Publizist warnt: „Aus Rezession in Deutschland kann tiefe Wirtschaftskrise werden“
Den jüngsten Zahlen von Eurostat zufolge ist Deutschland mit einem Minuswachstum von 0,1 Prozent gegenüber dem ersten Quartal auf den letzten Platz bei der Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone abgerutscht.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will trotz der wenig zufriedenstellenden Zahlen nicht von einer Rezession sprechen. Es handele sich lediglich um eine Konjunkturschwäche, die sich mit adäquaten Maßnahmen wieder in den Griff bekommen lasse.
Altmaier macht vor allem externe Faktoren wie ein schwieriges Umfeld für die Entwicklung verantwortlich – wie den Handelskonflikt zwischen den USA und der Volksrepublik China, den Brexit oder eine abgekühlte Weltwirtschaft. Eine besonders eigenwillige Erklärung präsentiert BDI-Chef Dieter Kempf, der die AfD und deren „Nationalismus“ als Risikofaktor für den Standort Deutschland darstellte.
Mittelständler warnten schon länger vor hausgemachten Risikofaktoren
Mögliche hausgemachte Faktoren blieben in vielen Analysen außen vor, insbesondere solchen aus dem Umfeld der Regierungsparteien. Dabei hatten Verbände des Mittelstandes und der Familienunternehmen in den vergangenen Monaten in mehreren Erklärungen zahlreiche Weichenstellungen der Politik kritisiert und diese als Risiko für den Standort Deutschland bewertet.
Dort wurden unter anderem Bürokratie, eine hohe Steuerbelastung, eine ideologische Klimapolitik, deren Ausdruck nicht zuletzt eine planwirtschaftliche Energiewende sei, sowie eine Industriepolitik, die protektionistisch sei und einseitig Großkonzerne im Visier habe, als schädliche Einflüsse genannt.
Auch Publizist Gabor Steingart, kein grundsätzlicher Gegner politischer Projekte wie der Energie- oder Verkehrswende, mahnt in seinem „Morning Briefing“ von Donnerstag (15.8.), dass die durchwachsene Wirtschaftsentwicklung nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfe – und dass diese nicht allein eine unausweichliche Nebenwirkung globaler Unwägbarkeiten sei.
Alle Frühindikatoren, so Steingart, deuteten darauf hin, dass sich die jüngste Schrumpfung nach zehn Jahren des Aufschwungs im dritten Quartal noch beschleunigen werde. So seien die Exportwerte der deutschen Wirtschaft im Juni um acht Prozent gesunken. Die Industrieproduktion habe im Jahresvergleich um 5,1 Prozent nachgegeben. Dazu kämen beachtliche Stornozahlen bezüglich Werkzeugmaschinen bei den Maschinenbauern.
„Die am besten zu prognostizierende Rezession der Nachkriegsgeschichte“
Der ZEW-Index bezüglich der Konjunkturerwartung von Investoren befinde sich mit 44,1 von 50 möglichen Punkten im Minus, der ifo-Geschäftsklimaindex des verarbeitenden Gewerbes lag im Juli bei einem Wert von -4,3. Der Index bewegt sich zwischen minus zehn und plus zehn erreichbaren Punkten.
Bei großen Unternehmen der Automobilindustrie sei die Stimmung durchwachsen, bei der Deutschen Bank (20 000), BASF (6000) und Bayer (12 000) werden Stellen abgebaut. Ähnliches zeichne sich für Siemens, Volkswagen und ThyssenKrupp ab.
Die Rezession, die bevorstehe, sei „die am besten zu prognostizierende der Nachkriegsgeschichte“. Die Wirtschaft stürze nicht ab, sondern gleite sanft nach unten. Der Wohlstand werde nicht verschwinden, nur schrumpfen. Zumindest, wenn man jetzt die richtigen Schritte veranlasse.
Steingart wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, in einer Situation, die sich in einer sehr unangenehmen Weise zuspitzen könnte, untätig zu bleiben:
Treffen die Verwerfungen der Weltwirtschaft auf politische Apathie, kann sich eine Rezession in eine tiefe Wirtschaftskrise verwandeln – mit Massenarbeitslosigkeit, Firmenpleiten, plus angeschlossener politischer Eruption. Das haben die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Amerika und auch in Deutschland gezeigt.“
„Staatlich moderierte“ Ideologieprojekte als Teil des Problems oder der Lösung?
Einige Sofortmaßnahmen könne die Bundesregierung zeitnah selbst veranlassen, betont Steingart. Dazu zählt er eine Stimulierung der Wirtschaft durch Entlastung bei Körperschaftssteuer und Energiepreisen oder eine sofortige und vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages.
Auch Investitionen in die Infrastruktur könnten – abgesehen davon, dass sie vielfach ohnehin überfällig wären – einen Beschäftigungseffekt zeitigen. Schließlich sollten, so Steingart, die Budgetmittel für staatliche Subventionen zur Förderung der Elektromobilität und des beschleunigten Aufbaus einer Schnellladeinfrastruktur von mehr als 25 Milliarden Euro mobilisiert werden.
Eine mögliche andere Option wäre möglicherweise auch, auf „staatlich moderierte“ Projekte wie Energie- oder Verkehrswende einfach zu verzichten und Subventionen generell abzubauen, um den freien Markt zur Entfaltung kommen zu lassen. Diese Überlegung scheint aber auch Steingart etwas zu „heiß“ zu sein.
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