Nach EZB-Urteil aus Karlsruhe: Lagarde verlangt Gehorsam von Bundesbank

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde hat zum EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts Position bezogen. Sie fordert Gehorsam von der Bundesbank.
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Christine Lagarde.Foto: JOHN THYS/AFP/Getty Images
Epoch Times19. Mai 2020

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat die Bundesbank an ihre Verpflichtung erinnert, sich nach den geldpolitischen Beschlüssen im Euroraum zu richten.

„Nach dem Vertrag müssen alle nationalen Zentralbanken in vollem Umfang an den Entscheidungen und der Durchführung der Geldpolitik des Euro-Währungsgebiets teilnehmen“, sagte Lagarde dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe). Die EZB unterstehe „der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union“.

„Jede nationale Zentralbank in der Eurozone ist unabhängig und darf keine Anweisungen von Regierungen entgegennehmen. Dies ist in den Verträgen festgeschrieben“, betonte Lagarde. Die Deutsche Bundesbank ist mit etwas mehr als 26 Prozent größter Anteilseigner der gemeinsamen Notenbank für den Euroraum mit seinen 19 Mitgliedstaaten.

Lagarde reagierte mit ihren Äußerungen auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das der Bundesbank weitere Käufe von Staatsanleihen innerhalb eines seit 2015 laufenden Programms verbietet, wenn die EZB die Verhältnismäßigkeit ihrer Geldpolitik nicht genauer begründet.

Dieses Urteil könnte die Bundesbank im schlimmsten Fall in rund zweieinhalb Monaten in die Situation versetzen, entweder gegen ihre Verpflichtung im Rahmen der europäischen Geldpolitik oder gegen das Urteil des Verfassungsgerichts zu verstoßen.

EZB-Klage wird weitere Klagen nach sich ziehen

Der Frankfurter Europarechtler Christoph Schalast rechnet damit, dass sich die EU-Institutionen gegen den Karlsruher Richterspruch juristisch zur Wehr setzen werden. „Ich bin sicher, dass wir eine Gegenklage aus Brüssel gegen dieses Urteil sehen werden“, sagte Schalast am Dienstag in einer Videoschalte mit Journalisten.

Zugleich erwarte er zahlreiche weitere Klagen gegen Entscheidungen der EZB – auch gegen das vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgenommene zusätzliche Anleihenkaufprogramm der Notenbank in der Corona-Krise. „Gegen jede Maßnahme der EZB werden Klagen eingereicht werden. Das Urteil ist ja geradezu eine Einladung dazu“, sagte Schalast.

Bundesbank untersteht der deutschen Gerichtsbarkeit

Die EZB selbst sieht sich durch Urteile nationaler Gerichte nicht gebunden, die Bundesbank jedoch untersteht als deutsche Behörde der deutschen Gerichtsbarkeit. Das Urteil hatte Sorgen um den Bestand der Eurozone hervorgerufen. Lagarde hob dagegen hervor, der Euro sei „unumkehrbar“.

Die geldpolitischen Beschlüsse im Euroraum werden vom EZB-Rat getroffen, der aus sechs Direktoren und 19 Chefs nationaler Notenbanken, darunter auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, besteht. Die nationalen Notenbanken sind überwiegend für die Umsetzung der Beschlüsse verantwortlich.

Das Urteil des Verfassungsgerichts betrifft ein Programm, das unter der Abkürzung PSPP bekannt ist und zurzeit Zukäufe von Staatsanleihen für monatlich 20 Milliarden Euro vorsieht. Neuere, speziell für die Coronakrise geschaffene Programme sind nicht direkt betroffen.

Zu dem Vorschlag eines 500 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron sagte Lagarde, dies sei „ehrgeizig, gezielt und willkommen“.

Sie öffneten den Weg „zu langfristigen Anleihen der EU-Kommission“, außerdem zeugten sie vom „Geist der Solidarität und Verantwortung“, so die EZB-Präsidentin. (dts)



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