Steuerfrei: Arbeitgeber dürfen mit 3.000 Euro oder 600 Euro unter die Arme greifen
Die offizielle Teuerungsrate war im Oktober 10,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ist ein Durchschnittswert des sogenannten Warenkorbs, in dem unterschiedlichste Konsumgüter als Berechnungsgrundlage herangezogen werden. Im Lebensmittel- und Energiebereich sind die Preissteigerungen aber bereits weit über die 10-Prozent-Marke hinaus gestiegen (Epoch Times berichtete). Mehr finanziellen Spielraum für die Bürger sollte das Entlastungspaket III verschaffen, das durch die Bundesregierung initiiert wurde. Bestandteil dessen ist die sogenannte Inflationsprämie, die der Bundestag beschlossen hat. Demnach hat der Bund wegen der zunehmend hohen Preise in Deutschland Zusatzzahlungen von Arbeitgebern an ihre Beschäftigten bis zu einer Höhe von 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei gestellt.
Unter der Inflationsprämie ist seine steuerbefreite Einmalzahlung zu verstehen, in dem Fall nicht vom Staat an die Bürger, sondern von Arbeitgebern an seine Beschäftigten. Diese Zusatzzahlung vom Arbeitgeber on top zum Gehalt darf bis zu 3.000 Euro pro Beschäftigtem betragen und kann bis Ende 2024 ausgezahlt werden.
Zum Vergleich: Die Energiepreispauschale umfasste ein Zehntel der möglichen Höhe der aktuellen Entlastungsprämie, also 300 Euro, die zudem auch noch versteuert werden mussten, wodurch oftmals – je nach Steuersatz – nur die Hälfte bei den Festangestellten auf dem Konto ankam.
Immerhin, möchte man meinen, 3.000 Euro steuerfrei, das klingt erst einmal gut!
Wenn man sie denn bekäme – als Arbeitnehmer.
Wenn man sie denn hätte – als Arbeitgeber.
Was hier schon von Bundeskanzler Olaf Scholz im August bei der Verabschiedung als großzügiges Geschenk verkauft wurde, ist es nämlich gar nicht, denn einer muss die Zeche bezahlen. Das ist in dem Fall der Arbeitgeber. So er will oder kann. Das Geschenk vom Staat ist eigentlich nur, dass der Bund breit ist, so Scholz, „bei zusätzlichen Zahlungen der Unternehmen an ihre Beschäftigten einen Betrag von bis zu 3.000 Euro von der Steuer und den Sozialversicherungsabgaben zu befreien.“ Auch Teilzeit- und Minijobber können die Inflationsprämie kriegen.
Heißt im Klartext, wenn Unternehmen bis zu „drei Scheine“ an ihre Beschäftigten zahlen, können sie dieses steuerfrei. „Das Geschenk“ des Staates ist also, dass er nicht zusätzlich abkassiert, auf den Betrag keine Steuern erhebt – wuppen müssen die Unternehmen diesen aber erst einmal selber. Wahrscheinlich kann man hinter die Prämie einen Haken machen, besser drei:
Alles kann, nichts muss
Beschäftigte haben also keinen Anspruch auf die 3.000 Euro Prämie. Es handelt sich zudem nicht zwangsläufig um 3.000 Euro, sondern um „bis zu“ 3.000 Euro. Wie viel Arbeitgeber ihren Beschäftigten an Inflationsprämie zahlen, entscheiden hierbei die Arbeitgeber selbst. Und darüber hinaus: Ob sie die Prämie überhaupt an ihre Arbeitnehmer bezahlen, beruht auch auf Freiwilligkeit des Arbeitgebers.
Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Womit an dieser Stelle schon fast der zweite Haken gesetzt werden kann: Angesichts der grassierenden Inflation und sich verschärfenden wirtschaftlichen Lage werden sich viele Unternehmen überlegen, ob sie so eine Prämie auszahlen wollen und überhaupt können. Steuern hin oder her.
Denn immer mehr Unternehmen, vor allem im mittelständischen Bereich, können inzwischen den höher werdenden Beschaffungskosten nicht mehr standhalten (Epoch Times berichtete am Beispiel einer Bäckerei).
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) warnte bereits vor vielen Pleiten: „Eine Insolvenzwelle unter kleinen und mittleren Unternehmen ist ein Szenario, mit dem wir mittlerweile rechnen müssen. Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand und wissen schon jetzt nicht mehr, wie sie die höheren Kosten bewältigen sollen.“
So Bundesgeschäftsführer des Verbands Markus Jerger schon im August gegenüber dem „Handelsblatt“. Nach einer verbandsinternen Umfrage hätten vier von zehn Unternehmen geantwortet, dass allein die stark steigenden Energiepreise eine existenzielle Bedrohung darstellen. Das bedeutet bei einer deutschlandweiten Hochrechnung der Zahlen bei „3,5 Millionen existierenden Unternehmen in Deutschland [sind] 1,4 Millionen bedrohte Unternehmen“.
Beispiel Corona-Prämie
Mit den Erfahrungen von der sogenannten Corona-Prämie lässt sich auch in dem Fall der aktuellen Entlastungsprämie vermuten, dass vor allem Beschäftigte mit Tarifverträgen von der zusätzlichen Zahlung profitieren werden. Bei der Corona-Prämie zumindest durften in den zwei Jahren ab März 2020 insgesamt bis zu 1.500 Euro ohne Abzüge ausgezahlt werden, theoretisch. In der Praxis zahlten aber längst nicht alle Arbeitgeber die Prämie aus oder wenn, dann oft nur in geringem Umfang.
Möglicher Fehlanreiz für Arbeitnehmer
Ein weiterer Haken, den diese Prämie hat, ist, dass bestimmte Kontrollmechanismen bei beispielsweise einer Mehrfach-Auszahlung nicht bedacht wurden.
Was ist, wenn jemand innerhalb des Inflationsprämien-Zeitraums, also bis Ende 2024, den Arbeitgeber wechselt, vielleicht sogar mehrfach, und sich von jedem der Arbeitgeber als „Einstiegsgeschenk“ die Prämie auszahlen lässt? Gerade in Berufen, in denen es Fachkräftemangel gibt, könnte so ein Arbeitgeber-Hopping mit jeweils neu ausgezahlter Inflationsprämie ein lohnendes Zusatzsalär sein – steuerfrei.
Epoch Times fragte bei einer 42-jährigen Unternehmerin im sozialen Bereich mit 35 Mitarbeitern nach: „Das ist eines der Hauptprobleme, die uns als Arbeitgeber im sozialen Bereich erwartet. Nicht nur, dass es für viele mittelständische Unternehmen nicht einfach sein wird, so eine Prämie überhaupt aufzubringen, gerade auch wegen der höheren Kosten durch Energiepreissteigerungen und auch ansonsten gestiegenen Beschaffungskosten. Wenn wir Arbeitskräfte suchen, und in unserem Bereich herrscht immer Fachkräftemangel, können die Anwärter auf die Prämien ins Feld führen, quasi als Einstiegsbedingung. Die Möglichkeit, auch bei einem nächsten Arbeitgeber wieder eine Prämie zu bekommen, wird es noch einmal schwieriger machen, neue Mitarbeiter dauerhaft an ein Unternehmen zu binden, wenn man sie einmal gefunden hat. So wie diese Entlastungsprämie gestaltet ist, kann sie auch als ein Anreiz fürs Job-Hopping verstanden werden.“
Alternativen zur Inflationsprämie
Unabhängig von dieser Inflationsprämie gibt es noch weitere Möglichkeiten, etwas mehr vom Chef zu bekommen, ohne dass dieser gleich mehr an den Fiskus abführen muss: nämlich Zuschüsse in Höhe von 600 Euro pro Jahr.
Das sind bestimmte Sachbezüge im Wert von bis zu 600 Euro pro Jahr, die ebenfalls steuerfrei für Mitarbeiter und auf für den Arbeitgeber sind, und die im Zweifelsfall dessen Budget, wie bei 3.000 Euro schnell möglich, auch nicht sprengen. Hier liegt vielleicht noch ein weiterer Mehrwert für Chef und Mitarbeiter: Sie können auch als Ressource für die Arbeitskraft und deren Erhalt dienen und darüber mehr Bindung zwischen Unternehmen und Arbeitgeber bewirken, als es eine zusätzliche Geldspritze vielleicht kann.
On top mit Mehrwert
Diese Sachbezüge bis zu einer Höhe von durchschnittlich 50 Euro pro Monat aufs Jahr gerechnet sind steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Minijobbber und Arbeitnehmer mit mehreren Arbeitgebern können die 50 Euro Freigrenze pro Monat auch mehrfach in Anspruch nehmen.
Diese Benefits können Waren oder Dienstleistungen sein, spendiert vom Chef. Hierbei ist ein Sachbezug gefordert, dafür wurde vom Bundesfinanzministerium die Abgrenzung zwischen Geld- und Sachwerten konkretisiert. Die Produktpalette muss eingeschränkt sein, deshalb gehen zum Beispiel keine Online-Marketplace-Gutscheine wie von Amazon. Gefordert ist ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG) wie Gutscheinkarten von Einkaufsläden, Einzelhandelsketten und regionalen City Cars oder begrenzte Produktpaletten (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b ZAG) wie Tankkarten eines Anbieters, Gutscheinkarten für Buchläden, Streamingdienste oder Fitnesskarten.
Steuerfreie Mitarbeiterbindung durch Zusatzbenefits
Weitere steuerfreie Extras, die zusätzlich noch die Bindung zum Unternehmen fördern, mit denen Wertschätzung ausgedrückt werden kann und die im besten Falle die Arbeitskraft der Mitarbeiter erhalten und schonen, können zum Beispiel auch sein: Maßnahmen zur Gesundheitsförderung wie Massagetermine, Fitnessgutscheine oder die Finanzierung von Sportkursen, Zuschüsse für Kitas oder Kuren bis zu 600 Euro im Jahr. Gerne wird auch die private Nutzung des Diensthandys von Arbeitnehmern in Anspruch genommen.
Manchmal geht es aber auch nur um Kleinigkeiten, und das nicht nur kurz vor Weihnachten: Aufmerksamkeiten wie etwa ein Blumenstrauß, eine Flasche Sekt oder ein Geschenk zu einem persönlichen Anlass oder Feiertagen dürfen das Unternehmen bis zu 60 Euro im Jahr kosten – einschließlich Umsatzsteuer.
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