Scharfe Kritik an Habeck: Autogipfel bleibt hinter den Erwartungen zurück

Der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck einberufene „Autogipfel“ endete ohne konkrete Ergebnisse. Trotz hoher Erwartungen brachte das Treffen keine Beschlüsse, sondern nur einen Austausch über den stockenden Absatz von E-Autos. Branchenexperten kritisieren die fehlende Strategie und bezeichnen den Gipfel als enttäuschend. Ob die Branche mit weiterer Unterstützung rechnen kann, ist auch zwei Tage nach dem Treffen offen.
Will keine Schnellschüsse: Wirtschaftsminister Habeck.
„Strohfeuer“ findet Wirtschaftsminister Habeck nicht hilfreich. Experten der Autobranche hätten sich vom Minister dann aber doch Konkretes gewünscht.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 25. September 2024

Mit Spannung schaute die Branche am Montag auf den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einberufenen „Autogipfel“. Viele Vorschläge gab es vor dem Treffen des Ministers mit den größten deutschen Automobilherstellern und -zulieferern, dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Gewerkschaft IG Metall – herausgekommen ist am Ende wenig Konkretes. Hauptthema des Austausches der Branchenvertreter mit dem Wirtschaftsminister war der Absatz von E-Autos auf dem deutschen Markt. Dieses stockt.

Austausch – keine Beschlüsse

Die SPD hatte kurz vor dem Treffen ein Comeback der Abwrackprämie in Form eines Bonus beim Kauf eines E-Autos ins Spiel gebracht. Der Volkswagen Konzern hätte gerne eine E-Auto-Prämie gehabt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte gestern nach einer Parteivorstandssitzung in München sogar mehr „Auto-Patriotismus“ von der Bundesregierung. 

Schon vor dem Gipfel hatte das Wirtschaftsministerium laut der „Bild“ deutlich betont, dass der Gipfel zuerst einmal nur ein Austausch sei. Da werde nichts beschlossen. Angesichts der großen Löcher im Bundeshaushalt waren große finanzielle Zusagen auch tatsächlich nicht zu erwarten, da diese schlichtweg nicht so einfach zu bezahlen sind.

Keine „Strohfeuer“, sondern Verlässlichkeit

Die Branche habe auf der Onlinekonferenz mit dem Minister klare und verlässliche Zusagen gefordert. „Strohfeuermaßnahmen“ seien nicht hilfreich, sondern langfristige Planbarkeit, so Habeck in einem Statement vor der Presse nach dem Gipfel. Schnellschüsse wie beim ausgelaufenen Umweltbonus zum Kauf von E-Autos sollten sich nicht wiederholen. Die Bundesregierung werde nun beraten, so der Grünenpolitiker weiter. 

Habeck fügte hinzu, dass die Branche den Wunsch geäußert habe, den Ausbau der Ladeinfrastruktur zügiger voranzutreiben. Deutschland stehe allerdings im europäischen Vergleich derzeit recht gut da.

Der Minister sprach sich zudem gegen Einfuhrzölle aus. Wie Habeck erklärte, sei auch das Thema der geplanten Sonderzölle der EU auf E-Autos aus China ein Thema des Austausches gewesen. Zwar fördert die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) durch massive Subventionen Überkapazitäten, was den europäischen Unternehmen schadet. Dennoch betonte er: „Ich bin kein Befürworter von Zöllen.“ Solche Maßnahmen würden lediglich Gegenreaktionen provozieren. Stattdessen müsse eine politische Lösung angestrebt werden, um einen drohenden Zollkrieg zu vermeiden.

Flottengrenzwerte überprüfen, nicht „schleifen“

Etwas konkreter wurde Habeck beim Thema Flottengrenzwerte. Diese legen in der EU den maximalen CO₂-Ausstoß fest, den die Fahrzeugflotte eines Herstellers im Durchschnitt pro Kilometer haben darf. Seit 2021 liegt der Wert für Pkw bei 95 Gramm CO₂ pro Kilometer. Überschreitungen führen zu Strafzahlungen. Diese Grenzwerte sollen schrittweise gesenkt werden, um die Klimaziele der EU zu erreichen und emissionsfreie Mobilität zu fördern.

Bundeswirtschaftsminister Habeck erklärte, dass die Überprüfung der Grenzwerte im Jahr 2026 stattfinden solle. Die Branche wünsche sich jedoch eine frühere Revision ab 2025, was Habeck unterstützen wolle. „Es geht aber nicht darum, dass wir dadurch die Ziele automatisch schleifen“, sagte der Minister. Viele Hersteller hätten sich bereits darauf eingestellt, wobei einige größere Probleme hätten und andere geringere.

Habeck dämpfte auch die Erwartungen bezüglich der CO₂-Grenzwerte und wies darauf hin, dass es sich um ein europäisches Programm handle. „Viele andere Länder haben nicht die Herausforderungen Deutschlands“, so der Minister. Er fügte hinzu, dass Deutschland in der Verkehrspolitik „sich in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert“ habe, insbesondere im Hinblick auf die umstrittene Debatte um E-Fuels.

Die Debatte um E-Fuels auf europäischer Ebene drehte sich vor allem um das geplante Verbrennerverbot ab 2035. Deutschland setzte sich für eine Ausnahme ein, damit Autos mit E-Fuels weiter fahren dürfen. Kritiker argumentierten, dass E-Fuels ineffizienter und teurer in der Herstellung seien als Elektrofahrzeuge. Befürworter sahen darin eine Lösung für bestehende Fahrzeuge und schwer elektrifizierbare Bereiche wie Flugzeuge und Schiffe. Nach Verhandlungen gab die EU nach und ließ eine Regelung zu, wonach Verbrenner ab 2035 weiterhin zugelassen werden, wenn sie ausschließlich mit CO₂-neutralen E-Fuels betrieben werden.

Experten mit scharfer Kritik

Angesichts dessen, dass die Branche massiv unter Druck steht und die Öffentlichkeit offensichtlich hohe Erwartungen an den Gipfel hatte, sind die Ergebnisse ziemlich überschaubar. Das sehen auch Branchenexperten so und gehen mit Habeck im Nachgang hart ins Gericht. 

Professor Ferdinand Dudenhöffer, der in Deutschland als der führende Autoexperte gilt, sagte nach dem Gipfel in einem Schaltgespräch gegenüber dem Fernsehsender „Phoenix“

Ergebnis: Nichts. Die bisherigen Strohfeuer hatte Habeck angezündet, keine Strategie, nur Aktionismus. Und so war es auch bei diesem sogenannten Gipfel, den er einfach mal so über Nacht ausgerufen hat.“

Für Professor Helena Wisbert, Automobilexpertin von der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg, müssen nach dem Gipfel nun auch Taten folgen, wie „ZDFheute“ schreibt: 

Der Austausch ist die Basis für eine realitätsnahe Wirtschaftspolitik, aber insbesondere hinsichtlich der Umweltprämie müssen auch Maßnahmen folgen. In europäischen Nachbarländern mit längerfristigen Förderprogrammen ist der Anteil an Elektroautos an den Neuzulassungen höher als in Deutschland.“

Gipfel konnte Erwartungen der Branche nicht erfüllen

Auch die Gewerkschaft IG Metall, die am Gipfel teilgenommen hatte, äußerte sich nach dem Treffen. Bei der Zukunft der Autoindustrie gehe es um nicht weniger als „die Schicksalsfrage für den Industriestandort Deutschland“. Die Elektromobilität brauche schnell neue Förderung – und zwar sowohl bei gewerblich genutzten E-Autos als auch beim privaten Kauf von Elektroautos und Plug-in-Hybriden. Laut „Reuters“ will Habeck die Gespräche fortsetzen. Der Wirtschaftsminister argumentiert, dass sich der Kauf von E-Autos schon jetzt lohne, weil die Kfz-Steuer entfalle und der Betrieb billiger sei.

Wie die „Welt“ berichtet, versucht Habeck nun das Treffen vom Montag herunterzuspielen. Es habe sich um eine „quasi alltägliche Konferenz“ gehandelt, er sei schließlich im „dauernden Kontakt mit den Damen und Herren der Wirtschaft“, die Gespräche seien „nicht holterdiepolter plötzlich da“ gewesen, sagt der grüne Wirtschaftsminister. Laut der „Welt“ waren die Erwartungen an die Konferenz vorher groß gewesen, letztlich hatte der Gipfel diese jedoch nicht erfüllen können.



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