Nebenkostenabrechnung: „Es wird richtig dramatisch“

Den Mietern droht ein massiver Anstieg der Nebenkosten, doch der Ukraine-Krieg ist nicht die Ursache.
Titelbild
Berliner Wohnbezirk Marzahn.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 17. April 2022

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Die steigenden Energiekosten belasten zunehmend die Geldbeutel der Verbraucher. Mietern droht ein massiver Anstieg der Nebenkosten.

„Im Schnitt zahlten die Berliner Haushalte nach unseren Beobachtungen im Jahr 2020 zwischen 1,30 und 1,40 Euro pro Quadratmeter für Heizung und Warmwasser monatlich. Bei einer in Berlin durchschnittlichen Wohnungsgröße von 70 Quadratmetern bedeutet dies 94,50 Euro monatlich bzw. 1.134 Euro im Jahr“, rechnet Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV), vor.

Gehe man von einer achtprozentigen Gaspreissteigerung und einer 31-prozentigen Ölpreissteigerung inklusive CO₂-Bepreisung im vergangenen Jahr 2021 aus, dann müssten Mieter mit einer Nachzahlung für 2021 bei gasbeheizten Wohnungen mit etwa 100 Euro rechnen. Wild stützt sich dabei auf Berechnungen des Internetportals „immowelt“. Bei Heizöl seien es etwa 350 Euro, „es sei denn im Vorjahr wurden die Öltanks mit größeren Mengen vorausschauend gefüllt“.

„Richtig dramatisch“ wird es laut Wild aber erst mit den Heiz- und Warmwasserkostenabrechnungen für die Zeiträume ab Januar 2022, die dann zu Beginn des Jahres 2023 bei den Mietern eintreffen.

Aktuell erhöhten schon zahlreiche Vermieter die Heizkostenvorauszahlungen. Ob dies rechtlich zulässig sei, müsse im Einzelfall geprüft werden. Bei gasbeheizten Wohnungen würden nach den bisherigen zwei Erhöhungsschritten des Anbieters Gasag die Heiz- und Warmwasserkosten um 350 Euro bei einer 70 Quadratmeter großen Wohnung steigen. Mietern rät Wild daher, zeitig Rücklagen für die Abrechnung 2022 zu bilden, denn auch Strom werde deutlich teurer.

„Hilfen nur Tropfen auf den heißen Stein“

Der Berliner Mieterverein habe bereits an Energieversorger und Politik appelliert, von Versorgungssperren bei Zahlungsschwierigkeiten abzusehen.

Die jüngst im Bund beschlossenen staatlichen Unterstützungen für Wohngeld- und BAföG-Empfänger könnten jedoch nur ein Anfang sein, weil der Kreis der besonders betroffenen Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 1.500 Euro sehr viel größer sei. „Die jetzigen Hilfen sind daher nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein“, betont Wild.

Andererseits sei auch nicht einzusehen, warum mit Steuergeldern nun die Kassen der Energieanbieter gefüllt werden müssten. 

Wild weiter: „Insoweit weisen wir auf die missverständliche Zuschreibung hin, der Ukraine-Krieg sei die Ursache für die Energiepreissteigerungen. Die Preise der Rohstoffe für Öl und Gas aus Russland erhöhten sich nicht!“  Verantwortlich sei die spekulative Preisspirale im Derivatehandel. „Es ist nicht einzusehen, warum mit Daseinsvorsorge spekuliert werden darf. Hier muss die Staatengemeinschaft endlich einen Schlussstrich ziehen“, fordert er.

Den Mietern empfehle der Berliner Mieterverein, alle Einsparpotenziale bei Heizung und Warmwasser zu nutzen, um die finanzielle Belastung so gering wie möglich zu halten.

Mieterverbände befürchten außerdem, dass Vorauszahlungen für die Nebenkosten schon in diesem Jahr angepasst werden könnten, berichtet der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR). Mit Blick auf die exorbitant steigenden Energiepreise hätten Vermieter kaum Interesse daran, für drohende Nachzahlungen in Vorleistung zu gehen.

Zu verlangen, dass Mieter jetzt für die höhere monatliche Vorauszahlung zur Kasse gebeten werden, sei aber rechtlich nicht zulässig – jedenfalls nicht einseitig. Die beiden Parteien könnten dies einvernehmlich vereinbaren, zitiert der MDR Florian Bau vom Mieterverein Dresden. „Wenn der eine das vorschlägt und der andere sagt: So machen wir das, dann ist das auch bindend. Das kann für den einzelnen Mieter auch sinnvoll sein. Aber es ist nicht möglich, vor der Abrechnung einseitig die Vorauszahlung zu erhöhen oder zu reduzieren“, erläutert Bau.

Die Betriebskostenabrechnung sei die Grundlage, auf der der Vermieter darüber entscheidet, ob und in welchem Umfang künftig mehr oder weniger gezahlt werden muss. Das könne auch andersherum durch den Mieter so geschehen, sagt Bau. Es sei aber rechtlich gar nicht zulässig. Eventuell könne eine höhere Vorauszahlung jedoch durchaus sinnvoll sein, das Risiko einer hohen Nachzahlung könne so verringert werden.



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