Peking greift nach der Kontrolle über die globale Logistik
China könnte mithilfe einer Logistikplattform künftig Zugriff auf alle transportierten Waren weltweit erlangen. Die Plattform LOGINK („National Transportation and Logistics Public Information Platform“) hat bereits Partnerschaften mit mehr als 20 Häfen weltweit und mit zahlreichen internationalen und chinesischen Unternehmen abgeschlossen. In Deutschland gehören die Häfen von Hamburg und Bremen zu den Kooperationspartnern von LOGINK.
Ein Dokument der „Kommission zur Überprüfung der Wirtschaft und Sicherheit zwischen den USA und China“, das am 20. September veröffentlicht wurde, legt ausführlich dar, wie LOGINK auf vielen Wegen versucht, eigene – chinesische – Standards zu setzen und sie der Logistikbranche der Welt schmackhaft zu machen.
90 Prozent der Containerschiffe erfasst
Die Plattform arbeitet ihrerseits mit vielen chinesischen Firmen zusammen, darunter staatlichen Unternehmen und Logistik-Start-ups. Einige wichtige Partnerschaften haben den Umfang der Plattform und den Zugang zu Daten erheblich erweitert. Dazu gehört vor allem eine Vereinbarung über die gemeinsame Nutzung von Daten mit CargoSmart, einem Anbieter von Versandmanagement-Software, die 2016 unterzeichnet wurde.
Nach der Vereinbarung zum Austausch von Schiffs-, Buchungs- und Zolldaten berichteten chinesische Nachrichtenquellen, dass LOGINK über CargoSmart bereits den Zugang zu Daten von Live-Bewegungen von mehr als 90 Prozent der Containerschiffe weltweit besitzt.
CargoSmart ist eine Tochtergesellschaft der OOCL-Gruppe; die Orient Overseas Container Line ist eine börsennotierte Reederei aus Hongkong. Diese Reederei ist eine der weltgrößten Schifffahrts- und Logistikfirmen mit mehr als 280 Büros in 58 Ländern der Welt. Ende 2019 betrieb der Konzern eine Flotte von 104 Schiffen. OOCL wurde 2019 durch den staatlichen Konzern COSCO übernommen, einem der größten Player in der Containerschifffahrt zwischen China und Europa.
Zentrale Anlaufstelle für Logistikdaten
Nach Angabe der amerikanischen Behörde bietet die chinesische Logistikplattform den Nutzern eine zentrale Anlaufstelle für Logistikdatenmanagement, Sendungsverfolgung und Informationsaustausch zwischen Unternehmen und Regierung. Häfen, Frachtunternehmen und Spediteure können LOGINK kostenlos nutzen.
China fördert Datenstandards, die eine breite Nutzung der Plattform unterstützen. Als zweite Generation von LOGINK, die sich derzeit in der Entwicklung befindet, wird eine cloudbasierte Suite von Unternehmenssoftwareanwendungen entstehen, wie zum Beispiel erweiterte Datenanalyse und Tools zur Verwaltung von Geschäftspartnerbeziehungen.
Diese Art eines „chinesischen SAP“ ermöglicht Peking einen noch besseren Zugang zu globalen Handelsdaten – und einen beispiellosen Einblick in Transaktionen und Handelsbeziehungen weltweit.
Portugal als atlantisches Drehkreuz
Bei einer breiten Einführung von LOGINK werden wirtschaftliche und strategische Risiken für die Weltwirtschaft und die Länder befürchtet. Wie andere chinesische Unternehmen, die von der Regierung gesponsert oder subventioniert werden, könnte LOGINK Firmen unterbieten, die ohne staatliche Unterstützung innovativere Produkte zu höheren Kosten anbieten müssen.
LOGINKs Einblick in die globalen Lieferketten könnte Peking auch in die Lage versetzen, Schwachstellen in Lieferketten zu erkennen – oder auch den Versand von Militärgütern sowie kommerzieller Fracht zu verfolgen.
Häfen und Hafenbetreiber konzentrieren sich in der Zusammenarbeit mit LOGINK vor allem auf den Austausch des Schiffs- und Containerstatus. Einige der Kooperationsvereinbarungen sind auch ausdrücklich als Basis für eine regionale Expansion gedacht. In einer Absichtserklärung mit Port Klang in Malaysia heißt es beispielsweise, dass die Vereinbarung Teil einer umfassenderen Anstrengung ist, den Informationsaustausch der ASEAN-Staaten zu fördern.
In ähnlicher Weise entwickelt sich die Kooperation mit dem Hafen von Sines in Portugal. Darin heißt es, dass der Informationsaustausch und die Straffung von Prozessen „ein weiterer Schritt zur Stärkung von Sines als atlantisches Drehkreuz der neuen maritimen Seidenstraße“ sein soll. Im Nahen Osten laufen Vereinbarungen von LOGINK mit Maqta Gateway in Abu Dhabi.
Niedergang des traditionellen Handels
Noch ein weiterer chinesischer Konzern ist in diesem Zusammenhang wichtig: Alibaba, das größte IT-Unternehmen Chinas. Die Logistikplattform ist eine wichtige Partnerschaft mit Cainiao, einer Tochtergesellschaft der Alibaba Group, eingegangen. Cainiao verfügt über ein Netzwerk von mehr als 200 Lagerhäusern weltweit.
In den vergangenen Jahren hat sich Cainiao auf die Expansion in Europa konzentriert, indem es ein großes Drehkreuz am belgischen Flughafen Lüttich sowie regionale Lager in Bremen, Madrid, Paris und Rom errichtete. Weitere Städte sollen folgen.
Auch der Aufbau einer innereuropäischen Lkw-Flotte und eines Systems von Lieferfächern in ganz Europa ist vorgesehen. Der Informationsaustausch mit Cainiao bietet LOGINK einen umfassenden Überblick über Chinas grenzüberschreitende E-Commerce-Transaktionen.
Im April 2022 schloss sich LOGINK einem Projekt an, bei dem rund 70 Häfen und 10 Flughäfen miteinander verbunden werden. Den Beteiligten wird damit ermöglicht, Daten zum Schiffsverkehr und Warentransfer zu teilen, schreiben die amerikanischen Analytiker.
Erhebliche Sicherheitsbedenken
Obwohl LOGINK behauptet, dass die Nutzer nur die von ihnen gewünschten Daten teilen und weitergeben, ist die Sicherheit der Plattform unklar. Das Sponsoring der Plattform durch den Staat wirft erhebliche Bedenken diesbezüglich auf.
So könnte die Kommunistische Partei Chinas Zugang und Kontrolle über große Mengen sensibler Geschäfts- und Regierungsdaten durch LOGINK erlangen – und dies ohne Wissen und Zustimmung der Nutzer. Die chinesische Regierung könnte die Plattform rechtlich dazu zwingen, Daten weiterzugeben, die sie als Angelegenheit der nationalen Nachrichtendienste betrachtet.
Das chinesische Nachrichtendienstgesetz von 2017 verlangt von jedem chinesischen Bürger und jeder Organisation des asiatischen Landes, „die nationale Nachrichtendienstarbeit zu unterstützen, Hilfe zu leisten, zu unterstützen und bei der Arbeit der nationalen Nachrichtendienste zu kooperieren“. Das Gesetz verbietet zudem Aussagen zur Beteiligung chinesischer Geheimdienste. Medien und Kommissionen der Kommunistischen Partei haben die Aufnahme von „reservierten Schnittstellen“ oder Hintertüren gefordert, die Zugang zu Transport-, Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen ermöglichen.
Selbst wenn die LOGINK nicht absichtlich so eingerichtet ist, dass die Plattform unbefugten Zugriff ermöglicht, weisen chinesische Softwareprodukte anderer Anbieter oft auf unsichere Softwareentwicklungspraktiken hin. Zum Beispiel hat 2019 eine Untersuchung von Huawei-Firmware und -Software durch das in Ohio ansässige Cybersicherheitsunternehmen Finite State Hunderte potenzielle Schwachstellen entlarvt.
Informationsvorsprung für China
Die amerikanischen Behörden befürchten, dass das Sammeln von Handelsdaten LOGINK einen Informationsvorsprung einbringen könnte, der es chinesischen Firmen ermöglicht, schneller auf Marktentwicklungen zu reagieren und Waren preisgünstiger anbieten zu können.
Wenn LOGINK zu einem vollwertigen Marktplatz wird, der Importeure mit Exporteuren und Logistikunternehmen zusammenbringt, könnte er die Daten auch so „verdrehen“, dass die Nutzer eher chinesische Anbieter auswählen.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) scheint von der Plattform noch nichts gehört zu haben. Eine entsprechende Anfrage von Epoch Times beantwortet die Behörde kurz und knapp: „LOGINK ist uns nicht bekannt“, ließ die Presseabteilung verlauten.
Anfragen der Epoch Times an den Logistikdigitalisierer DAKOSY, der Cargo-Community-Plattformen unter anderem am Hamburger Hafen betreibt, und an den Zentralverband Deutscher Schiffsmakler blieben ohne Reaktion.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 66, vom 15. Oktober 2022.
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