Mobilitätswende ins Nichts? Deutsche Konzerne kämpfen um Zukunft für E-Autos
Der Markt für E-Autos in Europa ist ein Paradebeispiel für eine künstlich erzeugte Nachfrage. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der abgesetzten Plug-in-Hybride oder vollelektrischen Fahrzeuge deutlicher angestiegen als in den Jahren zuvor. Grund dafür waren zum Teil üppige Subventionen in Form von Kaufprämien und einer befristeten Befreiung von der Kfz-Steuer.
Tschentscher als negativer Werbeträger für E-Autos
Sobald die Förderung für Plug-in-Hybride wegfiel, brach der Absatz deutlich ein. Mit dem Ende der Kaufprämie auch für vollelektrische Fahrzeuge droht nun ein weiterer drastischer Rückgang. Bereits im Vorjahr war die Zahl der Förderanträge von zuvor 820.000 auf 376.000 gesunken. Nun erwarten Branchenexperten einen weiteren deutlichen Rückgang um mindestens 50.000 bis 100.000 verkaufte E-Modelle.
Für eine Vielzahl an Verbrauchern stellten die Fördermittel das einzige entscheidende Argument dar, zu einem E-Auto zu greifen. Diesem stehen nach wie vor eine Vielzahl an erheblichen Nachteilen gegenüber, die einer nennenswerten originären Nachfrageentwicklung entgegenstehen.
Hamburgs OB Peter Tschentscher wurde jüngst unfreiwillig zur Symbolfigur für die Mangelhaftigkeit des E-Autos. Weil die Reichweite seines 120.000 Euro teuren Dienstwagens nicht ausreicht, um von Hamburg nach Berlin und zurück zu gelangen, musste er auf die Bahn umsteigen – oder im Extremfall auf den Diesel seines Leibwächters. Dazu kommen teure Reparaturen und schlechte Chancen auf Weiterverkauf, wie dies jüngst mehrere Autovermieter erfahren mussten.
Nur 13 Prozent würden derzeit reinen Stromer bevorzugen
In einer ausführlichen aktuellen Analyse möchte das „Handelsblatt“ zwar bisher nicht das Ende des E-Autos in Deutschland ausrufen, dennoch spricht man dort bereits jetzt von der „letzten Chance“ für die deutsche Autoindustrie – die unter beispiellosem Zugzwang stehe.
Kurzfristig liege ihre Chance in Rabatten, die so hoch seien, dass sie den Wegfall der Förderprämie bestmöglich egalisierten. Dies würde zwar vielfach dazu führen, dass die Gewinnmargen bis zur Unkenntlichkeit abschmölzen, die Alternative dazu wäre allerdings, die Modelle zu Ladenhütern werden zu lassen und vor allem chinesischen Anbietern freien Raum zu lassen, die mit Preiskampfmodellen den europäischen Markt überschwemmen.
Nicht nur Tesla hatte jüngst mit einem Strategiewechsel hin zu günstigeren Modellen die traditionellen deutschen Autobauer in China selbst erheblich unter Druck gesetzt. Die dortigen Anbieter verfügten neben der Subventionspolitik des KP-Regimes auch über einen direkten Zugang zu Rohstoffen, die für den Bau der Modelle entscheidend seien.
Derzeit würden einer Umfrage von Deloitte zufolge gerade einmal 13 Prozent der befragten Deutschen beim nächsten Autokauf einen Stromer bevorzugen. Die Hälfte hingegen tendiert zum Verbrenner – trotz oder gerade wegen des dogmatischen Beharrens der EU auf einem Verbrennerverbot ab 2035. Alle übrigen wollen mit einem Plug-in-Hybrid auf Nummer sicher gehen. Brüssel erschwert unterdessen den Bau von Autos mit Verbrennermotor durch immer engere Emissionsvorgaben.
Dieselskandal unterminierte Alternative zu E-Autos
Die deutsche Autoindustrie habe, so der Vorwurf des „Handelsblattes“, mehrfach Chancen verpasst, sich international in zukunftsfähiger Weise auf dem Markt für E-Autos zu positionieren. Bis zum Pariser Klimaabkommen von 2015 habe man damit gerechnet, dass die Elektromobilität ein Nischenprogramm bleiben werde. Pioniere wie Elon Musk habe man nicht ernst genommen. Die ersten Versuche in Form des BMW i3 und des E-Golfs hätten sich zu Flops entwickelt.
Im Kern habe man auf verbrauchsärmere Dieselmodelle gesetzt – bis der Dieselskandal in den USA diese Pläne durchkreuzt habe. Nachdem Elon Musk mit seinem Model 3 einen ersten Markterfolg landen konnte, versuchten auch deutsche Autobauer nachzuziehen. Der Erfolg war überschaubar. Um Gewinne einzufahren, war man immer noch auf Verbrenner-SUVs angewiesen.
Die heimischen Konzerne hätten sich auf die Politik verlassen, hieß es in der Analyse weiter. Das „Hochfahren“ der Nachfrage sollte diese durch Förderungen übernehmen, sie wolle ja bestimmte Ziele umsetzen. Dort jedoch scheint man bereits mit der Schaffung von Voraussetzungen wie der Ladeinfrastruktur und einer dafür ausreichenden Stromversorgung überfordert zu sein.
Derweil krankt es auch an der technischen Umsetzbarkeit gleichwertiger E-Autos. Um auch nur annähernd die Reichweite eines durchschnittlichen Verbrennerneuwagens zu erreichen, benötigt ein E-Auto eine Riesenbatterie mit mehr als 100 Kilowattstunden. Und dessen Hersteller die dafür erforderlichen Rohstoffe.
Technologische Innovation als letzter Strohhalm
Während China über einen strukturellen Vorteil in den Wertschöpfungsketten für Batterien verfüge, müssten deutsche Hersteller ihre Herstellungskosten um bis zu 5.000 Euro pro Fahrzeug reduzieren. Andernfalls droht der Verlust der Konkurrenzfähigkeit. Dies könnte auch zu Personalabbau führen. Gleichzeitig bauen chinesische Anbieter wie BYD und MG auch in Europa ihren Marktanteil aus.
Als letzte große Hoffnung für die deutsche Autoindustrie betrachten Experten den Umstand, dass technologisch beim E-Auto noch nicht das letzte Wort gesprochen sei. Hier sei die große Chance, noch bestehende Know-how-Vorteile für sich zu nutzen. Deutsche Hersteller lassen derzeit deshalb auch in China Patente registrieren, um so einen temporären Vorteil zu wahren.
Hersteller und Zulieferer investieren derzeit jährlich etwa 50 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Ein großer Teil davon geht in die Antriebstechnologie. Weniger Verbrauch, größere Reichweite, schnelleres Laden – das werden die Herausforderungen der Zukunft für E-Autos sein. Sollte die deutsche Autoindustrie darauf keine Antworten finden, wären die Aussichten düster.
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