Offener Streit zwischen Schäuble und IWF über Deutsche Bank

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat den Internationalen Währungsfonds (IWF) für dessen Mahnungen an die europäischen Banken kritisiert.
Titelbild
IWF-Chefin Christine Lagarde und Bundesfinanzminister Wolfgang Schaeuble nehmen an einer Debatte in der Zentrale der Weltbank in Washington teil.Foto: Shawn Thew/dpa
Epoch Times7. Oktober 2016

Die Krise der Deutschen Bank hat für offenen Streit zwischen der Bundesregierung und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gesorgt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich am Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington verärgert darüber, dass hochrangige Vertreter des Währungsfonds die Deutsche Bank zu Reformen an ihrem Geschäftsmodell aufgefordert hatten.

Er nehme Äußerungen des IWF und seiner Chefin Christine Lagarde „immer sehr ernst“, sagte Schäuble am Freitag vor Journalisten. Doch sei es nicht Aufgabe der in Washington ansässigen internationalen Finanzinstitutionen, „die Banken zu beaufsichtigen“. Innerhalb Europas und Deutschlands gebe es eine ganze Reihe von Institutionen, die für die Aufsicht über die Banken sowie deren Regulierung und Restrukturierung zuständig seien, darunter die Bundesbank und die Finanzaufsichtsbehörde Bafin.

In der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem chinesischen Kollegen Lou Jiwei, in der es um ein Treffen der Finanzminister der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) ging, lehnte Schäuble einen eigenen Kommentar zur Lage der Deutschen Bank ab. Die Lage der Bank sei kein Thema bei dem Treffen gewesen, sagte er zur Begründung.

Lagarde hatte am Vortag gesagt, die Deutsche Bank müsse ihr Geschäftsmodell unter die Lupe nehmen, „und ich bin sicher, das sie das tut“. Angesichts der niedrigen Zinsraten müsse die Deutsche Bank prüfen, welche Größe sie in Zukunft haben wolle und wie sie ihre langfristige Rentabilität verbessern könne, betonte die IWF-Chefin in einem Interview des Senders Bloomberg Television.

Allerdings sei die Deutsche Bank nicht die einzige Bank, „die diesen Job erledigen muss“, fügte die IWF-Chefin hinzu. Ähnlich hatte sich zwei Tage zuvor bereits der IWF-Finanzmarktexperte Peter Dattels geäußert. Die Deutsche Bank müsse ihre Investoren davon überzeugen, „dass ihr Geschäftsmodell zukunftstauglich ist“, sagte er.

Lagarde appellierte in dem TV-Interview auch an die Deutsche Bank, in ihren Verhandlungen mit dem US-Justizministerium über die anstehende Strafzahlung einen Einigungsvorschlag selbst dann zu akzeptieren, wenn er nicht ihren Vorstellungen entspreche. Eine aus Sicht der Bank „schlechte“ Einigung sei immer noch besser als ein Gerichtsverfahren.

Eine schnelle Einigung sei wünschenswert, weil dann „etwas Klarheit“ darüber geschaffen werde, ob die von der Deutschen Bank gebildeten Rückstellungen ausreichten oder nicht, sagte die IWF-Direktorin. Das US-Justizministerium hatte ursprünglich von der Deutschen Bank eine Zahlung von 14 Milliarden Dollar (rund 12,5 Milliarden Euro) verlangt.

Die gigantische Strafforderung hatte an den Märkten die Sorge wachsen lassen, dass es zu einem Bankencrash ähnlichen Ausmaßes wie im Jahr 2008 kommen könnte. Allerdings hat die Bank nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP inzwischen in ihren Verhandlungen mit dem US-Justizministerium erreicht, dass die Strafe deutlich reduziert wird und voraussichtlich bei nur etwa 5,4 Milliarden Dollar liegen soll. Die Deutsche Bank hat 5,5 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten zurückgelegt.

Europäische Banken und Brexit

Nach Angaben des chinesischen Finanzministers Lou Jiwei hat die G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer in Washington nicht über spezielle Geldhäuser diskutiert. Auch Schäuble betonte, die G20-Finanzminister und -Notenbankchefs hätten nicht über einzelne Bankinstitute gesprochen. Deutschland übernimmt zum 1. Dezember von China den G20-Vorsitz und will in den folgenden Monaten unter anderem weitere Maßnahmen anstoßen, um die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft zu erhöhen.

Mit Blick auf das Brexit-Votum Großbritanniens sagte Schäuble, in der G20-Runde sei nicht über Details der Verhandlungen zum EU-Austritt Londons gesprochen worden. Dies sei nicht Sache der G20. Vielmehr müsse die „Regierung Ihrer Majestät“ bald eine Entscheidung treffen und die Initiative ergreifen. Die europäischen Institutionen stünden bereit für Verhandlungen. Lou sagte mit Blick auf die Schwankungen des britischen Pfund, er glaube, die Finanzmärkte neigten zu Übertreibungen.

Schäuble stützte die Position des IWF, der vor den negativen Folgen der ultralockeren Geldpolitik in vielen westlichen Industriestaaten für die Schwellenländer warnte. Sollten die Notenbanken zur Konjunkturstützung daran festhalten, könnten aus Sicht des IWF Kapitalströme in aufstrebende Volkswirtschaften anwachsen und Währungen übermäßig aufwerten. Schäuble sagte, die Risiken der Geldschwemme seien größer als die Chancen und würden noch zunehmen. Die ultralockere Geldpolitik zusammen mit der zu hohen weltweiten Verschuldung könnten sich zu einer Gefahr entwickeln. Die IWF-Warnung sei daher ein Zeichen der Hoffnung.

Deutschland will in der G20 die Maßnahmen für eine nachhaltige Wirtschaftskraft, Strukturreformen und zusätzliche Investitionen vorantreiben. „Noch ist die Gefahr neuer Krisen nicht endgültig beseitigt“, sagte Schäuble. Ein weiterer Schwerpunkt seien Chancen und Risiken der Digitalisierung für den Finanzmarkt. Dabei gehe es auch um die Besteuerung von Internet-Firmen. Zudem sollen Investitionen in Afrika angeschoben werden.

Die Finanzmarktregulierung sowie der Kampf der G20 gegen Steuerschlupflöcher würden fortgesetzt. Die Regeln gegen Geldwäsche sollten überprüft werden. Bei Schritten gegen Terrorfinanzierung und Geldwäsche aber dürfe die Rolle der für Entwicklungsländer wichtigen Geldüberweisungen von Gastarbeiten an deren Heimatländer nicht geschwächt werden, sagte Schäuble. (afp/dpa)

 

 



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