Nicht nur Industrie betroffen: Krisenstimmung erreicht auch den Einzelhandel
Nicht nur die energieintensiven Energiebranchen und die dazugehörigen Gewerkschaften zweifeln an einer Zukunft Deutschlands als Produktionsstandort. Auch der Einzelhandel sieht sich zunehmend von der allgemeinen Krisenstimmung erfasst.
Die Entwicklung erfasst unter anderem die Modebranche und den Spielwarenhandel. Die Modekette Peek & Cloppenburg beantragte am vergangenen Freitag, 3. März, ein Schutzschirmverfahren. Galeria Karstadt Kaufhof befindet sich bereits zum zweiten Mal in einem solchen, ebenso der Schuhhändler Ludwig Görtz. Orsay hat gleich einen Insolvenzantrag gestellt. Zugleich steht auch der Branchenriese Zalando vor einem umfassenden Umbauprogramm.
Zalando will am Partnerprogramm mit lokalem Einzelhandel künftig mitverdienen
Wie die „Wirtschaftswoche“ berichtet, beklagte Zalando im Vorjahr einen rückläufigen Konzernumsatz. Dieser sei um 0,1 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro gesunken. Der bereinigte operative Gewinn sank von 468,4 auf 184,6 Millionen Euro.
Zwar rechnet der Konzern für das kommende Jahr wieder mit einer Steigerung in diesem Bereich. Rückenwind erhofft man sich insbesondere durch die Übernahme des Lifestyle-Blogs „Highsnobiety“. Beim Umsatz hält man Szenarien zwischen plus vier und minus einem Prozent für denkbar. Zudem steht auch ein Personalumbau an der Spitze bevor: Produktvorstand Jim Freeman wird mit Ende des Jahres aus seiner Funktion ausscheiden.
Einem Mitarbeiterrundschreiben vom 21. Februar zufolge werden mehrere Hundert der rund 17.000 Stellen eingespart – auch auf Führungsebene. Auch für Kunden und Partner werden die Zeiten unkomfortabler. So setzt eine versandkostenfreie Lieferung mittlerweile einen Mindestbestellwert von 29,90 Euro voraus.
Teilnehmer am „Connected Retail“-Partnerprogramm haben künftig eine Grundgebühr zu entrichten. Außerdem steht ihnen ein „neues Provisionsmodell“ ins Haus. In Zeiten der Corona-Krise war stationären Einzelhändlern noch eine Nutzung des Angebots ohne Provision möglich.
Peek & Cloppenburg unter gerichtlicher Aufsicht
Während Zalando eine Durststrecke ohne existenzielle Bedrohung erlebt, hatte Orsay bereits im Sommer des Vorjahres Insolvenz angemeldet. Deutschlands größter stationärer Modehändler Peek & Cloppenburg hat nun den Antrag auf ein Schutzschirmverfahren gestellt.
Eine Schließung von Standorten verkündete der Konzern noch nicht, auch der Onlineshop bleibt bestehen, wie die „Tagesschau“ meldet. Allerdings wird die angestrebte umfassende Umstrukturierung unter Aufsicht eines vom Gericht bestellten vorläufigen Sachwalters stattfinden. Die grundlegenden Entscheidungen über Maßnahmen zur Restrukturierung und Sanierung bleiben jedoch in der Verantwortung des Unternehmens selbst.
Der Otto-Konzern wiederum stellt bis Februar 2024 den Geschäftsbetrieb seiner Tochter myToys inklusive der 19 stationären Läden des Spielzeughändlers ein. Gegenüber dem „Handelsblatt“ spricht E-Commerce-Chef Sebastian Klauke von einem „über Jahre defizitären Geschäftsmodell“, das keine andere Wahl ließe. Die Standortschließungen werden etwa 800 Mitarbeiter betreffen. Derzeit verhandelt das Unternehmen eigenen Angaben zufolge mit dem Betriebsrat über einen Interessensausgleich und Sozialplan. Erhalten bleiben werde der Shoppingclub limango, der entgegen der Entwicklung des Gesamtunternehmens floriert habe.
Konsumstreik trifft den Einzelhandel
Die Ursachen der Krise im Einzelhandel überschneiden sich zum Teil mit jenen, die zum Exodus vieler Industrieunternehmen beitragen. Die hohen Energiekosten und die Störungen der Lieferketten belasten auch dieses Segment, dazu kommt ein von vornherein hoher Wettbewerbsdruck.
Die Corona-Krise hatte für den stationären Einzelhandel immerhin noch die Chance eröffnet, die Verluste infolge der Lockdown-Maßnahmen durch einen verstärkten Fokus auf den Onlinehandel wettzumachen. Vielen Händlern ist dies auch gelungen.
Allerdings haben der Ukraine-Krieg und dessen Folgen wie Energiekostenexplosion und Inflation eine Rückkehr des stationären Handels nach der Pandemie erschwert. Gleichzeitig war der Onlineboom vorüber.
Im vergangenen Jahr fiel der Umsatz im gesamten deutschen Onlinehandel nach Angaben des Onlinehandelsverbands BEVH um 8,8 Prozent. Vor allem in der mittleren Altersgruppe seien die Ausgaben für Shopping deutlich zurückgegangen. Insbesondere bei Familien mit Kindern sitzt das Portemonnaie nicht mehr locker und vermeidbare Ausgaben werden minimiert, verschoben oder gänzlich vermieden.
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