Schlachtbetrieb Tönnies: 7000 Mitarbeiter sollen in Quarantäne – Schulen und Kitas geschlossen
Seit Beginn der Woche nimmt der Corona-Ausbruch im Fleischbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück immer größere Ausmaße an. Am Mittwochabend wurden bereits 657 Neuinfizierte gemeldet. 7000 Mitarbeiter sollen in Quarantäne. Eine Schließung des Betriebs wurde bereits verfügt, sämtliche Schulen und Kitas wurden geschlossen, wie „NRZ“ berichtet. Damit wolle man eine Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung vermeiden, hieß es von Seiten des Kreises Gütersloh. Unter den Tönnies-Beschäftigten seien zahlreiche Mütter und Väter mit schulpflichtigen Kindern.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach vermutet einen zu laschen Umgang mit Hygiene-Regeln als Grund für die Corona-Masseninfektion beim Schlachtbetrieb Tönnies in Ostwestfalen. „Das Hygiene-Konzept muss komplett versagt haben“, sagte der Bundestagsabgeordnete und Epidemiologe den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). Die hohe Zahl der Neuinfizierten in der Tönnies-Belegschaft lasse sich eigentlich nur damit erklären, dass viele Mitarbeiter auf das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken verzichtet hätten.
Auch körperliche Nähe, Belüftung und hohe Temperaturen bei der Fleischverarbeitung könnten bei der lokalen Ausbreitung des Covid-19-Erregers eine Rolle spielen. Es sei für ihn unerklärlich, warum nach mehreren Vorfällen in der Fleischindustrie ein „Hochrisikobetrieb“ wie Tönnies beim Schutzkonzept so offensichtlich versagt habe, sagte Lauterbach. Ein Konzern dieser Größe habe die Pflicht, die eigenen Mitarbeiter und die Bevölkerung am Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück bestmöglich zu schützen.
„Billiglöhner aus Bulgarien und Rumänien“
Die „Bild-Zeitung“ geht in einem Kommentar noch einen Schritt weiter und spricht von „Billiglöhner aus Bulgarien und Rumänien“, die „zum Teil in Massenunterkünften gehalten“ gehalten werden. Der Kommentator prangert an, dass das Einhalten der Hygienevorschriften offenbar nicht „peinlichst genau kontrolliert“ wurde. Dabei glaubt er, dass die „Billigschlachter und ihre Lobbyisten in der Politik“ uns offenbar „verschaukeln wollen“.
Das Unternehmen erklärte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, dass alle der „jetzt betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ im Mai noch negativ getestet worden waren. Damals gab es jedoch schon 128 andere positiv getestete Fälle. Das Virus sei von außen erneut in den Betrieb getragen worden, erklärt der Unternehmens-Sprecher. Man wolle herausfinden, „welche Schwachpunkte im Hygienekonzept nun verbessert werden müssten“, schreibt „NRZ“.
Lauterbach regte an, nun flächendeckend in Deutschland die Hygiene-Konzepte in fleischverarbeitenden Betrieben zu überprüfen. Von der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) habe er dazu noch nicht viel gehört. „Wo ist sie eigentlich? Was hat Frau Klöckner zur Bewältigung der schwierigen Lage in der Fleischindustrie zu bieten?“ Lauterbach selbst brachte einen „Runden Tisch“ und zusätzliche Fördergelder ins Gespräch, um weitere Corona-Ausbrüche in der Branche zu verhindern.
Vorläufig soll der Schlachthof 14 Tage geschlossen bleiben. Nach Angaben des Unternehmens werde die Schließung „Auswirkungen auf den Lebensmittelmarkt in Deutschland“ haben. 20 Prozent des Fleischangebotes würde dem Handel dadurch entzogen werden, meint das Unternehmen. (dts/nmc)
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