„Konzentrieren uns auf die Maximierung des Schadens für die russische Wirtschaft“
Die westlichen Industriestaaten wollen der russischen Wirtschaft mit den Sanktionen den größtmöglichen Schaden zufügen. „Wir konzentrieren uns auf die Maximierung des Schadens für die russische Wirtschaft, die Unterstützer von Wladimir Putin und die russischen Kapitalmärkte“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nach Beratungen mit seinen Kollegen aus der G7-Gruppe am Dienstag in Berlin.
„Der Rubel ist in freiem Fall, die Kriegskasse von Wladimir Putin ist empfindlich getroffen“, sagte Lindner. „Bei allen Maßnahmen wollen wir Einfluss nehmen auf die Fähigkeit Russlands, diesen Krieg zu führen.“ Der Minister mahnte Durchhaltevermögen an: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Spannung länger anhält“, sagte er. Die G7 seien grundsätzlich auch für weitere Sanktionen offen: Ziel sei es, Russland politisch, wirtschaftlich und finanziell weiter zu isolieren.
„Wir müssen noch wesentlich stärker gegen Putins Unterstützer vorgehen: Oligarchen, die ihre Kinder an englische Privatschulen schicken, an der Côte d’Azur Villen haben und auf dem Kurfürstendamm einkaufen“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe). Deren Vermögenswerte und Kapitalströme müssten identifiziert und „trockengelegt“ werden.
Folgen für deutsche Wirtschaft
Lindner hält die Folgen der Sanktionen für die deutsche und globale Wirtschaft für überschaubar. „Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Auswirkungen auf unseren Finanzsektor kalkulierbar und tragbar“, sagte Lindner.
Selbst im Falle eines Kollapses des russischen Bankensektors hält der Finanzminister die Konsequenzen für die globalen Finanzmärkte für „nicht gravierend“, obgleich es Auswirkungen geben wird, so Lindner.
Die deutsche Wirtschaft könnte aufgrund der bald erfolgten gezielten Abkopplung russischer Banken vom Zahlungssystem SWIFT und weitreichenden Exportbeschränkungen kaum noch Geschäfte mit Russland machen, sagte Lindner. Der Bundesfinanzminister empfiehlt deutschen Managern, sich aus Aufsichtsräten russischer Unternehmen zurückzuziehen. „Übrigens auch Gerhard Schröder“, fügte Lindner hinzu.
Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank, sieht im Zuge der Spannungen mit Russland hingegen schwerwiegende wirtschaftliche Folgen für Deutschland. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Inflationsrate aufgrund sehr hoher Energiepreise in den nächsten Monaten noch weiter ansteigt. Ein Rückgang unter die Vier-Prozent-Marke im Jahresdurchschnitt 2022 scheint damit nur noch schwer vorstellbar. Auch die für das Frühjahr erwartete wirtschaftliche Erholung dürfte schwächer ausfallen als bislang angenommen.“ Die hohe Teuerungsrate belaste die Kaufkraft der privaten Haushalte und lasse die Kosten der Unternehmen ansteigen.
Produktionsausfällen bei VW
Der deutschen Automobilindustrie drohen derweil wochenlange Produktionsausfälle. Ein Sprecher des Volkswagen-Konzerns erklärte am Dienstag, bereits im Zuge der „ersten Kriegshandlungen“ habe sich die Lage der in der Ukraine ansässigen Zulieferer „verschärft“ – und das habe Lieferengpässe zur Folge.
Bereits in dieser Woche sei die Produktion der E-Wagen in Zwickau und Dresden „vorübergehend eingestellt“, Einschränkungen werden auch im Stammwerk Wolfsburg erwartet. „Weitere Produktionsanpassungen“ schloss Volkswagen nicht aus. Der im Zuge der Ukraine-Eskalation eingerichtete Krisenstab im Unternehmen arbeite weiterhin „bereichs- und markenübergreifend an Lösungen“.
Dem „Spiegel“ zufolge sind neben der Hauptmarke VW auch die Marken Audi, Porsche, Seat und Škoda betroffen. Die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs treffen dem Magazin zufolge außerdem die Hersteller BMW und Mercedes-Benz. Schon in den kommenden Tagen könne es auch dort zum Ausfall einzelner Schichten oder Werke kommen. Betroffen seien europäische Werke.
„Es wird die ganze Branche treffen“, zitierte der „Spiegel“ aus Branchenkreisen. BMW äußerte sich demnach zunächst nicht. Bei Mercedes-Benz hieß es, das Unternehmen prüfe die Situation „fortlaufend“. Das Magazin zitierte zudem einen Experten der Branche mit den Worten: „Wir schließen einen wochen- bis monatelangen Produktionsstillstand nicht aus.“ (afp/dpa/dts/dl)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion