Strompreis für große Industriebetriebe steigt bis 2030 um 50 Prozent
Im Stromgroßhandel werden die Preise bis 2030 massiv steigen. Das ergab eine Studie des Beratungsunternehmens Prognos. Ohne Steuern und Abgaben rechnen die Fachleute mit einem Anstieg von etwa vier auf sechs Cent je Kilowattstunde – ein Aufschlag von 50 Prozent.
Ursache seien die steigenden Preise für Erdgas und CO2. Zudem bezogen die Fachleute das neue deutsche Klimaziel für 2030 ein, welches seit Kurzem eine 65-prozentige Minderung von CO2 vorsieht. Die Änderung im Klimaschutzgesetz wurde noch nicht vom Bundeskabinett verabschiedet.
Wettbewerbsfähigkeit und Stromkosten
Sowohl Industrie als auch private Haushalte zahlen im europäischen Vergleich mit die höchsten Stromkosten. „Wenn in Deutschland nicht gegengesteuert wird, drohen zwangsläufig Betriebsschließungen und Standortverlagerungen“, sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, dem „Handelsblatt“.
Um die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Maßstab zu erhalten, sei aus Sicht der Bayerischen Wirtschaft ein Industriestrompreis von unter vier Cent notwendig.
Die Studie wurde von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) in Auftrag gegeben und erschien passend vor dem Online-Kongress der Vereinigung am 11. Mai. Dieser befasst sich mit der deutschen Energiepolitik und der Schwierigkeit, die Stromkosten mittels Ausbau der Erneuerbaren Energien auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu senken.
Privathaushalte, Gewerbekunden und Industriekunden
In Deutschland sind die Strompreise für Haushalte, Gewerbe und Industrie unterschiedlich. Deutschland hat für Privathaushalte die höchsten Strompreise in Europa, schreibt „Stromauskunft.de“. 2002 betrugen die Strompreise für Verbraucher 16,1 ct/kWh, sie haben sich bis 2021 nahezu verdoppelt.
Der Großteil des Preises geht auf staatlich vorgeschriebene Abgaben, Steuern und Umlagen zurück. Derzeit liegt der staatliche Anteil am Strompreis bei rund 52 Prozent, der Anteil der Energieversorger bei rund 25 Prozent.
Dass der Strompreis für Haushalte und Gewerbe regional sehr unterschiedlich sein kann, liegt an den Netzentgelten, welche die regional zuständigen Netzbetreiber erheben. Aktuell liegen diese bei rund 22 Prozent des Strompreises.
In der Regel gilt, je mehr Strom man bezieht, desto günstiger wird der Tarif. Im Jahr 2020 kam es nach Angaben der Bundesnetzagentur durchschnittlich zu diesen Preisen:
- Haushaltsstrompreis: 32,05 ct/kWh
- Gewerbestrompreis: 23,03 ct/kWh (bezogen auf einen Jahresverbrauch von 50.000 kWh)
- Industriestrompreis: 16,54 ct/kWh (mittlere Gewerbebetriebe mit einem Jahresverbrauch von 2 bis 20 Mio. kWh)
- Privilegierte stromintensive Industriebetriebe zahlen im Idealfall 4,7 ct/kWh (Jahresverbrauch von 70 bis 150 Mio. kWh)
Betroffen von dieser Preissteigerung im Stromgroßhandel sind Betriebe mit einem hohen Jahresverbrauch von 70 bis 150 Mio. kWh. Beispielsweise müsste ein Unternehmen mit einem Verbrauch von 100 Mio. kWh dann zwei Millionen Euro mehr Stromkosten zahlen.
Insgesamt setzte sich der Strompreis aus folgenden Komponenten zusammen: Stromsteuer, Konzessionsabgaben, KWK-Umlage, EEG-Umlage, $19 Umlage, Mehrwertsteuer, Offshore Umlage, STROM NEV, Umlage für abschaltbare Lasten und Netzkosten.
Ein Fünftel des deutschen Stromverbrauchs subventioniert?
Bei stromintensiven Industriebetrieben kann die EEG-Umlage nach §§ 63 ff. Erneuerbare-Energien-Gesetz 2021 verringert werden. Das wird als „privilegiert“ bezeichnet.
Im Jahr 2020 stellten 2.156 Unternehmen bestimmter Branchen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einen Antrag auf Begrenzung der EEG–Umlage. Der Antrag muss jährlich bis zum 30. Juni eingereicht werden und wird für das folgende Kalenderjahr gültig.
Die Kosten für die Stromsubvention zahlen die anderen Stromverbraucher mit. Das betrifft etwa ein Fünftel des deutschen Stromverbrauchs.
Familienunternehmen sehen die Lage kritisch
Deutschlands Familienunternehmen sehen die Energiepolitik der Bundesregierung kritisch. Diese sei von Ideologie statt Vernunft getrieben, argwöhnt Verbandschef von Eben-Worlée. Der Ausbau erneuerbarer Energie erfolge ohne Beachtung des Risikos von Stromausfällen.
„Spätestens die neue Bundesregierung darf sich nicht mehr allein nur auf ihre hohen Ausbauziele fokussieren, sondern muss das Gesamtsystem ins Auge fassen“, betont der Verbandschef. Das bedeute, dass auch die Erneuerbaren Wege finden müssten, eine Grundlast mit störungsfreien Stromlieferungen zu garantieren.
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