„Superprodukt Made in Germany“: Habeck preist Wärmepumpe – Absatz bricht ein

Stiebel Eltron stellt eins von Robert Habecks Traumprodukten her: Wärmepumpen. Doch bei seinem Unternehmensbesuch findet der Wirtschaftsminister keine Branche im Boom vor. Das würde er gern ändern.
Habeck trifft Vertreter des Betriebsrats von Stiebel Eltron. Bei dem Wärmepumpen-Hersteller droht ein Stellenabbau.
Habeck trifft Vertreter des Betriebsrats von Stiebel Eltron. Bei dem Wärmepumpen-Hersteller droht ein Stellenabbau.Foto: Swen Pförtner/dpa
Epoch Times13. August 2024

Für Wärmepumpen kann sich Robert Habeck begeistern. „Ein Superprodukt Made in Germany, das sich in jeder Hinsicht rechnet“, nennt er die Anlagen, die Wärme aus der Luft, dem Grundwasser oder dem Erdreich nutzen. Dabei hat ihm das monatelange Gewürge um das Heizungsgesetz massiv geschadet im vergangenen Jahr.

Drei Tage lang ist der Wirtschaftsminister auf Pumpen-Tour durch Norddeutschland. Den Ton setzt er beim Werksbesuch beim Wärmepumpen-Spezialisten im niedersächsischen Holzminden: „Die Wärmepumpe sorgt dafür, dass der Wert von Gebäuden zunimmt. Eine Wärmepumpe spart Geld.“

Wärmepumpen-Verkauf bricht ein

Solche Unterstützung kann die Branche gut gebrauchen. Denn der Absatz der Geräte ist zuletzt massiv eingebrochen, das Ziel der Bundesregierung von jährlich 500.000 installierten Wärmepumpen ab 2024 dürfte schon im ersten Jahr krachend verfehlt werden.

Gerade einmal 90.000 Wärmepumpen wurden nach Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) im ersten Halbjahr verkauft – ein Minus von 54 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bis zum Jahresende rechnet der BDH mit maximal 200.000 verkauften Wärmepumpen.

Das trifft auch die Firma Stiebel Eltron, wo sich zu Habecks Besuch rund 25 Vertreter von IG Metall und Betriebsrat versammelt haben, die um ihre Stellen fürchten.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist Fan der Wärmepumpe: «Eine Wärmepumpe spart Geld.»

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist Fan der Wärmepumpe: „Eine Wärmepumpe spart Geld.“ Foto: Swen Pförtner/dpa

„Wir wollen einfach nur, dass die Politik zu ihrem Wort steht“, sagt die Holzmindener Betriebsratsvorsitzende Elke Grimme. Zu unberechenbar sei das alles, meint sie und verweist auf die jüngste Förderkürzung für Energieberatungen. Außerdem müssten die Strompreise runter. Auf dem Vorplatz diskutiert Habeck mit Grimme und ihren Mitstreitern.

Beim Unternehmen Stiebel droht Stellenabbau

Um Stellenabbau werde das Unternehmen nicht herumkommen, räumt der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Stiebel ein – wenn auch nicht in der Größenordnung von 1.000 Stellen, über die das „Handelsblatt“ schrieb. Seit März ist ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit. Stiebel Eltron hat an seinen deutschen Standorten nach Angaben von Unternehmenssprecher Henning Schulz ungefähr 2.600 bis 2.700 Mitarbeiter und weltweit ungefähr 5.500.

Der Kuchen sei kleiner geworden, aber Stiebel Eltron halte mittlerweile ein größeres Stück, sagt Schulz. Seine Firma sei gar nicht darum herumgekommen, in den vergangenen Jahren massiv Stellen aufzubauen. „Die haben uns die Wärmepumpen aus der Hand gerissen.“ Ohne den Aufwuchs hätte man Marktanteile verloren.

Die aktuelle Flaute folgt auf ein Rekordjahr: 356.000 Wärmepumpen wurden 2023 verkauft. Und der Einbruch trifft auch Gasheizungen, hier fiel der Absatz im ersten Halbjahr um 42 Prozent auf 223.000 Geräte. Für die Käufer im vergangenen Jahr dürften die stark gestiegenen Gaspreise eine Rolle gespielt haben – und auch Unsicherheiten über das damals heftig diskutierte Heizungsgesetz.

Das neue Heizungsgesetz sieht generell vor, dass von 2024 an jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Die Regelungen greifen zunächst für Neubauten in einem Neubaugebiet. Funktionierende Heizungen können weiter betrieben werden. Unklar ist in vielen Kommunen noch, ob Fernwärme eine Alternative für Betroffene sein könnte.

Bundesverband ist besorgt

Die ganze Branche ist in Sorge. „Die aktuelle Marktsituation ist für die Heizungsindustrie eine Herausforderung“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), Markus Staudt, auf Anfrage der dpa. Viele Unternehmen hätten in den vergangenen zwei Jahren umfangreiche Investitionen in die Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten getätigt in der Erwartung einer politisch gewollten Entwicklung.

Wie sehr sich der Markteinbruch auf die einzelnen Unternehmen auswirke, hänge auch vom Grad der Spezialisierung und der eingeschlagenen Strategie ab. „Dies hat aktuell zu weitreichenden Maßnahmen hinsichtlich der Nutzung von Kurzarbeiterprogrammen und weiteren Einsparmaßnahmen geführt.“

Der Industrieverband bleibt vorsichtig optimistisch: „Wir rechnen mit einer Stabilisierung des Marktes, sehen aber bis dato noch keine Anzeichen für eine signifikante Besserung.“ Allein der Anstieg der genehmigten Förderanträge im Juni lasse vorsichtig hoffen.

Auch Bosch meldet starken Einbruch der Nachfrage

Bis Ende des Jahrzehnts will Bosch mehr als eine Milliarde Euro in seine Wärmepumpen-Produktion in Europa stecken. So wird etwa ein Standort in Portugal ausgebaut, in Polen entsteht bis 2027 eine neue Fabrik. Stellenstreichungen wie in anderen Bosch-Geschäftsbereichen in Deutschland waren zuletzt kein Thema.

Im Gegenteil: Ende Juli verkündete Bosch im Bereich Heizung, Lüftung und Klimatisierung den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte. Für 7,4 Milliarden Euro übernimmt die Gruppe Teile des irischen Gebäudetechnik-Konzerns Johnson Controls – unter anderem, um sich global besser aufzustellen. Das Unternehmen geht davon aus, dass der weltweite Markt für Produkte in dem Bereich bis 2030 um 40 Prozent wachsen wird.

Die Klimatechnik-Tochter von Bosch hat zuletzt eine deutliche Delle bei den Wärmepumpen-Bestellungen verzeichnet. Hierzulande war die Nachfrage Ende 2023 und zu Beginn dieses Jahres nach früheren Angaben von Spartenchef Jan Brockmann stark eingebrochen – unter anderem wegen der lange unklaren Heizungsförderung und der Krise im Bausektor.

Zu Jahresbeginn hatte Bosch-Chef Stefan Hartung die Wechselhaftigkeit der Politik auch beim Thema Wärmepumpe als „Gift für langfristige Kaufentscheidungen“ kritisiert. Mit der vollständigen Wirkung des Heizungsgesetzes in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts rechnet der schwäbische Technologiekonzern mit einem nachhaltigen Schub für die Elektrifizierung im Heizungsmarkt. Verkaufszahlen nennt die Bosch Home Comfort Group, die bis Frühjahr 2023 Bosch Thermotechnik hieß, nicht.

Kurzarbeit bei Heiztechnik-Hersteller Vaillant

Auch der Heiztechnik-Hersteller Vaillant hat mit der Absatzflaute zu kämpfen. Schon Mitte Mai kündigte der Familienkonzern an, weltweit rund 700 Stellen in der Verwaltung abbauen zu wollen, davon 300 in Deutschland. Begründung: Man wolle das Unternehmen damit an die neue Nachfragesituation und die künftigen Markt- und Kundenanforderungen ausrichten.

Auswirkungen hat die verhaltene Nachfrage auch auf die Produktion bei Vaillant: Mitte Juli sagte der Geschäftsführer von Vaillant Deutschland, Tillmann von Schroeter, dem Medienhaus Ippen, dass man sich mit rund 100 Personen in Teilen der Produktion noch in Kurzarbeit befinde – von insgesamt 5.000 Beschäftigten in Deutschland. „Mittelfristig rechnen wir damit, dass das Geschäft mit Wärmepumpen wieder anziehen wird“, sagte von Schroeter in dem Interview weiter. (dpa/red)



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