Kritik von Rechnungshöfen: Fehlende Transparenz bei Europäischer Investitionsbank
Die Europäische Investitionsbank (EIB) wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Allerdings ist die bereits 1958 gegründete Bank heute die weltweit größte multilaterale Förderbank. Mit einer Bilanzsumme von mehr als 500 Milliarden Euro ist die EIB heute die wichtigste Zahlstelle der Europäischen Union. Über die Bank wickelt die Union ihre Förderpolitik ab.
Die Posten bei der Investitionsbank sind heiß begehrt und werden rein politisch besetzt. So wurde im Jahr 2012 Werner Hoyer (FDP), zu diesem Zeitpunkt noch Staatsminister im deutschen Auswärtigen Amt, auf Vorschlag der 27 Finanzminister der Europäischen Union zum Chef der EU-Investitionsbank gewählt. Anfang dieses Jahres folgte auf Hoyer, der Ende vergangenen Jahres in den Ruhestand gegangen ist, die bis dahin spanische Finanzministerin Nadia Calviño.
Calviño verdient nun genauso viel wie die Präsidentin der Europäischen Union, Ursula von der Leyen (CDU). Ausweislich der Satzung der Investitionsbank erhält sie monatlich ein Gehalt von 31.250 Euro. Der Präsidentin zur Seite stehen im Moment acht Vizepräsidenten. Mit dem Ausscheiden von Hoyer rückte zu Jahresbeginn die frühere FDP-Generalsekretärin Nicola Beer (FDP) auf einen dieser Posten als Vizepräsidentin.
Ermittlungen wegen Korruption und Veruntreuung
Gegen den Ex-EIB-Präsidenten Hoyer und eine weitere, nicht näher benannte Person innerhalb der EIB ermittelt im Moment die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) wegen Korruption, Amtsmissbrauch und Veruntreuung von EU-Geldern. Am vergangenen Montag hatte die Behörde in einer Pressemitteilung mitgeteilt, dass die EIB der EUStA stattgegeben habe, die Immunität zweier ihrer ehemaligen Mitarbeiter sowie die Unverletzlichkeit ihrer Räumlichkeiten, Gebäude und Archive in Luxemburg aufzuheben. Namen nannte die Staatsanwaltschaft in ihrer Mitteilung nicht.
Mehrere Medien berichteten aber im Nachgang darüber, dass es sich bei einer der Personen um den früheren EIB-Präsidenten Hoyer handeln würde. Sie beriefen sich dabei auf die Bestätigung durch Hoyers Anwalt Nikolaos Gazeas.
Anlass ist offenbar ein Abfindungspaket für einen früheren Angestellten. Dieses sei entsprechend den Regeln der EIB zusammengestellt worden, förmlich geprüft und dann von Hoyer als Präsident unterzeichnet worden. Gegenüber „Politico“ sagte Hoyer, dass er sich nichts vorzuwerfen habe, aber kooperativ bei den Ermittlungen helfen wolle, da sich die Vorwürfe als „abgrundtief absurd“ herausstellen würden.
Die Verdachtsfälle seien der Staatsanwaltschaft vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) gemeldet worden. Die EIB teilte laut „Spiegel“ mit, auch sie werde umfassend mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten.
Verstärkt für Rüstungsinvestitionen eingesetzt
Unabhängig von den Ermittlungen im Umfeld der Europäischen Investitionsbank wird die EIB für Finanzierungsvorhaben der Europäischen Union immer wichtiger. Besonders Rüstungsinvestitionen sollen in Zukunft stärker von der Bank finanziert werden. Ein weiteres Thema, dem sich die EIB in der nächsten Zeit widmen soll, ist mehr Hilfe für die Ukraine auf ihrem Weg zum EU-Beitritt.
Darauf haben sich am vergangenen Freitag die EU-Finanzminister in ihrer Eigenschaft als Gouverneure der Bank auf der Jahrestagung am EIB-Sitz in Luxemburg verständigt. Es ist nicht das erste Mal, dass die „EU-Hausbank“ ihre Aktivitäten ausweitet. Immer dann, wenn die EU neue Ziele vereinbart, steht die EIB im Hintergrund zur Finanzierung bereit. Das funktioniert vor allem deshalb so reibungslos, weil die Investitionsbank mit ihrem AAA-Rating über eine exzellente Bonität verfügt. Schon im Mai hatten die EU-Finanzminister in einer sogenannten Vorentscheidung beschlossen, die Finanzierung von Verteidigungsgütern großzügiger zu handhaben als bisher.
Die Annahme des „Strategie-Fahrplans“ erfolgte nach mehreren Monaten intensiver Kontakte zwischen EIB-Präsidentin Nadia Calviño und den EU-Regierungen sowie weiteren wichtigen Akteuren. Unter diesen befindet sich auch der „Rat für Wirtschaft und Finanzen“ (ECOFIN), der sich aus den Finanzministern in der EU zusammensetzt.
Die Bank wird zukünftig in der Lage sein, sogenannte Dual-Use-Güter, wie beispielsweise Hubschrauber oder Drohnen, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können, leichter zu finanzieren. Bisher mussten diese Produkte mindestens zu 50 Prozent im zivilen Sektor genutzt werden, um eine Finanzierung zu erhalten. Nun reicht eine teilweise zivile Nutzung aus, ohne dass genau spezifiziert werden muss, welcher Anteil das ist. Die Minister haben die notwendigen Änderungen der Statuten der EIB eingeleitet.
Der Strategieplan enthält aber auch Altbekanntes wie die Finanzierung der Klimawende, Digitalisierung und Innovation sowie Kohäsion, Landwirtschaft und der „sozialen Infrastruktur“.
Erhöhung der Fremdkapitalquote
Die Förderung von „Sicherheit und Verteidigung“, wie nun beschlossen, ist neu. Sobald die Änderungen der EIB-Statuten abgeschlossen sind, ist eine Erhöhung der Fremdkapitalquote der Bank von bisher 250 auf 290 Prozent vorgesehen. „Damit kann die EIB ihr für 2024 geplantes Kreditvolumen beibehalten und zusätzliche Mandate und Garantien aus dem EU-Haushalt umsetzen, ohne ihre Verschuldungs- und Kapitalquote zu gefährden“, begründet die Europäische Investitionsbank ihren Schritt.
Die Bonität der Bank, die für die EIB bisher immer höchste Priorität hatte, sei dadurch nicht gefährdet, hieß es in einer Mitteilung weiter. Calviño sagte, die Bürger und die Wirtschaft erwarteten von der EU und damit der EIB, dass diese „Zukunftsinvestitionen fördert, die ihr Leben verbessern, ihre Sicherheit gewährleisten und neue Möglichkeiten bieten“.
Überwachung und Kontrolle weit hinter den Standards
Das immer breiter aufgestellte Portfolio der „EU-Hausbank“ ruft allerdings auch Kritiker auf den Plan. Am vergangenen Mittwoch veröffentlichte der Bundesrechnungshof (BRH) in Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof Österreich einen „Sonderbericht“, der auch an Bundesrat, Bundestag und die Bundesregierung gegangen ist. Die Anmerkungen der obersten Rechnungsprüfer in Deutschland und Österreich haben es in sich. So wird moniert, dass die Überwachung und Kontrolle der Europäischen Investitionsbank hinter den gängigen Standards für andere EU-Banken zurückbliebe.
Etwa drei Viertel (75 Prozent) der Finanzierungen durch die EIB, so schätzt der Bundesrechnungshof, unterlägen keiner externen Kontrolle. Der EuRH prüft lediglich das verbleibende Viertel der Finanzierungen, die über den EU-Haushalt finanziert oder abgesichert sind. Auch gibt es derzeit kein komplementäres Prüfungsrecht für mitgliedstaatliche Institutionen der externen Finanzkontrolle, beispielsweise für den Bundesrechnungshof oder den Rechnungshof Österreich, um diese Lücke zu schließen.
Zuständig für den Großteil der Investitionen ist ein internes Gremium innerhalb der Bank, das einmal im Jahr einen Jahresbericht vorlegt. Das Gremium unterrichtet allerdings nicht die Parlamente der Mitgliedstaaten.
Am vergangenen Freitag wurde dieser Bericht von den EU-Finanzministern ohne Diskussion durchgewunken. Immer wieder heißt es angesichts solcher Kritik aus EIB-Kreisen, dass die Bank seit der Gründung 1958 nie Verluste geschrieben habe. Weiter habe die Bank immer auf ihr gutes Rating geachtet.
Haftungsrisiken für EU-Länder steigen
Der Bundesrechnungshof stellt diese Tatsachen in seinem Sonderbericht nicht infrage. Allerdings verweisen die Prüfer darauf, dass mit der Ausweitung der EIB-Finanzierungen auch die Haftungsrisiken für die nationalen Haushalte der EU-Mitgliedstaaten steigen. Die Bilanzsumme der Investitionsbank beläuft sich auf 547 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr wurden Finanzierungen in Höhe von 84 Milliarden Euro genehmigt. Das von den EU-Staaten gezeichnete Kapital liegt, laut dem Bundesrechnungshof, bei 249 Milliarden Euro. Deutschland hält dabei fast 47 Milliarden Euro. Laut Rechnungshof hat sich das Volumen des deutschen Anteils in den vergangenen 30 Jahren fast verneunfacht.
Bundesrechnungshofpräsident Kay Scheller kritisiert deshalb in einer Mitteilung, dass alle Geschäfte der EIB, die direkt durch das von den EU-Mitgliedstaaten gezeichnete Kapital abgesichert sind, nicht geprüft würden. Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten für Ausfälle, die die Bank nicht selber ausgleichen kann, dann Kapital nachschießen müssen. Für den Bundeshaushalt ergeben sich dadurch erhebliche Haftungsrisiken. Der Bundesrechnungshof fordert deshalb, dass der Europäischen Investitionsbank mehr Berichtspflichten auferlegt werden müssten.
Darüber hinaus muss, so der BRH, die Bundesregierung den Deutschen Bundestag bei maßgeblichen Entwicklungen der EIB angemessen einbinden. „Sie ist verfassungsrechtlich verpflichtet, den Deutschen Bundestag in EU-Angelegenheiten frühzeitig und umfassend zu unterrichten“, heißt es in der Mitteilung des Bundesrechnungshofs.
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