Paris kämpft für Fusion: Alstom will Bombardier für bis zu 6,2 Milliarden Euro aufkaufen
Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire will sich bei der EU-Kommission persönlich für die geplante Übernahme des Bombardier-Zuggeschäfts durch den Hersteller Alstom einsetzen.
Er wolle dazu mit EU-Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager sprechen, teilte Le Maire in Paris mit. Der französische TGV-Hersteller Alstom hatte angekündigt, die Zugsparte des kanadischen Konkurrenten Bombardier zu übernehmen.
Dafür werde ein Preis in der Spanne von 5,8 Milliarden bis 6,2 Milliarden Euro fällig. Eine Absichtserklärung wurde bereits unterschrieben, der Deal soll im ersten Halbjahr kommenden Jahres endgültig abgeschlossen werden.
In Paris herrscht Nervosität, denn eine zweite Blockade im wachsenden Bahntechnikgeschäft will man sich dem Vernehmen nach nicht mehr bieten lassen. Alstom war erst vor einem Jahr an Bedenken der EU-Kommission mit dem Versuch gescheitert, mit der Zugsparte von Siemens zu fusionieren. Das hatte Politiker in Paris und Berlin erzürnt.
Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge zeigte sich optimistisch, dass die EU-Wettbewerbshüter die Übernahme billigen. Der Deal mit den Kanadiern unterscheide sich deutlich von dem früher geplanten Siemens-Zusammenschluss, sagte er Journalisten. „Wir sind zuversichtlich.“
Poupart-Lafarge sagte, das Ziel der Übernahme sei nicht, die Unternehmen zu restrukturieren oder die Beschäftigung zu bedrohen. „Die Fusion ist offensiv, nicht defensiv.“ Das Bahngeschäft sei in voller Expansion. Es könne jedoch in einzelnen Fabriken zu „Anpassungen“ kommen, Details dazu nannte er nicht.
Zustimmung der EU-Kommission steht noch aus
Ungewiss ist, ob die anvisierte Fusion die notwendige wettbewerbsrechtliche Zustimmung der EU-Kommission erhält. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire kündigte an, er werde am Dienstag mit Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sprechen.
Vor einem Jahr war eine Zusammenlegung der Bahnsparten von Alstom und Siemens am Veto der Behörde gescheitert. Vestager hatte sich dagegen ausgesprochen.
Durch den Zusammenschluss von Alstom und Bombardier Transport würde ein Bahntechnikkonzern mit einem Umsatzvolumen von insgesamt 15 Milliarden Euro und einem Auftragsvolumen von mehr als 75 Milliarde Euro entstehen.
Konkurrenzfähigkeit gegenüber China
Alstom will damit nicht zuletzt seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem chinesischen Staatsunternehmen CRRC steigern, das mittlerweile etwa 30 Milliarden Euro Umsatz im Jahr macht. Allerdings war die chinesische Konkurrenz auch schon vergeblich als Argument für das gescheiterte Zusammengehen von Alstom und Siemens in die Waagschale geworfen worden.
Die Zugfusion ist von großer Bedeutung für Deutschland. Astom ist der größte Zulieferer der Deutschen Bahn. Von den zusammen 40.650 Bombardier-Mitarbeitern weltweit arbeiten nach Gewerkschaftsangaben rund 6500 Stammbeschäftigte in Deutschland. Hinzu kommen rund 1100 Leiharbeiter.
Die größten Standorte sind Hennigsdorf, Görlitz und Bautzen. Auch in Mannheim, Kassel und Siegen sind jeweils mehrere Hundert Menschen beschäftigt. Kleinere Standorte bilden zudem Braunschweig und Frankfurt.
Alstom baut die französischen TGV-Hochgeschwindigkeitszüge, Regionalzüge, Metros und Straßenbahnen, bietet aber auch technische Lösungen für Schienen- und Signaltechnik an. Bombardier ist mit seinen Zefiro-Hochgeschwindigkeitszügen in China und Italien im Geschäft.
Auch Schienen- und Signaltechnik, Regionalzüge sowie U- und Straßenbahnen kommen von dem kanadisch-deutschen Hersteller, der auch an den ICE-Zügen von Siemens mitarbeitet.
Mutterkonzern Bombardier Transport in der Krise
Der französische Konzern erzielte in seinem im März 2019 beendeten Geschäftsjahr einen Umsatz von 8,1 Milliarden Euro. Der Mutterkonzern von Bombardier Transport ist schwer verschuldet und befindet sich mitten in einem Restrukturierungsprozess.
Im vergangenen Jahr verkaufte Bombardier sein Geschäft mit Regionalflugzeugen für umgerechnet knapp 700 Millionen Euro an das japanische Unternehmen Mitsubishi Heavy Industries.
Zuletzt gab Bombardier auch seine Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen mit Airbus zur Fertigung des Modells A220 auf. Die Schulden des Konzerns beliefen sich Ende vergangenen Jahres auf umgerechnet etwa 8,5 Milliarden Euro. (afp/dpa/nh)
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