Shoppingportale: Politischer Druck auf Temu und Shein – Habeck will schärfere Regeln

Mode, Elektronik oder Küchenutensilien – auf asiatischen Shoppingportalen werden Produkte zu erstaunlich niedrigen Preisen angeboten. NRW-Finanzminister Optendrenk plädiert dafür, alle Pakete aus Fernost konsequent zu öffnen und auf Inhalt sowie Wert zu überprüfen.
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Die riesigen Warenmengen von Shein und Temu „verstopfen“ auch die Luftfracht – weltweit wurden Anfang 2024 täglich 4.000 bis 5.000 Tonnen Waren von Shein und Temu per Flugzeug transportiert. Apple kommt etwa auf 1.000 Tonnen täglich.Foto: Matthias Balk/dpa/dpa
Epoch Times6. September 2024

Der Erfolg der umstrittenen asiatischen Shoppingportale Temu und Shein ruft die Finanzminister von Bund und Ländern auf den Plan.

Das Thema komme in der nächsten Woche auf die Tagesordnung der Finanzministerkonferenz, sagte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) der dpa in Düsseldorf und kritisierte die Handelsfirmen scharf. „Diese Plattformen bringen Plagiate und gesundheitsgefährdende Stoffe in die EU – und verzerren bewusst Warenwerte, um Steuern und Zollgebühren zu hinterziehen.“

Auf Temu und Shein können Konsumenten billig einkaufen, die Handelsplattformen erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit. Die Portale sind jedoch umstritten. Handelsvertreter, Politiker und Verbraucherschützer kritisieren unter anderem Produktqualität, mangelnde Kontrollen, manipulative Kaufanreize und unfaire Wettbewerbsbedingungen.

Auch Vertreter des deutschen Einzelhandels sind besorgt. So beklagt der Chef des Handelsunternehmens KiK, Patrick Zahn, ein zu lasches Durchgreifen der Politik gegen Shein und Temu. Die Marktteilnahme dieser Firmen hierzulande sei „eine schreiende Ungerechtigkeit“.

Wirtschaftsministerium will Regeln verschärfen: digitaler Produktpass

Das Bundeswirtschaftsministerium will nun die Regeln für chinesische Online-Plattformen verschärfen und verlangt mehr Kontrollen ihrer Produkte. Das geht aus einem „Aktionsplan E-Commerce“ des Ministeriums hervor.

Häufig kämen über die Plattformen Produkte auf den europäischen Markt, die gegen EU-Vorgaben rund um Produktsicherheit, Verbraucherschutz, Gesundheits- oder Umweltstandards verstießen, heißt es in dem dreiseitigen Plan. Dies solle durch eine „konzertierte Aktion“ von Zoll und Behörden möglichst in allen EU-Ländern unterbunden werden, etwa durch systematische Kontrollen und Testkäufe.

So schlägt das Ministerium vor, Informationen zur Produktsicherheit oder zu Umwelt- und Gesundheitsschutz künftig im digitalen Produktpass zu hinterlegen.

Zudem sollen die Behörden bei Verstößen auch die Plattformen selbst belangen können, „wenn für die Hersteller kein verantwortlicher Wirtschaftsakteur identifizierbar oder greifbar ist“. Verstöße müssten europaweit in einer Datenbank gesammelt werden, um so „systemisches Fehlverhalten aufzudecken und sanktionieren zu können“.

Auch die Datenschutzbehörden sollten enger zusammenarbeiten. „Wir beobachten, dass Onlinehandelsplattformen in großem Umfang personenbezogene Daten erheben und nutzen“, schreibt das Wirtschaftsministerium. Langfristig sei eine schlagkräftige EU-Datenschutzbehörde notwendig.

Zollfreigrenze von 150 Euro abschaffen

Viele der Regelungen liegen in der Kompetenz der EU, das deutsche Ministerium kann nur Vorschläge machen. Dazu zählt eine Sonderregel, die den Plattformen Temu und Shein als Schlupfloch dient: die Zollfreigrenze von 150 Euro.

Die asiatischen Online-Plattformen nutzen vor allem Luftfracht. Bei Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern müssen für Pakete mit einem Warenwert unter 150 Euro bei der Einfuhr keine Gebühren bezahlt werden.

Ihnen wird vorgeworfen, dass viele Sendungen falsch deklariert seien, um die 150-Euro-Grenze einzuhalten. Bestellungen werden auf mehrere Pakete aufgeteilt, alle Produkte bereits in China verpackt.

Die Firmen widersprechen solchen Vorwürfen. Sie betonen, sich an geltende Regeln zu halten. Nach ihren Angaben verlangen sie von den Firmen, deren Waren über das Portal verkauft werden, die Einhaltung strenger Sicherheitsstandards. Kinderarbeit werde nicht geduldet.

Der Verdacht, das viele Produkte in Zwangsarbeit hergestellt werden, reißt jedoch nicht ab.

Habecks Ministerium tritt nun für eine möglichst „bürokratiearme“ Abschaffung ein – schließlich muss anschließend für jedes Päckchen Zoll erhoben werden. Die EU will diese Sonderregel ab 2028 abschaffen.

„Wer online einkauft, muss sich auf sichere und unbedenkliche Produkte verlassen können“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der Zeitung. Giftige Substanzen gehörten nicht in Kleidung oder Spielgeräte. „Die deutschen und europäischen Sicherheitsstandards müssen erfüllt und durchgesetzt werden.“

Konkurrenz belebe das Geschäft, sagte Habeck. „Aber: Die deutschen und europäischen Unternehmen dürfen nicht dadurch benachteiligt werden, dass andere die geltenden Regeln umgehen.“ Europas Regeln gälten schließlich für alle Händler. (dts/red)

NRW: Alle Pakete konsequent öffnen

Auch NRW-Finanzminister Optendrenk warnt vor einer „massiven Verzerrung des Wettbewerbs“. Der Kontrolldruck müsse „erheblich erhöht werden – kurzfristig und nachhaltig“, so der Christdemokrat.

„Während europäische Unternehmen Steuern, Zollgebühren und Lieferkettengesetz ordentlich beachten, drücken sich Temu und Shein systematisch davor – das dürfen wir nicht akzeptieren.“

Man müsse zweigleisig agieren. „Einerseits braucht es die möglichst schnelle Anpassung des Zollrechts, andererseits müssen die bestehenden Regeln schon jetzt wirksam durchgesetzt werden“, sagte Optendrenk.

Die Zollkontrollen sollten verstärkt werden. „Wenn für einen gewissen Zeitraum wirklich alle Pakete aus Fernost konsequent geöffnet und auf Inhalt sowie Wert überprüft werden, haben wir erstens einen guten Überblick über das Ausmaß des Problems – und wir haben ein vernehmbares Signal nach China gesendet.“

Warenmengen verstopfen Luftfracht

Die riesigen Warenmengen der chinesischen Unternehmen Temu und Shein führen auch zu Engpässen im Luftverkehr. Sie überschwemmen den Markt mit Billig-Produkten, welche die Frachtraten auf Rekordhöhen treiben. Täglich kommen allein in Deutschland rund 400.000 Pakete an (Stand März 2024).

Weltweit werden pro Tag 4.000 bis 5.000 Tonnen dieser Waren per Flugzeug transportiert, Apple kommt etwa auf 1.000 Tonnen täglich. Die Ausweitung der Fracht geht auf Kosten anderer Unternehmen, die ihre Kunden vertrösten müssen.

Temu überlegt offenbar, ähnlich wie Amazon eigene Maschinen zu leasen. Marktbeobachter schätzen, dass Shein rund ein Fünftel des weltweiten Fast-Fashion-Markts beherrscht. (afp/dpa/red)



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