KTM steht vor der Insolvenz – Sanierungsverfahren soll Finanzlöcher überbrücken

Mit der österreichischen KTM AG steht der größte Motorradhersteller Europas kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Jetzt soll ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung und eine „Redimensionierung“ die Rettung bringen. 1.000 Entlassungen sind beschlossen, 4.000 Jobs stehen im Feuer. Hintergrund ist die geringe Nachfrage bei hohen Kapazitäten.
Die goldenen Zeiten bei KTM sind vorbei. Das Unternehmen steckt tief in der Krise.
Die goldenen Zeiten bei KTM scheinen vorbei: Der österreichische Zweiradbauer steckt tief in der Krise.Foto: Sebastian Willnow/dpa
Von 28. November 2024

Der österreichische Motorradriese KTM kann seine Verbindlichkeiten offenbar nicht mehr bedienen. Wie die Tageszeitung „Die Presse“ berichtet, fehlt der KTM AG mit Hauptsitz im Städtchen Mattighofen südlich von Braunau unweit der deutschen Grenze nach Angaben der Konzernmutter Pierer Mobility derzeit ein „hoher dreistelliger Millionenbetrag“.

Die Lenker der KTM glaubten nicht mehr daran, dass „die notwendige Zwischenfinanzierung zeitgerecht“ sichergestellt werden könne. Hans Lang, der Sprecher der Pierer Industrie AG, hat am Dienstag, 26. November, mitgeteilt, dass der KTM-Vorstand beschlossen hat, schon am kommenden Freitag einen Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung einzureichen.

Betroffen sei nicht nur das Vermögen von KTM, sondern auch das ihrer Töchter KTM Components GmbH und KTM F&E GmbH. Die übrigen Töchter der KTM seien nicht involviert, meldet „Die Presse“ (Bezahlschranke) unter Verweis auf Konzernsprecher Lang. (Eine Abbildung der Konzernstruktur der in Wels ansässigen Pierer Mobility AG ist auf deren Website einsehbar.)

„Redimensionierung“ soll KTM-Gruppe stärken

Sollte das Gericht dem Antrag auf ein Sanierungsverfahren stattgeben, wolle KTM „innerhalb von 90 Tagen mit den Gläubigern einen Sanierungsplan“ vereinbaren, so „Die Presse“.

„Durch eine Redimensionierung der Gruppe soll nicht nur der Bestand der KTM-Gruppe nachhaltig gesichert, sondern auch die Basis geschaffen werden, erstarkt aus dem Verfahren zu kommen“, so Lang.

Der „Lagerüberbestand“ bei KTM und den Händlern solle dafür innerhalb von zwei Jahren „angepasst“ werden, schreibt „Die Presse“ weiter. Das werde die „Betriebsleistung“ voraussichtlich um eine Milliarde verringern. Für die Mitarbeiter sei im Januar und Februar „Produktionsstopp und Ein-Schicht-Betrieb“ geplant.

Zu viele E-Bikes, zu viele Mitarbeiter

Wie die „Passauer Neue Presse“ (PNP) unter Berufung auf die „Salzburger Nachrichten“ (Bezahlschranke) berichtete, hatte KTM ihre Belegschaft bereits im Frühjahr im betriebseigenen Intranet aufgefordert, von einem Gratisangebot Gebrauch zu machen: Jeder Mitarbeiter könne kostenlos bis zu zwei E-Bikes erhalten, um die Überkapazitäten abzubauen. Auf diese Weise seien mehr als 11.000 Elektro-Fahrräder verschenkt worden. Laut PNP sei damit etwa ein Viertel der Halbjahresproduktion vom Hof gekommen.

Nach Angaben des Nachrichtensenders n-tv hatte KTM im bisherigen Jahresverlauf bereits 700 Stellen gestrichen. Rund 300 weitere Arbeitsplätze sollen bis Anfang 2025 wegfallen. Zwischen Weihnachten und Ende Februar sollen keine Maschinen mehr in den Hallen der KTM AG gebaut werden.

Mitte November standen beim größten Motorradhersteller Europas laut ORF noch rund 5.000 Menschen in Lohn und Brot, darunter 4.000 an den Standorten Mattighofen und Munderfing. Nach Abschluss der Entlassungswelle sollten es insgesamt noch 1.000 Arbeiter und 3.000 Angestellte sein – vorausgesetzt, das Sanierungsverfahren läuft gut.

Pierer Industrie AG bereits im Restrukturierungsverfahren

Pierer Industrie des Industriellen Stefan Pierer, die „mittelbar an der KTM AG beteiligt“ sei, hatte bereits am vergangenen Montag ein Restrukturierungsverfahren nach europäischem Recht auf den Weg gebracht. Laut n-tv beschäftigte Pierer Industrie im Jahr 2023 bei einem Jahresumsatz von 3,6 Milliarden Euro weltweit rund 10.000 Menschen.

Nach Angaben des Kreditschutzverbandes 1870 sei das Verfahren bereits am selben Tag am Landgericht Wels eröffnet worden. Es handele sich um das erste Verfahren dieser Art in Österreich überhaupt. Die „Anleihe- und Schuldscheingläubiger“ der Pierer Industrie AG hätten nun bis zum 31. Januar 2025 Zeit, ihre Rückforderungen bei ihrem Schuldner und vor Gericht einzureichen.

Nach Angaben des ORF steht Pierer Industrie mit rund 250 Millionen Euro in der Kreide und hofft darauf, dass die Gläubiger sich darauf einlassen werden, ihre Rückzahlungsfristen zu verlängern.

Das europäische Restrukturierungsverfahren soll nach Angaben von n-tv dazu dienen, ein bislang nicht zahlungsunfähiges Unternehmen gesunden zu lassen, ohne ein Insolvenzverfahren über sich ergehen lassen zu müssen.

Auch Österreichs Wirtschaft in der Krise

Die österreichische Wirtschaft hat unter ähnlichen Konjunkturproblemen zu leiden wie die deutsche. Nach Angaben der „Presse“ war die Zahl der Firmeninsolvenzen in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 im Vorjahresvergleich um 24,6 Prozent auf 4.895 gestiegen.

Im selben Zeitraum hat sich die Zahl jener Unternehmen, die über mehr als zehn Millionen Kapital verfügten und Insolvenz anmelden mussten, von 27 auf 55 nahezu verdoppelt. Auch bei den Privatinsolvenzen hat es einen leichten Zuwachs gegeben.

Gewerkschaftsboss verlangt staatliches Konjunkturpaket

Wolfgang Katzian, der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), forderte nach Angaben von „Börse Express“ ein „großes Konjunkturpaket, um den Standort und Arbeitsplätze zu sichern und neue Jobs zu schaffen“.

Es sei an der Politik, „Maßnahmen zu setzen, damit diese schwierige Situation nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgetragen wird“, so Katzian. Der Gewerkschaftsboss habe zudem einen „Umbau der Steuerstruktur“ verlangt, um Österreich „aus der Rezession in eine sichere Zukunft“ zu führen. Hintergrund war ein aktueller Bericht der EU-Kommission über die Haushaltslage des Alpenstaats.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion