Stürzt das Coronavirus Italien in die Rezession?

In Norditalien ist vor allem die Wirtschaftsregion rund um Mailand vom Coronavirus-Ausbruch betroffen. Ökonomen warnen vor Folgen für die sowieso schon kränkelnde Wirtschaft in ganz Italien. Auch deutsche Unternehmen sind besorgt.
Titelbild
Eine Frau mit Mundschutz vor einem Restaurant in Mailand.Foto: Claudio Furlan/LaPresse via ZUMA Press/dpa/dpa
Epoch Times26. Februar 2020

Mailand ist stolz auf seinen Status als Italiens Wirtschafts- und Modemetropole. Doch die Krise um den Ausbruch des Coronavirus in der Region Lombardei bremst nicht nur die Stadt aus, sondern könnte die gesamte Wirtschaft des Landes anstecken.

Und um die ist es sowieso seit Jahren nicht gut bestellt. Im letzten Quartal 2019 sank das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent – der größte Rückgang im Vergleich zum Vorquartal seit fast sieben Jahren.

„Uns geht es sowieso schon nicht sehr gut“

„Uns geht es sowieso schon nicht sehr gut, und wir riskieren nun ernsthaft eine Rezession“, sagte der Ökonom Andrea Giuricin von der Mailänder Bicocca-Universität. Die Behörden kämpfen mit drastischen Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des Virus. Mehrere Gemeinden in der Provinz Lodi rund 60 Kilometer von Mailand entfernt wurden isoliert.

Auch Mailand mit seinen rund 1,3 Millionen Einwohnern ist lahmgelegt. „Die Stadt, die nie still steht, steht nun still“, sagte der Wirtschaftsprofessor Francesco Daveri von der Bocconi-Universität. Viele Geschäfte haben geschlossen, viele Unternehmen haben ihren Mitarbeitern die Arbeit daheim verordnet. Schulen und Universitäten sind zu, Fußballspiele wurden abgesagt.

DHL setzt Zustellung von Paketen aus

Die Deutsche Post DHL setzte die Zustellung von Paketen in den besonders betroffenen Regionen aus. Der Dienstleister transportiert in Italien wie in vielen anderen Staaten Pakete von und zu Kunden. Unternehmen wie Lidl sagten Dienstreisen von und nach Italien ab. Auch die Deutsche Bank rät von Reisen in die betroffenen Gebiete ab.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hatte sich bereits am Dienstag besorgt gezeigt. „Die rasche Ausbreitung des Virus insbesondere im Norden trifft das Wirtschaftszentrum Italiens und sorgt aktuell für zusätzliche Verunsicherung der deutschen Exportwirtschaft“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Das Handelsvolumen Deutschlands mit der Lombardei sei fast so groß wie jenes mit Japan.

Drakonische Vorkehrungen gelten derzeit auch in der Region Venetien um Venedig herum, die wie die Lombardei als Wirtschaftsmotor des Landes gilt. Zusammen bilden die beiden Regionen ein Drittel der Wirtschaftskraft des Landes. Stehen sie still, hat das einen Effekt auf das ganze Land.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen könnten riesig sein“, räumte Regierungschef Giuseppe Conte ein.

Es sei aber zu früh, konkrete Schätzungen über das Ausmaß zu machen. Die Maßnahmen der Behörden könnten einerseits schwere Folgen verhindern, aber auch den kurzfristigen Schaden der Wirtschaft erhöhen, erklärte der Analyst Jack Allen-Reynolds von Capital Economics. Die Behörden hätten mit aller Kraft reagiert, „und diese Reaktion hat mehr Auswirkungen auf die Wirtschaft als die Krankheit selbst“.

Tourismus wird schwer leiden

Absehbar ist schon jetzt, dass der Tourismus schwer leiden wird. Viele Leute schrecken davor zurück, eine Reise nach Italien zu buchen. Hoteliers klagen über Einbußen. Mehrere Länder warnen vor Reisen nach Italien. Einige Fluggesellschaften setzten schon Verbindungen nach Mailand aus. Auch die Luxus- und die Unterhaltungsbranche leiden. Kinos und Theater sind zu. Modeunternehmen wie Gucci, Prada oder Versace bangten schon vor dem Ausbruch in Italien um zahlungskräftige Kunden aus China.

Anders als in China gab es bisher aber keine Werkschließungen im großen Stil. Die Nachfrage nach nicht unmittelbar notwendigen Waren könnte einbrechen. „Wer sich einen schönen neuen Pullover oder ein Kleid oder auch ein neues Auto kaufen will, wird es vielleicht nicht unbedingt jetzt tun“, sagte Wirtschaftsprofessor Daveri.

Aber es müsse auch nicht nur Nachteile geben. „Es stimmt nicht, dass jeder in einer Krise verliert. Es gibt Gewinner und Verlierer“, sagte er. Zum Beispiel seien die Absätze in Supermärkten extrem angestiegen – während die in Bars und Restaurants gesunken seien. „Die Menschen geben weniger für auswärts Essen aus dafür mehr fürs Kochen zu Hause.“ Die Regierung arbeitet nun an Erleichterungen für betroffene Unternehmen und Haushalte: zum Beispiel verschobene Fristen für Steuerzahlungen oder Hypotheken. (dpa)

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