Schweiz: Raiffeisen erschwert Abheben von Guthaben auf Privatkonten

Eine sogenannte Rückzugslimite, welche die Abhebung eigenen Guthabens erschwert, ist auch in der Schweiz bei Sparkonten seit längerem üblich. Raiffeisen führt es nun auch bei Privatkonten ein, vorerst ab einem Betrag von 100.000 Franken.
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In der Schweiz erschwert Raiffeisen künftig das Abheben von mehr als 100.000 Franken vom Privatkonto. Symbolbild.Foto: iStock
Von 12. Dezember 2023

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Für Verwunderung sorgt die Raiffeisen-Bank derzeit bei ihren Kunden in der Schweiz. Ab 1. Januar 2024, so heißt es in einem Rundschreiben, gilt auch für Privatkonten eine sogenannte Rückzugslimite. Diese greift ab einem Guthaben von 100.000 Schweizer Franken (ca. 105.860 Euro).

Wer darüber hinaus Geld abheben möchte, muss entweder mit 31-Tages-Frist eine Betragskündigung erklären oder eine sogenannte Nichtkündigungskommission (NKK) entrichten. Diese Strafgebühr erstreckt sich auf den darüber hinausgehenden Guthabensbetrag. Die Rückzugslimite bezieht sich auf vorhandenes Guthaben – nicht auf die Überziehung eines Kontos. In diesem Fall greift der Sollzins.

„Rückzugslimiten auf Privatkonten in der Schweiz absolut unüblich“

Als einer der Ersten hat auf X der Ökonom Marc Friedrich auf die Entscheidung aufmerksam gemacht – und von „Entmündigung“ gesprochen.

Einige weitere Nutzer sahen in der Entscheidung einen Anlass zur Spekulation über mögliche Unwägbarkeiten, die den Ausschlag dafür gegeben haben könnten. Im Regelfall arbeiten Banken in der Schweiz hauptsächlich im Bereich der Sparkonten mit Rückzugslimiten. Bei privaten Zahlungskonten sind sie weitgehend unüblich.

Raiffeisen gilt in der Schweiz als systemrelevant

Bei Sparkonten sind diese Konstruktionen deshalb weit verbreitet, weil diese im Regelfall höhere Zinsen bieten. Der Hintergrund von Rückzugslimiten und Nichtkündigungskommission sind vor allem verschärfte Liquiditätsvorschriften. Diese hatte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) seit der Weltfinanzkrise 2008 sukzessive verschärft.

Offenbar bestand dafür auch Anlass – sogar in der Schweiz, die als Muster-Finanzplatz gilt. Dass auch dort längst nicht mehr alles Gold ist, was glänzt, zeigte erst zu Jahresbeginn die Notfusion der Credit Suisse mit UBS. Diese galt als „systemrelevant“ – ebenso wie Raiffeisen.

Hauptanliegen der Finma ist es, zu gewährleisten, dass die bedeutenden Schweizer Geschäftsbanken nicht von Liquiditätsengpässen heimgesucht werden. Mithilfe der Beschränkungen bezüglich der Höhe und des Zeitraums der Behebung von Guthaben sollen Banken verhindern, dass zu große und zu schnelle Mittelabflüsse sie überrollen.

Liquide Mittel sollen auch im Krisenfall bereitstehen

Rückzugslimiten und Nichtkündigungskommission sollen auf die Kunden eine abschreckende Wirkung entfalten. Auf diese Weise soll es Banken möglich sein, auch in Krisenlagen über ausreichend liquide Mittel zu verfügen. Immerhin verwenden sie die Einlagen der Sparer für Zwecke wie die Vergabe von Krediten oder die Zahlung von Boni.

Auch deshalb sind die Kündigungsfristen nicht etwa mit Monatsfristen, sondern mit mindestens 31 Tagen bemessen. Die Banken sind verpflichtet, auch im Krisenfall eine sogenannte Liquiditätsquote (LCR) über 30 Tage sicherzustellen.

Für Sonderfälle wie die Auflösung von Fondsdepots oder die Bezahlung von Immobilien sehen manche Banken in ihren Geschäftsbedingungen spezielle Regelungen vor. Andere bringen aus Kulanzgründen die Rückzugslimiten oder die Nichtkündigungskommission nicht zur Anwendung. Ein Muss stellt ein solches Vorgehen jedoch nicht dar.

Bei Raiffeisen gab es Rückzugslimiten schon einmal auf Privatkonten

Dass Raiffeisen den üblichen Anwendungsbereich der Konstruktionen nun überschreitet und auch im Privatkontenbereich Rückzugslimiten einführt, weckt Spekulationen. Da ein solcher Schritt Verwaltungsaufwand und unzufriedene Kunden nach sich zieht, müsse – so die Meinung mancher X-Nutzer – ein spezieller Grund dahinterstecken. Möglicherweise einer, über den man sich zu sprechen scheue.

Einige wittern mögliche Bankenruns, andere wittern mögliche hausgemachte Probleme im Liquiditätsmanagement. Weitere Spekulationen argwöhnen, die Maßnahme könnte dem Anliegen dienen, den Gebrauch von Bargeld zurückzudrängen – zumal es demnächst in der Schweiz einen Pilotversuch mit digitalem Zentralbankgeld (CBDC) geben soll. Allerdings ist Raiffeisen in diesen nicht involviert.

Tatsächlich muss nicht zwingend ein ungewöhnlicher Grund hinter der Entscheidung stehen. Mitte der 2010er-Jahre galten für Raiffeisen-Privatkonten sogar schon einmal deutlich restriktivere Bestimmungen. Die Rückzugslimite auf das Privatkonto betrug bis Ende 2015 sogar 50.000 Franken. Erst seit 2016 war sie in diesem Bereich aufgehoben. Bei den Sparkonten gab es durchgehend Restriktionen.

 



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