Tesla-Fabrik: Der Bau geht so zügig, weil es einen Generalunternehmer statt eines politischen Gremiums gibt
„Großprojekte in Deutschland enden meist im Desaster. Weil Visionen und Erfahrung fehlen“ schreibt Christian Erhardt, Chefredakteur von „Kommunal“, zum Thema Tesla-Fabrik. Tesla plant, bis zum Sommer 2021 mit 12.000 Mitarbeitern mit der Produktion von mindestens 100.000 Elektroautos pro Jahr bei Grünheide zu beginnen.
Deutschland habe die schwierigsten Genehmigungsverfahren der Welt, so Erhardt. Trotzdem gelingt Tesla möglicherweise dieses zeitliche Kunststück.
Auch wenn Politiker glaubten, dass der Staat die „riesigen Gewinne der Unternehmen“ viel besser für seine Bürger verwenden kann als andere – die Projekte gehören nicht in parteilich korrekt besetzte Gremien oder Politikerrunden. Erhardt:
Paritätisch durch die Parteien besetzte Aufsichtsratsgremien machen die Sache nicht besser. Erfahrung lässt sich nicht durch Proporz ersetzen, wir brauchen Kompetenz statt ein Beziehungsgeflecht. Aufgabe der Politik ist es, den politischen Willen zu formulieren. Die öffentliche Hand ist somit bei Projekten Treuhänder und Auftraggeber, aber nicht ausführendes Organ.“
Zum anderen braucht es „vor allem mehr Transparenz. Am BER hat die Politik immer neue Wünsche und Anforderungen gestellt, der Beliebigkeit waren keine Grenzen gesetzt. Nur wer am Anfang weiß, was er will, kann auch formulieren, was er braucht.“
Tesla mache es allen Kommunen vor, es sollte nun zu einem Paradigmenwechsel führen. Erhardts Beobachtungen in Kurzform: Bürokratische Hemmnisse müssen weg und die Bürger von Anfang an beteiligt werden. Schließlich sollte bei den Projekten auch das eingehalten werden, was gesagt wurde und das Vorhaben ist.
Musk zum Problem Wasser: Brandenburg ist im Vergleich mit Kalifornien keine trockene Gegend
So geht der Bau trotz der deutschen Gründlichkeit und Genehmigungsvielfalt, trotz einem Verfahren zu einem Waldstück vor dem Verwaltungsgericht und trotz Protesten wegen möglicherweise zu hohem Wasserverbrauch mit großen Schritten vorwärts. Stand Anfang September liegt nach Angaben von Erhardt bei „Kommunal“ die umweltrechtliche Genehmigung noch nicht vor – doch Elon Musk baut. Auf eigene Gefahr und mit Millionen Euro in Vorleistung.
Kritische Fragen wegen der Wasserversorgung der Fabrik begegnete Musk bei seinem Besuch in Grünheide damit, dass die damit verbundenen Probleme lösbar seien – im Vergleich zu Kalifornien sei Brandenburg schließlich keine trockene Gegend.
Verwaltungen fällt auf: Musk löst Problem mit Transparenz. Daher sei, so Christian Erhardt „die Tesla-Offensive in Brandenburg eine Transparenzoffensive, wie sie deutsche Großprojekte noch nie zuvor gesehen haben.“
Was geschah aus Sicht der Verwaltung?
Elon Musk suchte bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit transparenten Plänen eine Abstimmung mit den Behörden. Und Politikern. Und Bürgerbeteiligten. Tesla richtete zeitig ein eigenes Büro für die Bürger im Ort ein. „Kommunal“ schreibt:
Das Unternehmen schafft Vertrauen, indem es erklärt, was es vorhat. Das macht schnelle und effiziente Arbeitsabläufe auch bei den Verwaltungen und Gerichten möglich.“
Alle Pläne der Fabrik sind transparent und öffentlich, auch die Umweltschützer wurden mit genauen Berechnungen und Zahlen befriedet. Das Bau- und Genehmigungstempo – ausgerechnet im BER-Desaster-Land Brandenburg – fällt auf.
Politiker sehen „Signalwirkung“ – Rekordverdächtige Genehmigungszeit
Nach Ansicht des Mittelstandsbeauftragten der Bundesregierung, Thomas Bareiß, hat die Fabrik Vorbildcharakter für andere Großbauprojekte. „Tesla zeigt, was möglich ist, wenn politischer Wille sowie effiziente und schnelle Bearbeitungsabläufe bei Verwaltung und Gerichten auf Umsetzungswillen in Wirtschaft und Industrie treffen“, sagte Bareiß dem „Handelsblatt“.
Sollte die endgültige Baugenehmigung tatsächlich im November erfolgen, sei die Verfahrensdauer mit gerade mal zwölf Monaten „mehr als rekordverdächtig“, sagte Thomas Bareiß (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Tesla könne damit „nicht nur den deutschen Automarkt aufmischen, sondern vielmehr auch unseren Standort Deutschland in Sachen Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen revolutionieren“.
Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, spricht ebenfalls von einer „Signalwirkung“. Die zügigen Baufortschritte in Grünheide seien „ein großartiges Beispiel dafür, wie eine kluge und frühzeitige Abstimmung nach einer Grundsatzentscheidung Planung und Umsetzung beschleunigen kann“, wie Hüther dem „Handelsblatt“ sagt.
Tesla arbeite ständig an Verbesserungen
Ein Tesla-Sprecher zeigte sich zuversichtlich, dass bei der Gigafactory Berlin, so der offizielle Name des Tesla-Werks in Brandenburg, der bisherige Baurekord der Gigafactory Shanghai vor rund einem Jahr geknackt werden könne.
Das hohe Bau-Tempo in Grünheide sei unter anderem durch den intensiven Einsatz von Fertig-Bauteilen zu erklären. Aber auch der Eisenbahn-Anschluss trage dazu bei. Mit einem Zug könnten bis zu 1.200 Tonnen Baumaterial angeliefert werden. In Shanghai habe man alles mit Lastwagen transportieren müssen.
Der brandenburgische Umweltminister Axel Vogel (Grüne) lobte Tesla für sein Projektmanagement. „Tesla arbeitet permanent an Verbesserungen“, sagte Vogel. „Dort, wo andere Unternehmen sich schwertun, signalisiert Tesla: Wir wollen keine Probleme schaffen, wir wollen Probleme lösen.“
Als Beispiel nannte der Minister den Wasserverbrauch der künftigen Fabrik, die in einem Trinkwasserschutzgebiet gebaut wird. Der jährliche Wasserverbrauch sei von ursprünglich drei Millionen Kubikmeter jährlich auf nunmehr 1,4 Millionen mehr als halbiert worden.
(Mit Material von afp/dpa)
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