Milliardenklage gegen Deutschland: LNG-Konflikt mit Indien eskaliert
Deutschland wollte nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs seine Abhängigkeit von russischem Erdgas beenden. Das führte zur Verstaatlichung von einer Gazprom-Tochtergesellschaft.
Allerdings hat Berlins Wirtschaftskrieg mit Russland, wie das Onlinemagazin „Telepolis“ berichtet, nun zu Ärger mit einem anderen großen Handelspartner geführt.
Denn nun hat der indische Staatskonzern GAIL die deutsche Bundesregierung zu einer Zahlung von 1,8 Milliarden US-Dollar (1,65 Milliarden Euro) verklagt.
Der Grund: GAIL habe finanziellen Schaden davongetragen, da es im vergangenen Jahr zum Ausfall von Gazprom zugesagter Lieferungen an Flüssiggas gekommen sei.
Eine Verstaatlichung und ihre Folgen
Im Zentrum des Konflikts steht die ehemalige Gazprom Germania, die Teil des russischen Gazprom-Konzerns war.
Um die Gasversorgung in Deutschland zu sichern, stellte die Bundesregierung den Teilkonzern zunächst unter Treuhandverwaltung unter die Bundesnetzagentur. Im November 2022 verstaatlichte ihn die Regierung dann unter dem Namen SEFE.
Die Bundesregierung ergriff dann Stabilisierungsmaßnahmen, um die Liquidität von SEFE zu sichern. Eine Maßnahme war ein KfW-Darlehen in Höhe von insgesamt 13,8 Milliarden Euro. SEFE ist derzeit einer der größten Gashändler Europas und liefert rund 30 Prozent des in Deutschland verbrauchten Gases.
Vertragliche Verpflichtung
Grundlage des Konflikts zwischen Neu-Delhi und Berlin ist ein Vertrag aus dem Jahr 2012 zwischen GAIL und Gazprom. In diesem haben die Vertragspartner eine jährliche Lieferung von 2,5 Millionen Tonnen LNG aus Russland vereinbart, wie „Merkur“ berichtet. Die Dauer des Vertrages beträgt insgesamt 20 Jahre – er läuft also noch bis 2032.
Zuletzt war Gazprom Germania für die Lieferungen zuständig. Seit 2022 kam diese aber den Vereinbarungen nicht mehr nach, da Russland als Reaktion auf die deutsche Verstaatlichung Gazprom Germania mit Sanktionen belegte. Infolgedessen konnte das Unternehmen kein LNG mehr aus Russland an Indien liefern.
Die bilateralen Beziehungen sind nun schwer belastet, da SEFE seit Mai 2022 laut „Handelsblatt“ 30 LNG-Ladungen nicht nach Indien lieferte. Stattdessen musste sich der indische Konzern Ersatz auf dem Spotmarkt beschaffen.
Vertragsbruch wegen höherer Gewalt?
Somit führten einerseits die Verstaatlichung von Gazprom Germania und andererseits die darauffolgenden Vertragsbrüche dazu, dass GAIL jetzt die deutsche Bundesregierung verklagt. Die Bundesregierung gab als Grund für den Vertragsbruch höhere Gewalt an.
Doch der indische Großabnehmer gibt sich mit diesem Argument nicht zufrieden: „Die vom Lieferanten behauptete höhere Gewalt entsprach nicht dem Vertrag“, kritisierte der Geschäftsführer von GAIL, Sandeep Kumar Gupta, bereits zu Jahresbeginn. Er ist überzeugt, dass SEFE weiterhin verpflichtet ist, den LNG-Liefervertrag – etwa durch die Beschaffung von LNG aus anderen Quellen – zu erfüllen.
Die Schadensersatzforderung von 1,8 Milliarden US-Dollar ergibt sich aus den hohen Preisen für Energie beim Spotmarkt im vergangenen Jahr, wie HNA berichtet.
Klage auf Kosten der Steuerzahler?
Russland hat in diesem Jahr seine Sanktionen gegen SEFE wieder beendet. Demnach kann das verstaatlichte Unternehmen den Vertrag mit Indien wieder erfüllen. Das ist laut Medienberichten auch wieder geschehen. Mindestens eine LNG-Lieferung aus Russland nach Indien soll bereits ausgeführt worden sein.
Wenn GAIL mit seiner Klage gegen die deutsche Bundesregierung erfolgreich sein sollte, muss SEFE eine Schadenersatzzahlung an das indische Unternehmen leisten. Das würde bedeuten, dass das Geld letztendlich aus der Tasche der Steuerzahler fließt. Das Wirtschaftsministerium äußerte sich auf Anfrage des „Handelsblatts“ bisher nicht dazu.
Aufgrund der rechtlichen Lage und den aktuellen Marktentwicklungen räumen die Investoren der GAIL-Aktie laut Kettner Edelmetalle der indischen Klage gute Erfolgschancen ein.
Für die Bundesregierung sei diese Situation nun ein wirtschaftspolitisches Dilemma, schreibt Kettner. Es belaste die Beziehungen zu einem potenziellen Handelspartner und rückt die deutsche Energiepolitik in ein kritisches Licht. Die Entscheidungen und Maßnahmen der Ampelregierung ständen jetzt mehr denn je auf dem Prüfstand.
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