Negativzinsen treffen Deutschland besonders hart – Banken schrecken vor Klage jedoch zurück

Jährlich verlieren Deutschlands Banken 2,5 Milliarden Euro. Und doch schrecken die Banken vor einer Klage gegen den Negativzins zurück. Grund dafür ist die Vertragsfreiheit in der EU.
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Die Negativzinsen bedeuten nicht nur zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe für die hiesige Kreditwirtschaft, sondern verunsichern auch die Sparer, da immer mehr Banken die Kosten an ihre Kunden weiterreichen.Foto: suwichaw/iStock
Epoch Times6. Oktober 2019

Deutschlands Banken werden vorerst nicht gegen den Negativzins der Europäischen Zentralbank (EZB) vor Gericht ziehen, obwohl sie auf dem Klageweg unter Umständen Milliardenkosten abschütteln könnten.

Zuletzt hatte ein Rechtsgutachten die Möglichkeit aufgezeigt, gegen die Belastung von Einlagen bei der Zentralbank zivilrechtlich vorzugehen.

Die Negativzinsen bedeuten nicht nur zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe für die hiesige Kreditwirtschaft, sondern verunsichern auch die Sparer, da immer mehr Banken die Kosten an ihre Kunden weiterreichen.

Zugleich zeigt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, dass die Möglichkeiten des Gesetzgebers, Negativzinsen für Sparer zu verbieten, sehr begrenzt sind.

Gauweiler: EZB-Beschlüsse „untergraben die Stabilitätskultur in Deutschland“

Der CSU-Politiker und prominente Kritiker der Euro-Rettungspolitik Peter Gauweiler sieht in der Negativzinspolitik einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Die Beschlüsse der EZB seien ökonomisch und politisch schädlich: „Sie ruinieren das Bankwesen und untergraben die Stabilitätskultur in Deutschland“, sagte Gauweiler der „Welt am Sonntag“.

Der Hamburger Rechtswissenschaftler Kai-Oliver Knops bestreitet zudem, dass die EZB überhaupt ein Recht hat, Kreditinstituten „negative Zinsen“ auf ihre Einlagen bei der Zentralbank zu berechnen. Nach seiner Einschätzung handelt es sich um eine steuerähnliche Abgabe, zu der die EZB nicht befugt ist.

Deutsche Banken sind unsicher

Der Dachverband der Banken, Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland reagierte auf Anfrage der „Welt am Sonntag“ jedoch ausweichend auf die Möglichkeit einer Klage. Es gebe unterschiedliche Rechtsauffassungen darüber, ob die von der EZB seit 2014 beschlossenen Maßnahmen europarechtlich zulässig seien, erklärte der Verband.

„Nach Ansicht der Deutschen Kreditwirtschaft kann sich eine abschließende Bewertung dieser Frage aus dem weiteren juristischen Diskurs ergeben.“

Deutschlands Banken verlieren jährlich 2,5 Milliarden Euro

Durch den EZB-Leitzins verlieren Deutschlands Banken im Jahr bis zu 2,5 Milliarden Euro, wie Knops kalkuliert. Die EZB hat den Kreditinstituten mit ihren Beschlüssen vom September nur etwas Linderung verschafft.

Der Negativzins wurde zwar von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent verschärft, künftig ist aber ein höherer Teil der Überschussreserven von dem „Verwahrentgelt“ ausgenommen, nämlich das Sechsfache der jeweiligen Mindestreserve.

Negativzinsen treffen Deutschland besonders hart

Deutschland trifft der Negativzins besonders hart. Nirgendwo in Europa liegt so viel Geld auf Bankkonten und Sparbüchern wie hierzulande, im August 2019 waren es 2,4 Billionen Euro. Das entspricht mehr als zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts, also des Werts aller hierzulande produzierten Güter und Dienstleistungen.

Juristen: Verbot von Strafzinsen nicht möglich – würde Vertragsfreiheit missachten

Ob der Gesetzgeber gegen negative Zinsen vorgehen kann, wie es der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder gefordert hat, sehen Juristen jedoch skeptisch.

So geht aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags über die „Zulässigkeit von Negativzinsen“ hervor, dass es nach deutschem Recht durchaus einen negativen Zinssatz geben kann. In Auftrag gegeben hat das Gutachten der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler, ein erklärter Kritiker der EZB-Geldpolitik.

Ein gesetzliches Verbot von Strafzinsen wäre auch deshalb problematisch, weil der Staat damit in die Vertragsfreiheit eingreifen würde.

„Während der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Spielraum zur Vornahme zivilrechtlicher Regelungen hat, bedürfen Eingriffe in die verfassungsrechtlich geschützte Vertragsfreiheit einer hinreichenden sachlichen Rechtfertigung“, schreibt der Wissenschaftliche Dienst. (dts)



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