Green Deal: Beratergremium stellt andere EU-Agrarpolitik vor

Bürokratieabbau, Unterstützung für Landwirte, mehr Kommunikation auf allen Ebenen. Ein neues Beraterpapier bringt neue Impulse in die derzeitige EU-Agrarpolitik.
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Von 8. September 2024

Die EU-Kommission hat am 4. September die Ergebnisse des „Strategischen Dialogs Zukunft der EU-Landwirtschaft“ vorgestellt. Der Abschlussbericht des 29-köpfigen Gremiums enthält eine Reihe von Empfehlungen für die zukünftige EU-Strategie für die Landwirtschaft und den Lebensmittelsektor.

Diese soll in den ersten 100 Tagen der zweiten Amtszeit von Präsidentin Ursula von der Leyen vorgelegt werden. In dem Gremium sitzen unter anderem Vertreter aus dem Agrar- und Lebensmittelsektor, Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und dem ländlichen Raum.

Ziel der EU-Agrarpolitik müsse es aus Sicht des Gremiums sein, sozial verantwortliche, wirtschaftlich rentable und ökologisch nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme zu gewährleisten.

Das derzeitige Konzept zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müsse angepasst werden, damit es den aktuellen und künftigen Herausforderungen gerecht wird, fordern die Autoren des Papiers.

„Die EU-Kommission hat verstanden, dass die aktuell überwiegend pauschal gezahlten EU-Agrarsubventionen aus der Zeit gefallen sind“, kommentierte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), den vorgelegten Bericht.

Bessere Unterstützung für Landwirte

Die Autoren fordern in ihrem Papier eine neue Ausrichtung, die sowohl Umsetzbarkeit als auch Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Politikbereichen gewährleistet. Das sogenannte „Silodenken“ hingegen müsse überwunden werden.

Mit „Silodenken“ ist eine fehlende Bereitschaft von Informationsaustausch und Zusammenarbeit gemeint, welche die südafrikanische Wissenschaftlerin Tshidi Mohapeloa in einer Studie im Jahr 2017 als eine Art Wachstumskiller beschrieb, der jegliche Wertschöpfung des Unternehmens zerstört.

Laut der neuen Strategieempfehlung soll zukünftig Unterstützung denjenigen Landwirten zukommen, die sie am dringendsten benötigen. Positive gesellschaftliche Leistungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Tierwohl müssten gefördert und Rahmenbedingungen für „lebenswerte ländliche Räume“ geschaffen werden.

Diese gezielte Unterstützung soll die Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe verhindern und dazu beitragen, dass die Landwirte „über ein angemessenes Einkommen verfügen“. Vor allem Junglandwirte, Neueinsteiger und Betriebe in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen sollen Einkommensstützungen gewährt werden.

Die Autoren empfehlen zudem die Einrichtung eines befristeten Agrarfonds für „faire Weiterentwicklung des Agrar- und Ernährungssystems“. Um Kapital für Projekte zu mobilisieren, sollen öffentlicher und privater Sektor besser zusammenarbeiten. Unlautere Handelspraktiken hingegen müssten bekämpft werden.

Kreditprogramm, neues Forum und weniger Bürokratie

Weiter spricht sich das Gremium für ein spezielles Kreditprogramm für die Agrar- und Ernährungsbranche sowie bessere Zugänge der Landwirte zu Agrarversicherungen aus.

Es fordert zudem ein Europäisches Agrar- und Ernährungsforum – eine Plattform zum Austausch verschiedener Akteure – sowie „kluge Verwaltungslösungen“, die Vermeidung von unnötigem Bürokratieaufwand und vorausschauendes Denken bei geplanter Freihandelsabkommen hinsichtlich deren Folgen.

Außerdem befürworten die Autoren der Empfehlung eine Aufstockung des Budgets für eine finanzielle Unterstützung für „Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen“. Marktpreise und Einkommen sollen verbessert und Kosten gesenkt werden. Dies erfordere proaktive Schritte sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene.

In Anlehnung an die Bauernproteste hieß es von den Beratern: „Da der Handlungsdruck und die Gesamtkosten des Nichtstuns zunehmend steigen, liegt es bei der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten und den Interessenvertretungen, diese gemeinsamen Empfehlungen anzunehmen und in ebenso mutige wie rasche Entscheidungen zu übersetzen.“

Sie erklären sich ausdrücklich bereit, die EU-Kommission in diesem Prozess weiter konstruktiv zu begleiten.

DUH fordert Streichung „klimaschädlicher Subventionen“

Laut DUH besteht die Kernfrage darin, ob die EU-Kommission die direkten und indirekten Subventionen für „klimaschädliche exportorientierte Fleisch- und Milchkonzerne“ endlich stoppt und die bisher pauschalen Subventionen ab dem Jahr 2028 durch gezielte Prämien für Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft ersetzt.

Der DUH-Bundesgeschäftsführer begrüßte es, dass Landwirte gegenüber Industrie und Supermärkten gestärkt werden sollen.

„Das ist längst überfällig angesichts der Tatsache, dass rechnerisch rund 45 Milliarden der jährlichen 55 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen direkt oder indirekt zugunsten von Fleisch- und Milchkonzernen fließen“, sagte er.

Insoweit fordert auch Müller-Kraenner die EU-Kommission ausdrücklich auf, „deutlich mutiger“ zu werden, um „klimaschädliche Subventionen konsequent zu streichen“. Die Exportfixierung der europäischen Fleisch- und Milchindustrie sei unvereinbar mit Klima- und Wasserschutz sowie fairen Erzeugerpreisen.

Bislang profitieren vor allem Fleisch- und Milchindustrie, während agrarökologisch intakte Bauernhöfe oft keine kostendeckenden Preise erhalten, kritisierte der DUH-Chef. „Das soll zum Glück künftig geändert werden.“



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