Krise in der Bauwirtschaft setzt sich fort – was Kunden im Fall der Insolvenz beachten sollten

Die Zahl der Insolvenzen in der Bauwirtschaft hat sich auch im ersten Quartal des Jahres 2024 deutlich nach oben bewegt. Einer der signifikantesten Fälle war jener des Bauträgers HELMA, der unter anderem im Wege eines Tochterunternehmens Ferienhäuser errichtete.
Titelbild
Neues Eigenheim in Bauphase.Foto: iStock
Von 6. Mai 2024

Ende Februar meldete der Bauträger HELMA Eigenheimbau AG aus Lehrte bei Hannover Insolvenz an. Betroffen sind auch zwei Tochterfirmen mit insgesamt 250 Mitarbeitern. Es ist nicht das einzige Unternehmen in dem Bereich, das von der Krise in der Immobilienwirtschaft betroffen ist. Wie das „Handelsblatt“ berichtete, hat sich die Anzahl der Insolvenzen im ersten Quartal des Jahres gegenüber dem letzten des Vorjahres um weitere 17 Prozent auf 630 erhöht.

Etwa die Hälfte davon betrafen Bauträger und Projektentwickler. Die Entwicklung hatte sich bereits im Vorjahr abgezeichnet. Inflation, hohe Baukosten, Zinswende, ausbleibende Förderungen infolge der Haushaltskrise veranlassten potenzielle Bauherren zu einer noch selten gekannten Zurückhaltung. Das Beratungsunternehmen Falkensteg prognostiziert für das Jahr 2024 einen Anstieg der Insolvenzen im zweistelligen Bereich – und eine Fortsetzung der Krise zumindest bis weit in das Jahr 2026.

Insolvenzverwalter von Bauträger HELMA will Wiederaufnahme für alle Projekte prüfen

HELMA-Insolvenzverwalter Manuel Sack erklärte gegenüber dem „Focus“, man versuche, die Unternehmensgruppe zu erhalten. Investoren sollen gesucht, Sanierungsmaßnahmen fortgesetzt werden. Eine Prüfung der Wiederaufnahme solle für jedes einzelne Bauprojekt erfolgen. Über die Erfolgsaussichten lässt sich noch wenig sagen. Mit einer endgültigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechnet Sack zum 1. Juni. Bis dahin hofft er auf Investoren.

Wie das „Handelsblatt“ schreibt, sind im Wesentlichen zwei Personengruppen von der Insolvenz betroffen. In einer vergleichsweise weniger prekären Position seien Grundstückseigentümer, die mit dem Bauträger lediglich die Errichtung eines schlüsselfertigen Eigenheims vereinbart hätten.

Böse Folgen könnte die Insolvenz hingegen für Kunden haben, die einen umfassenden Bauträgervertrag mit dem Anbieter geschlossen hätten. In diesem Fall übernimmt der Bauträger die komplette Verantwortung über Grundstücksbeschaffung, Bauleistung und Planungsleistung.

Hohes Risiko für Kunden ohne eigenes Grundstück

Ein kompletter Vertrag ist mit erheblich höherem Aufwand und beispielsweise auch notariellen Beglaubigungen verbunden. Das größte Risiko für den Kunden besteht darin, dass ein Eintrag als Eigentümer ins Grundbuch erst nach Fertigstellung des Baus vorgesehen ist.

Zwar gibt es eine Auflassungsvormerkung, wird der Bauträger jedoch insolvent, ist davon auszugehen, dass die finanzierende Bank das Grundstück als Sicherheit beanspruchen wird. Diese kann dem Kunden eine Rückabwicklung des Vertrages gegen die Erstattung eines Teils des Kaufpreises ermöglichen – die im Regelfall mit dem anteiligen Wert der bereits fertiggestellten Bauten begrenzt ist. Oder sie verwertet das Grundstück inklusive der bereits darauf erbrachten Bauleistungen.

Hat die Bank kein Interesse an einer Verwertung des Grundstücks und überlässt es dem Käufer, ist davon auszugehen, dass dies einen schwerwiegenden Grund hat. Dieser könnte in Mängeln oder anderen Faktoren bestehen, die eine gewinnbringende Verwertung als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Der Kunde muss sich nun einen neuen Partner für die Fertigstellung des Projekts suchen. In beiden Fällen ist von einem Verlustgeschäft für den Auftraggeber des insolventen Bauträgers auszugehen.

Insolventer Bauträger wird auch bei Verbraucherbauvertrag zum potenziellen Kostenfaktor

Kunden mit eigenem Grundstück haben den Vorteil, dass dieses bereits im Grundbuch auf sie eingetragen ist. Sie schließen einen sogenannten Verbraucherbauvertrag ab. Ein insolventer Bauträger kann jedoch auch hier für erheblichen finanziell Schaden sorgen. Manuel Sack erklärt, der Regelfall sei, dass der Bau bereits begonnen wurde, aber mittlerweile stillstehe.

„Es gibt aber auch Fälle, wo zwar der Vertrag bereits unterzeichnet ist, man aber noch auf die Baugenehmigung wartet oder wo die Finanzierung noch nicht abschließend geklärt ist.“

Probleme könnten sich hier für Kunden vor allem aus dem Verzug der Fertigstellung ergeben. Diese und die Finanzierung könnten teurer werden. Für einen weiterhin laufenden Kredit könnten erhebliche Bereitstellungszinsen anfallen. Im schlimmsten Fall seien Mietverträge im Vertrauen auf einen vereinbarten Einzugstermin bereits gekündigt worden. Sack gibt jedoch diesbezüglich Entwarnung:

„Wir haben pragmatische Lösungen gefunden, indem wir den Kunden ermöglicht haben, die Restarbeiten selbst zu beauftragen.“

Von Experten empfohlene Vorgehensweisen für Betroffene

Insolvenzverwalter und Verbraucheranwälte warnen jedoch auch Grundstückseigentümer mit Verbraucherbauvertrag vor vorschnellen Kündigungen. Die Insolvenz des Bauträgers als solche ist kein wichtiger Grund nach Paragraf 648a BGB. Eine freie Kündigung nach Paragraf 648 BGB sei zwar möglich, aber habe einen Anspruch des Bauträgers auf Ersatz des entgangenen Gewinns zur Folge.

Dieser beläuft sich auf etwa fünf Prozent der noch nicht erbrachten Leistung – was durchaus eine höhere fünfstellige Summe bedeuten könnte. Es sei eine außerordentliche Kündigung nach Fristsetzung zur Fertigstellung oder Mängelbeseitigung möglich. Wechselseitige, noch offene Forderungen bleiben in diesem Fall bestehen.

Anwältin Petra Symosek und Manuel Sack bringen im „Handelsblatt“ einen Aufhebungsvertrag auf Grundlage eines gemeinsam definierten Standes der Bauten und Arbeiten als potenziell sinnvolles Vorgehen ins Spiel – oder eine modifizierte Vereinbarung zwischen Kunden und Insolvenzverwalter. Der Bauträger baut in diesem Fall weiter – der Kunde überweist die noch ausstehende Kaufsumme im Gegenzug vorab auf ein Treuhandkonto. Das Geld fließt so nicht in die Insolvenzmasse und der Kunde behält eine gewisse Kontrolle über den weiteren Fortgang.



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