Neues Waldgesetz geplant – Skeptiker wittern grüne Kommandowirtschaft

Minister Özdemir hat am Montag die Waldzustandserhebung für 2023 präsentiert. Dieser zufolge hat sich die Situation zwar gegenüber den Jahren zuvor kaum verändert – die Zahl kranker Bäume bleibe jedoch hoch. Nun soll das 50 Jahre alte Waldgesetz des Bundes überarbeitet werden.
Wald bedeckt rund ein Drittel der gesamten Landesfläche Deutschlands.
Wald bedeckt rund ein Drittel der gesamten Landesfläche Deutschlands.Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Von 14. Mai 2024

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Am Montag, 13. Mai, hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die Waldzustandserhebung über das Jahr präsentiert. Diese weist zwar auf der einen Seite keine signifikante Verschlechterung gegenüber den Jahren 2021 und 2022 auf. Allerdings sei das kein Grund zur Entwarnung, da immer noch ein erheblicher Teil des Waldes angeschlagen sei. Der Minister strebt derzeit eine Überarbeitung des 50 Jahren Bundeswaldgesetzes an.

Özdemir warnt: Wald in Deutschland könnte zum „Dauerpatienten“ werden

Wie Özdemir mitteilt, sind unter den am weitesten verbreiteten Arten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche vier von fünf Bäumen als krank einzustufen. Zu den wesentlichen Belastungsfaktoren gehörten hohe Temperaturen, Trockenheit und Schädlingsbefall – unter anderem durch den Borkenkäfer.

Zwar seien die Ausgangspositionen besser als noch 2018, als eine besonders trockene Witterung ihre Spuren hinterlassen habe. Die Schäden seien jedoch immer noch zu bemerken, der Wald werde zum „Dauerpatienten“. Dabei sei es von besonderer Bedeutung, den Wald als CO₂-Speicher sowie als Hort der Artenvielfalt sowie Wirtschafts- und Erholungsraum zu erhalten.

Özdemir hat eigenen Angaben zufolge im laufenden Jahr 250 Millionen Euro für die Waldförderung eingeplant. Dazu kommt das geplante neue Waldgesetz, das sich derzeit im Entwurfsstadium befindet.

Ziel von fünf Prozent Naturwaldfläche bereits 2007 formuliert

Das Vorhaben soll die „nachhaltige Waldbewirtschaftung in Deutschland stärken“, heißt es aus dem Ministerium. Dazu soll es einige zentrale Änderungen gegenüber den geltenden Bestimmungen aufweisen.

Eine davon ist das Ziel, den Anteil von Naturwald ohne menschliche Eingriffe in natürliche Prozesse auf insgesamt fünf Prozent der Waldfläche in Deutschland auszubauen. Dieses Ziel ist nicht neu, das Kabinett Merkel I hatte es bereits 2007 für das Jahr 2020 ausgegeben. Im April 2019 betrug der Anteil jedoch erst 2,8 Prozent.

Um die Biodiversität zu stärken, sollen mehr Totholz und alte Bäume in den Wäldern erhalten bleiben. Perspektivisch strebt Özdemir an, die bestehenden Wälder zu „klimaresistenten Mischwäldern“ umzubauen. Dazu sei es erforderlich, auch nichtheimische Baumarten zu integrieren, da nicht alle heimischen zunehmenden Extremwetterlagen standhielten. Der Minister sprach sich auch deshalb für die Entwicklung neuer Methoden im Bereich der Züchtung und des Pflanzenschutzes aus.

Mit Forest Monitoring will die EU die Datenerhebung optimieren

Weitere Schwerpunkte des geplanten neuen Waldgesetzes sind „nachhaltige Forstwirtschaft“ und die Förderung der Verwendung von Holz als ein klimaschonender Rohstoff. Außerdem soll es um die Anpassung an den Klimawandel und die Entfaltung der Potenziale des Waldes für Ökosystemleistungen gehen.

Dafür strebt Özdemir eine klimaverträglichere und ressourcenschonendere Holzernte an – mit einer größeren Bedeutung von naturnahen Verfahren und stärkerer Beachtung der Biodiversität. Die Wälder sollen widerstandsfähiger gegen Trockenheit, Hitze und Schädlinge werden. Außerdem sollen sie ihren Funktionen als CO₂-Speicher, Wasserschutzfaktor und Naherholungsziele wieder besser gerecht werden können.

Bereits im Vorjahr hatte der Minister angekündigt, insgesamt 900 Millionen Euro in den Umbau von Wäldern zu investieren. Neben der Diversifizierung des Baumbestandes soll es konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Stickstoffeintrages und der Erhöhung der natürlichen Dynamik im Wald geben.

Mithilfe des sogenannten Forest Monitoring soll es zudem auch auf EU-Ebene verstärkte Anstrengungen geben, um Daten zum Zustand des Waldes zusammenzutragen. Diese sollen anschließend eine bessere Koordination von Maßnahmen zur Steigerung der Waldresilienz über die Ländergrenzen hinweg ermöglichen.

Den Wald durch ein Maximum an Planwirtschaft schützen?

Die Sinnhaftigkeit einer Stärkung des Waldes in seinen Funktionen und einer Minimierung von Risiken stellen Praktiker aus der Land- und Forstwirtschaft nicht infrage. Allerdings machte sich bereits in einem frühen Stadium der Vorbereitung des Waldgesetzes deutliche Skepsis bezüglich der Umsetzung breit.

Dies bezieht sich nicht allein auf Maßnahmen wie das Forest Monitoring, hinter dem betroffene Landwirte und Waldbesitzer vor allem bürokratischen Datensammelaufwand wittern. Es zeigten sich auch bereits frühzeitig Potenziale dahingehend, dass das geplante neue Waldgesetz von grünen Verbotsexzessen und Kommandowirtschaft gekennzeichnet sein könnten.

Ursprünglich war beispielsweise eine Vorgabe enthalten, wonach private Waldbesitzer ab einer Fläche von 100 Hektar verpflichtet sein sollten, einen „Waldmanagement-Plan“ vorzulegen. Dieser hätte nicht nur behördlich genehmigt werden müssen. Die Behörde hätte auch Änderungen einfordern können. Auf vehementen Protest des Verbandes AGDW – Die Waldeigentümer hin verschwand der Punkt aus dem Referentenentwurf.

Waldbesitzer als neue Form des Klassenfeindes?

Am Argwohn der Forstwirtschaft gegenüber engmaschigen Vorgaben und Belastungen und möglichen weitreichenden Eingriffen in ihre Eigentumsrechte hat sich dadurch aber wenig geändert. ADGW-Präsident Prof. Andreas Bitter sieht allein im überarbeiteten Entwurf 15 neue Genehmigungs- und Verbotsvorschriften und eine Vielzahl an Detailregelungen. Viele davon ließen kaum Realitätsnähe erkennen.

Gegenüber „top agrar“ weist er nicht nur auf eine Aufblähung der Seitenzahl gegenüber der derzeitigen Regelung um mehr als das Vierfache hin. Zudem würden selbst für fahrlässige Ordnungswidrigkeiten Freiheitsstrafen, hohe Geldbußen oder die Einziehung von Betriebsmitteln angedroht. Die Regelungen seien „offensichtlich von einem Misstrauen gegenüber den Waldbesitzern“ geprägt – und nehme diesen die erforderliche Freiheit in der Waldbewirtschaftung. Dies schaffe ein enormes Wutpotenzial:

„Sollte das BMEL weiterhin am verfehlten Kurs festhalten, werden Frust und Ärger im ländlichen Raum weiter zunehmen.“

Neben Gängelung und hohen Kosten drohten die bisherigen Inhalte des Entwurfes Waldbesitzern zudem Zielkonflikte aufzubürden. Interessen von Naturschutz, Forstwirtschaft und Naherholung bedürften einer praxisnäheren Form der Einarbeitung in das Gesetzesvorhaben, heißt es aus den Reihen potenziell Betroffener.

CO₂-Preis für Brennholz: Eine weitere praxisfremde Idee aus der Stadt

Als besonders eklatante Verfehlung sehen Praktiker wie Prof. Bitter auch Ideen wie jene des Deutschen Biomasseforschungszentrums DBFZ, für die energetische Nutzung von Holz einen CO₂-Preis erheben zu wollen. Eine Gleichsetzung des regenerativen Rohstoffs Holz mit fossilen Energieträgern sei nicht nur verfehlt, sondern auch praxisfremd.

Ein solcher Schritt würde dazu führen, dass Holz seltener als Brennstoff genutzt werde – dies hätte aber auch zur Folge, dass Waldpflege zurückgeschraubt würde. Die Folgen wären kontraproduktiv, so Bitter:

„Der angesichts des Klimawandels notwendige Waldumbau würde gebremst, steigendes Alter und zunehmender Holzvorrat würden das Risiko durch Stürme, Dürre, Waldbrände und Schädlinge massiv erhöhen. Nach dem umstrittenen Gebäudeenergiegesetz würden Waldbesitzer, Wirtschaft und Verbraucher durch eine neue Debatte verunsichert.“



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