Rätselhafter Goldrausch: Was hinter der Goldgräberstimmung steckt
Der Goldpreis eilt im Moment von Rekord zu Rekord. Kein Zweifel: Das Edelmetall befindet sich im Höhenflug. Aktuell kostet eine Feinunze, das sind rund 31,1 Gramm, um die 1.985 Euro (2.153 US-Dollar). Damit rangiert Gold deutlich oberhalb der Preise anderer Edelmetalle: Palladium kostet zurzeit rund 925 Euro, Platin gut 833 Euro und Silber rund 23 Euro (jeweils je Feinunze).
Im Vergleich zur vergangenen Woche hat der Goldpreis allerdings nachgegeben: In der Zeit verzeichnete der Goldpreis im Tagesverlauf einen zeitweiligen Höchststand von 2.023 Euro (2.195 US-Dollar). „Die Goldpreise haben zumindest mal die Pausentaste gedrückt“, zitiert das Newsportal des Kreditkartenanbieters „American Express“ nicht näher benannte Experten der Postbank.
Tatsächlich kannte der Goldpreis in den vergangenen Wochen nur eine Richtung: steil nach oben. Seit Februar schlägt Gold mit einem Plus von zehn Prozent zu Buche. Warum aber dieser Goldrausch?
Hoffen auf Zinssenkungen
Schaut man oberflächlich auf den Markt, dann fehlen alle Bedingungen dafür, die das anhaltende Hoch des Goldpreises erklären könnten. Normalerweise sind es ein schwacher Dollar und niedrige Zinsen, die in der Vergangenheit eine Goldrallye ausgelöst haben. Hohe Zinsen, die man im Moment hat, sind eigentlich immer der „Feind des Goldes“ gewesen. Man muss also etwas genauer hinschauen, wenn man das Hoch des Goldes verstehen möchte.
Der hohe Goldpreis hat im Moment zwei Hauptursachen. Ein Faktor ist die Hoffnung vieler Anleger, dass die Notenbanken noch in diesem Jahr die Zinsen senken. Das hat Einfluss auf den Goldpreis: Eine Anlage in Gold bringt erst einmal keine Rendite im Sinne von laufenden Erträgen. Das hängt damit zusammen, dass das Metall nicht produktiv ist. Als Edelmetall handelt es sich um einen Rohstoff. Daher erarbeitet Gold keine Gewinne wie ein Unternehmen, in das Aktionäre investieren. Wer allerdings jetzt in Gold investiert, spekuliert auf eine erhöhte Goldnachfrage, wenn die Kapitalmarktzinsen fallen.
Allerdings muss man dabei im Blick behalten, dass Gold sich im vergangenen Jahr trotz steigender Zinsen erstaunlich stabil erwiesen hat. Das ist eigentlich sehr ungewöhnlich, da bei erhöhten Zinsen die Opportunitätskosten beim Halten von zinslosem Gold sehr viel höher sind als bei niedrigen Zinsen.
Als Opportunitätskosten bezeichnen Wirtschaftswissenschaftler einfach gesprochen den entgangenen Nutzen einer nicht gewählten oder nicht realisierbaren Handlungsalternative. Der Anleger verzichtet also auf Möglichkeiten (Opportunität). Deshalb werden Opportunitätskosten auch manchmal als Verzichtskosten oder Alternativkosten bezeichnet.
Im konkreten Fall des Goldes bedeutet das, dass Anleger in einer Hochzinsphase beispielsweise eher in Staatsanleihen investieren, da der Ertrag aus der Verzinsung dieser Anleihen attraktiver ist als das Halten von Gold. Gold wird also verkauft, was zum Sinken des Goldpreises führt.
Das trat beispielsweise 1980 ein. Die damalige restriktivere Geldpolitik – bei rückläufiger Preissteigerung – führte zu sehr hohen Realrenditen, was die Nachfrage nach Staatsanleihen ankurbelte und das zinslose Edelmetall abstürzen ließ.
Dieses Mal war es am Anfang nicht anders. Nach den ersten Zinserhöhungen im Juni 2022 sank der Goldpreis. Im Herbst 2022 erreichte er seinen Tiefstpreis von gut 1.502 Euro (1.630 Euro). Eigentlich hätte man nun erwarten können, dass der Preis in diesem Bereich verharrt. Das war aber nicht der Fall: 2023 wurde ein gutes Jahr für Gold. Auch 2024 scheint sich der Höhenflug fortzusetzen. Das hat Gründe.
Zentralbanken kaufen in großen Mengen
Entscheidend für den Goldpreis ist die Zinspolitik in den USA. Die Wirtschaft schwächte dort ab. Weiter schaut der Markt sehr genau auf die Präsidentenwahl in diesem Jahr. Wie das Portal „Bayern Invest“ schreibt, dürften da „rezessive Tendenzen“ nicht ausbleiben. Gleichzeitig geht die Kerninflation in den USA weiter zurück und lag im Februar bei 3,8 Prozent. Viele Anleger spekulieren deshalb auf eine baldige Zinssenkung durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed).
Hinzu kommt, dass es auch im europäischen Raum erste Anzeichen gibt, dass die EZB dann mit Zinssenkungen nachziehen könnte. So hat die Zentralbank gerade erst angekündigt, die Spanne zwischen dem Einlagezins von 4,0 Prozent und dem Leitzins von 4,5 Prozent von 50 auf 15 Prozentpunkte senken zu wollen. Das soll ab dem 18. September passieren. Für Analysten ein Anzeichen für baldige Leitzinssenkungen.
Die Erwartungen baldiger Zinssenkungen dürften im Moment der größte Preistreiber für Gold sein. Allerdings nicht der einzige. In den vergangenen Monaten waren es vor allem auch die Zentralbanken, die in großen Mengen Gold kauften.
Laut dem Branchenverband „World Gold Council“ (WGC) kauften die Zentralbanken im letzten Jahr mit netto 1.037 Tonnen beinahe so viel Gold wie 2022. In diesem Jahr erreichte der Ankauf ein Rekordvolumen von 1.082 Tonnen.
Auch in diesem Jahr scheint sich der Trend fortzusetzen: Im Januar kamen laut dem Portal „Goldseiten.de“ 39 Tonnen dazu. „Die Zentralbanken – und besonders die chinesische Zentralbank – waren auch zu Jahresbeginn auf der Käuferseite“, sagt Alexander Zumpfe vom Edelmetallhändler Heraeus gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“ (MZ). Die größten Käufer unter den Zentralbanken waren die Türkei mit zwölf Tonnen, China mit zehn Tonnen und Indien mit neun Tonnen.
Deutsche Anleger beim Goldrausch nicht dabei
Der zweite bedeutende Faktor für den hohen Goldpreis ist die starke weltweite Nachfrage nach dem Edelmetall. Gold hatte schon immer den Ruf, in politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten ein sicherer Hafen zu sein. Der Krieg in der Ukraine und seit Oktober auch im Gazastreifen hat den privaten Goldankauf in den vergangenen Monaten nach oben getrieben.
Wie Heraeus einschätzt, profitiert Gold im Moment von der „Kauf-Alles“-Stimmung an den Finanzmärkten. „(Aktien/ Krypto) Vermögenswerte deuten darauf hin, dass die Goldpreis-Rallye nicht einfach nur das Ergebnis einer Stimmung ist, die gestiegene Risiken reflektiert“, heißt es in einem Marktbericht des Edelmetallhauses. Weiter, so die Einschätzung von Heraeus, dürfte bei dem Run auf Gold auch die Angst vor entgangenen zukünftigen Kursgewinnen eine Rolle spielen.
Anders sieht es hier allerdings bei deutschen Anlegern aus: Diese nehmen offensichtlich laut „Deutscher Wirtschaftszeitung“ nicht am „Goldrausch“ teil. Vielmehr haben sie ihre Goldinvestitionen 2023 zurückgefahren und stoßen auch in diesem Jahr Gold fleißig ab. Merkwürdig, da Deutschland eigentlich international als das Land der Goldanleger gilt. Nun stehen sie mehrheitlich auf der Verkäuferseite. „Die Verkäufer dominieren jetzt den Markt“, berichtet Alexander Köhne, Kundenberater beim Edelmetallhändler Pro Aurum im Podcast „Börsenwoche“ des Wirtschaftsmagazins „Wirtschaftswoche“.
Der Trend zum Verkauf von Gold dürfte viele Ursachen haben. Eine Ursache könnte sein, dass deutsche Anleger 2022 zu mitunter deutlich günstigeren Preisen massiv Gold eingekauft haben. Jetzt, nachdem der Goldpreis nach oben katapultiert wurde, könnte der Bedarf an weiteren Zukäufen dementsprechend gering sein. Außerdem könnte eine antizyklische Gewinnmitnahme sinnvoll sein: Hat man sein Gold ein Jahr im Depot gehalten, sind die Verkaufsgewinne bei Gold dann steuerfrei. Nicht ausgeschlossen, dass hier der Grund für die Verkaufslaune der Deutschen liegt.
Wie entwickelt sich der Goldpreis in Zukunft?
Was dürfen Anleger in diesem Jahr noch vom Goldpreis erwarten? Die Prognosen von Großbanken bilden hier einen guten Seismografen, da sie ihre Goldprognosen an die jüngsten Entwicklungen anpassen. Sie sehen den Unzenpreis im Jahresverlauf zwischen 2.200 und 2.500 Dollar.
Die Rohstoffexpertin, Thu Lan Nguyen, von der Commerzbank rechnet auf dem Videokanal des Portals „Der Aktionär“ nicht damit, dass der Goldpreis in diesem Jahr deutlich nachgibt. Kurzfristige Gewinnmitnahmen, die den Goldpreis nach unten ziehen, schließt die Expertin allerdings nicht aus. Ein größeres Aufwärtspotenzial für Gold sieht Thu Lan Nguyen nicht. „Wir heben unsere Goldpreisprognose für Ende dieses Jahres und Ende nächsten Jahres daher nur von 2.100 Dollar je Feinunze auf 2200 Dollar an.“
Dass der Goldpreis sich in den momentanen Höhen halten kann, glaubt Frank Schallenberger, Gold-Experte bei der Landesbank Baden-Württemberg, nicht. Gegenüber dem ZDF sagt er: „Sobald klar wird, dass eine Krise nicht eskaliert, kommt der Goldpreis in der Regel auch wieder nach unten.“
Zudem könne sich der Markt auch jederzeit drehen, wenn beispielsweise die Zinssenkungen zu lange auf sich warten lassen oder die Zentralbanken ihre Strategie des Goldankaufs ändern. Außerdem, so Frank Schallenberger, ist die Schmucknachfrage bei Gold mit einem Anteil von fast 50 Prozent an der Gesamtnachfrage sehr wichtig.
„Sofern eine schwache Konjunkturentwicklung die Käufe von Goldschmuck bremst, wäre auch das sicherlich negativ für den Goldpreis“, sagt er. Noch ist das zwar nicht in Sicht, aber trotzdem ist Vorsicht geboten – ein Goldrausch kann schnell wieder verrauchen.
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