht- und Energiepreisen im Schiffs- und Anlagenbau tätig zu sein“, heißt es dazu in der Pressemitteilung. 

Erwartungen der Stadt nicht erfüllt

Fosen sei es „trotz intensiver Bemühungen“ nicht gelungen, in dem erwarteten Umfang Schiff- und Stahlbauprojekte nach Stralsund zu holen oder die angestrebte Anzahl von Arbeitsplätzen zu schaffen, begründet die Stadtverwaltung die Kündigung des Pachtvertrages. 

Die Fosen Werft ist ein norwegisches Unternehmen, dessen Muttergesellschaft schon zu Beginn des Jahres in Norwegen Insolvenz anmelden musste. Die deutsche Tochtergesellschaft war bisher von der Insolvenz nicht betroffen. Das Unternehmen in Norwegen besteht bereits seit 1918.

„Unsere Volkswerft ist ein echtes Juwel und bietet enormes Potenzial für die industrielle Entwicklung“, so Oberbürgermeister Alexander Badrow. „Was hier alles geht, sieht man ja zum Beispiel an dem Projekt der Krebs Korrosionsschutz GmbH, die hier die riesigen Monopiles für Offshore Windkraft konserviert, oder auch an den vielen Schiffsreparaturen der Strela Shiprepair GmbH. Wir führen aktuell konkrete Gespräche und sind zuversichtlich, dass wir zeitnah neue Partner finden, die die Standortvorteile nutzen. Dabei setzen wir künftig auch auf Projektgeschäfte, die auf den bestehenden guten Kooperationen am Standort aufbauen.“ Mit dem Werftbetreiber Fosen rechnete Badrow zu diesem Zeitpunkt aber offenbar nicht mehr. 

Nach der Pleite der MV-Werften in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2022 war auch der Standort Stralsund von der Insolvenz betroffen. Fosen gehörte vor gut zwei Jahren zu den ersten Unternehmen, die Stralsund wieder auf dem Volkswerftgelände am Industriestandort ansiedelte. Zuvor hatte die Stadt das Gelände aus der Insolvenzmasse herausgekauft. Oberbürgermeister Badrow sprach damals gegenüber dpa davon, dass die ehemalige Volkswerft „zurück nach Stralsund“ komme. 

Zu wenig Arbeitsplätze und nicht gezahlte Pacht

Diese hohen Erwartungen konnte Fosen am Ende aber offenbar nicht erfüllen. Wie der NDR schreibt, habe das Unternehmen nach Gewerkschaftsangaben keine Tariflöhne gezahlt und lediglich 45 Arbeitsplätze geschaffen. Mit der Stadt sollen aber deutlich mehr Arbeitsplätze vereinbart worden sein – angeblich 100 laut Angaben von NDR. Fosen habe ihre Pacht zudem nicht vollständig bezahlt, schreibt der NDR weiter und beruft sich dabei auf Werft-Kreise. 

Durch die Kündigung der Pachtverträge hatte Fosen nun die Betriebsstätte in Stralsund verloren, was eine Ursache der Insolvenz sein dürfte. Die Stadt stellte dem Unternehmen kurz nach der Kündigung schon den Strom ab. Auf einer am Donnerstag stattgefundenen Pressekonferenz sprach Oberbürgermeister Badrow von einem sechsstelligen Pachtbetrag, den Fosen inzwischen der Stadt schulde. Es habe Versuche gegeben, eine Lösung zu finden – allerdings erfolglos. „Wir sind zuversichtlich, dass wir zeitnah neue Partner finden, die die Standortvorteile nutzen“, so Badrow weiter. 

Interessent steht schon bereit

Offenbar gibt es tatsächlich schon neue Interessenten. Die Strela Shiprepair Yard, ebenfalls ins Stralsund ansässig, wolle „die durch den Rückzug der Firma Fosen entstandene Lücke füllen“, zitiert der NDR eine Mitteilung des Unternehmens. „Dies eröffnet uns die Chance, unsere bisherigen Kapazitäten für Reparaturen und Umbauten erheblich auszubauen“, sagte Geschäftsführer Jan Tebbe-Simmendinger auf NDR-Anfrage. Angaben zur Anzahl der möglicherweise entstehenden Arbeitsplätze wurden nicht gemacht. Derzeit wird in der Schiffbauhalle das Segelschulschiff „Greif“ aus Greifswald restauriert. Die Arbeiten am Traditionssegler sind zu 75 Prozent abgeschlossen. Für die verbleibenden Arbeiten wird nun eine Lösung gesucht, so Badrow.



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